Shut Down! Kunst- und Kulturpraxen unter veränderten Ausgangs_Bedingungen

Einleitung

Die vorliegende Ausgabe des eJournals p-art-icipate stellt die dritte und damit letzte in einer Reihe dar, die mit dem am Programmbereich Zeitgenössische Kunst und Kulturproduktion durchgeführten und vom Land Salzburg geförderten Forschungsprojekt Kulturelle Teilhabe in Salzburg verbunden ist. Die beiden vorangehenden Ausgaben erschienen 2018 und 2019 unter dem Titel Open Up! bzw. Open Up! II. Dieser Titel erwies sich in gleich zweierlei Hinsicht als passend: Zum einen rekurrierte er auf das Forschungsprojekt, das aus einer transdisziplinären Perspektive als wesentliches Ziel die Reflexion sowie Weiterentwicklung von Strategien verfolgt, um das Kunst- und Kulturfeld für die Teilhabe möglichst vieler Menschen zu öffnen. Zum anderen spiegelt sich der Titel Open Up! in den beiden Ausgaben insofern wider, als dem Projekt zugrundeliegende, zentrale Fragestellungen eröffnet und sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Perspektive diskutiert wurden. Während sich Ausgabe #9 im Besonderen Ein- und Ausschlüssen in Kunst und Kultur widmete, rückten in der Ausgabe #10 konkrete Ansätze von kultureller Teilhabe (hauptsächlich aus dem Raum Salzburg), in den Vordergrund. In Gesprächen mit Expert*innen wurden Einblicke in die (regionale) Kulturarbeit sowie in verschiedene Kunst- und Kulturprojekte gewährt.

Diese Ausgabe #11 richtet den Blick zunächst auf theoretische Grundlagen sowie auf die Konzeption einer „kritischen kulturellen Produktion“. Gemeint ist damit ein Ansatz, dessen Kernanliegen dezidiert im Aufbrechen von bestehenden Machtverhältnissen und in der Stärkung demokratisch verteilter Mitbestimmung im Kunst- und Kulturfeld besteht. Auf die theoretischen Beiträge folgen erneut diverse Gespräche, in denen konkrete Umsetzungsmöglichkeiten sowie Voraussetzungen und auch Herausforderungen diskutiert werden, die sich auf dem Weg zu einer Veränderung hin zu einer breiteren Teilhabe und Mitsprache stellen.

Die Wahl des Titels Shut Down!, der wie eine Antithese zum vorherigen Open Up! anmutet, mag zunächst überraschen. Einerseits steht der Titel ganz pragmatisch für den Abschluss des Forschungsprojekts Kulturelle Teilhabe in Salzburg im Sommer 2021, dessen Ergebnisse umfassend online publiziert werden.

Vor allem markiert der Begriff jedoch jenen Zeitpunkt in der Corona-Krise, der gerade auch für den Kunst- und Kulturbetrieb erhebliche, andauernde und in ihrem Ausgang nicht absehbare Auswirkungen mit sich brachte. Dieser Einschnitt kann und soll nicht ausgeblendet werden.

Der Pandemie-bedingte Shutdown hat die Nutzung des digitalen Raumes sowie die Entwicklung neuer Teilhabe-Formate notgedrungen rasant vorangetrieben. Damit wurde nicht zuletzt auch unsere Forschungsarbeit unvorbereitet getroffen, die eine Analyse und eingehende Reflexion in Hinblick auf das Potenzial digitaler Formate schuldig bleibt. Auch in der vorliegenden eJournal-Ausgabe wird auf die jüngsten Entwicklungen eher am Rande hingewiesen. Wir am Programmbereich sowie unsere Partner*innen für das eJournal hätten diese aktuelle Auseinandersetzung gerne unmittelbar durchgeführt. Wie alle waren wir aber zu sehr mit der Bewältigung unserer veränderten Lebenswelt beschäftigt, als dass von einer analytischen Distanz die Rede sein könnte.

Dabei hat es uns im Vergleich zu den oftmals ohnehin prekär lebenden Akteur*innen des Kunst- und Kulturfeldes, mit denen wir zusammenarbeiten, nicht besonders hart getroffen. Für sie war der Shutdown mit existenzieller Bedrohung und einem Gefühl der Ohnmacht angesichts kulturpolitischer Versäumnisse verbunden. Der Shutdown hat nicht zuletzt jene Ungleichheiten und Ausschlüsse verstärkt sichtbar gemacht, die den Kulturbereich als Abbild der gesamtgesellschaftlichen Verhältnisse prägen und die auch in Beiträgen dieser Ausgabe thematisiert werden, die bereits vor und damit unabhängig von der Corona-Pandemie entstanden sind. Gerade dieses Hervortreten der Schwierigkeiten – im kulturpolitischen Kontext kann durchaus von Missständen die Rede sein – infolge des Shutdowns könnte aber auch eine Chance darstellen: die Chance dazu, eine Veränderung der Ausgangs_Bedingungen im Kulturbereich anzustoßen, Kunst und Kultur im Sinne von demokratischen Aushandlungsprozessen (neu) zu denken und Öffnungsprozesse in Gang zu setzen bzw. voranzutreiben. Die Voraussetzungen dafür müssen auf kulturpolitscher Ebene geschaffen und von der Gesellschaft vehement eingefordert werden. In diesem Sinne könnte der Shutdown einen Wendepunkt bilden: unter anderem hin zu mehr kultureller Teilhabe.

Mit der Frage, wie eine demokratische, gesellschaftlich verantwortliche und auf breite Teilhabe fokussierte Kulturpolitik aussehen könnte, setzt sich Anita Moser anlässlich der Corona-Krise in ihrem Artikel Die Krönung der Krise auseinander.

 

ARTICLES – Künstlerische Praktiken und kritische kulturelle Produktion

 

Im Beitrag Kritische kulturelle Produktion im Kontext von Cultural Studies und Cultural Citizenship erläutern Elisabeth Klaus und Elke Zobl ausgehend vom offenen Kulturverständnis der Cultural Studies drei Schlüsselkonzepte, die die Grundlagen für die Auseinandersetzung mit kritischen kulturellen und künstlerischen Praktiken liefern: Kultur als „a whole way of life“, der Kreislauf kultureller Bedeutungsproduktion und Cultural Citizenship. Im Anschluss daran reflektieren sie die Konzepte hinsichtlich ihrer Bedeutung für eine kritische kulturelle Produktion, die auf Teilhabe der Menschen und Veränderung von Machtverhältnissen zielt.

Im Beitrag Kontext Kultur und Medien. Partizipative Kulturen von DIY und als informelle Lernorte gibt Elke Zobl einen kursorischen Überblick über das Konzept der partizipativen Kulturen im Kontext von Do-It-Yourself (DIY) und fasst sie als informelle Lernorte, an denen Wissen und Erfahrung Peer-to-Peer weitergegeben und ausgetauscht werden. Der Text geht davon aus, dass partizipative Kulturen in einem engen Zusammenhang mit der Geschichte und Entwicklung von DIY-Kulturen stehen, sodass es zwischen beiden vielfältige Bezüge gibt. Zobl verweist auf Theorien zu partizipativen Kulturen, die interdisziplinär ausgearbeitet wurden. Im Beitrag finden sich vielfältige Bezüge auf queer-feministische Zusammenhänge als Beispiele für diese kritischen kulturellen Praktiken.

Marcel Bleuler geht in seinem Text mit dem Titel Partizipation in der zeitgenössischen Kunst: Von der postmodernen Condition d’Être hin zu einer Destabilisierung der Kunstwelt von der Beobachtung aus, dass der Begriff der Partizipation im Kunstdiskurs Ende des 20. Jahrhunderts in erster Linie für eine Neukonzeption der Position von Betrachter*innen steht. Kunstbetrachtung wurde zunehmend als pluraler und kontingenter Vorgang verstanden. Der Verfasser erläutert die Debatten, die im Zusammenhang mit einer derart ausgerichteten Kunstproduktion Anfang des 21. Jahrhunderts vermehrt stattfanden. Sie führten zu einem Diskurs, der die Möglichkeiten einer Ermächtigung und Emanzipation von Kunstbetrachter*innen gegenüber der künstlerischen Intentionalität fokussiert, und in letzter Konsequenz – so die These des Textes – die Kunstwelt als ein abgegrenztes, privilegiertes Feld in Frage stellt.

Im darauffolgenden Beitrag Kulturarbeit in der ‚Migrationsgesellschaft‘. Ungleichheiten im Kulturbetrieb und Ansatzpunkte für eine Neuausrichtung setzt sich Anita Moser mit Ausschlüssen im öffentlichen Kulturbetrieb des deutschsprachigen Raums auseinander. Basierend auf einer Einführung in das Konzept der ‚Migrationsgesellschaft‘ geht die Autorin der Frage nach, welche grundlegenden strukturellen Veränderung es bräuchte, damit die ‚Normalität‘ migrationsgesellschaftlicher Vielheit im Kulturbetrieb zum Ausdruck kommen könnte. Sie plädiert für eine diskriminierungssensible Perspektive auf Personal, Programm und Publikum in etablierten Institutionen, in der freien Szene sowie in der Kulturpolitik und arbeitet konkrete Ansatzpunkte und Maßnahmen für eine migrationsgesellschaftliche Neujustierung heraus.

 

PRACTICE – Erfahrungen aus der Praxis, Projektbeispiele und Empfehlungen von Expert*innen

 

Für die Rubrik Practice wurden als Fortsetzung der Ausgaben #9 und #10 Gespräche mit Expert*innen, die im Rahmen des Projekts Kulturelle Teilhabe in Salzburg geführt wurden, aufbereitet. In diesen Interviews stellen Kulturarbeiter*innen verschiedene Initiativen bzw. Einrichtungen aus Salzburg und darüber hinaus vor und berichten von ihren aus der unmittelbaren Praxis stammenden Erfahrungen.

Was ist unter einem virtuellen Museum(sbesuch) zu verstehen? Was bedeutet das für die (ausgestellte) Kunst? Welche Möglichkeitsräume eröffnen Virtual oder Augmented Reality im Bereich der kulturellen Teilhabe? Diese und mehr Fragen stellt Dilara Akarçeşme dem Experten für Online-Kommunikation und Online-Bildung David Röthler im Beitrag „Enter now“: Digitalisierung, virtuelle Kunst und Partizipation.

Die in Wien lebende Regisseurin, Dramaturgin und Schauspielerin Aslı Kışlal spricht im Interview mit Dilara Akarçeşme über ihren beruflichen Weg in Österreich, die Verortung des Theaters in unserer Gesellschaft und über ihr Projekt diverCITYLAB. Sie beschreibt es als „ein kunstpolitisches Projekt, getarnt als Schule“, das die Möglichkeit einer Professionalisierung im Theaterbereich jenseits von Zugangsbarrieren bieten soll.

Der Zürcher Ausstellungsraum Shedhalle gilt seit den 1990er Jahren als Ort der Institutionskritik und aktivistischen Kunst. Mirjam Bayerdörfer und Franz Krähenbühl übernahmen Ende 2018 ad interim die künstlerische Leitung zu einem Zeitpunkt, als die Frage nach der Ausrichtung und Positionierung der Shedhalle zu Konflikten im Kuratorium und Vorstand geführt hatte. Mit Marcel Bleuler sprechen sie über diesen Prozess und darüber, wie sie den Ausstellungsraum zum Experimentierfeld machten: Den Ausstellungsraum und die Kunst sozial durchlässig machen: Shedhalle Zürich 2019-2020.

Einen multiperspektivischen Blick auf die Salzburger Kunst- und Kulturszene nimmt der Kulturmanager und Kurator Sebastian Linz, seit 2018 künstlerischer Leiter der ARGEkultur Salzburg, im Gespräch mit Dilara Akarçeşme ein. Neben programmatischen und strukturellen Eigenschaften und Visionen, die er für das Haus selbst hat, thematisiert er im Interview verschiedene Aspekte von Teilhabe, etwa Diversifizierung: „In einer Gesellschaft, in der sich die Weltbilder schließen, muss man auf Öffnung setzen.“

Das Gespräch mit dem Titel Neue Auftraggeber: Wenn Menschen ganz konkret etwas von der Kunst wollen thematisiert ein sich gerade in der Pilotphase befindliches deutschlandweites Projekt, in dem künstlerische Arbeiten realisiert werden, die auf Initiative der Zivilbevölkerung entstehen. Projektleiter Alexander Koch spricht mit Marcel Bleuler darüber, wie ein Team aus Mediator*innen, Koordinator*innen und Mitarbeiter*innen gemeinsam mit Bürger*innen und namhaften Kunstschaffenden orts- und kontextbezogene Projekte erarbeitet.

Seit Anfang 2018 leitet Eva Schmidhuber als Geschäftsführerin (Programm) gemeinsam mit Alf Altendorf die Radiofabrik in Salzburg.  „Wir haben den Anspruch, in unserem Programm die Gesellschaft in all ihrer Vielfalt abzubilden“ lautet der Titel des Gesprächs mit Elke Zobl, in dem sie unter anderem darauf eingeht, wie man in der Radiofabrik diesem Anspruch gerecht zu werden versucht und welchen Herausforderungen und Schwierigkeiten dabei zu begegnen ist.

Die Ankunft von syrischen Geflüchteten im sogenannten langen Sommer der Migration im Jahr 2015 sorgte für mannigfaltige Diskussionen innerhalb der Salzburger Gesellschaft. Um den Diskurs um die Perspektiven und Positionen der neu zugezogenen Personen zu erweitern, wurde das Projekt refugee.tv ins Leben gerufen, im Rahmen dessen geflüchtete Personen ihre eigenen Nachrichteninhalte produzieren konnten. Mitinitiator Ayad Salim erzählt Dilara Akarçeşme im Interview mit dem Titel Changing perspectives through media representation: refugee.tv rückblickend von den Besonderheiten dieses Projekts.

Der Berliner Künstler Arne Vogelgesang ist seit vielen Jahre im Theater- und Performancebereich tätig. Sein Fokus liegt insbesondere auf recherchebasierten, intermedialen Projekten, die er unter dem Label internil umsetzt. Als jemand, der „Theater mit politischem Material“ macht, setzt er sich mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen auseinander. Im Interview mit Katharina Anzengruber und Anita Moser mit dem Titel „Kunst mit politischem Material dann interessant, wenn es neue Formen von Theatralität enthält“ spricht Vogelgesang über Gamifizierung in rechten Szenen, die Diskrepanz zwischen Kunst mit politischem Material und politischer Kunst, das ästhetische Mittel des Live-Reenactments und dessen Potenzial in Bildungskontexten. Das Gespräch fand anknüpfend an das W&K-Forum Let’s play Infokrieg. Wie die radikale Rechte (ihre) Politik gamifiziert hat statt.

Im Beitrag „Partizipation setzt nicht nur voraus, dass ein Projekt offen ist“ reflektiert der Salzburger Theatermacher und Schauspieler Reinhold Tritscher von ihm (mit-)initiierte Projekte hinsichtlich der Ermöglichung kultureller Teilhabe. Dabei kommt er auch auf verschiedene Ausschlussfaktoren zu sprechen, wie etwa die teils fehlende Mobilität von potenziell Interessierten, beispielsweise in ländlichen Regionen.

Gerade in ländlichen Räumen ist es wichtig, mit dem Begriff Feminismus zu arbeiten.“ – Welche Strategien kultureller Teilhabe im Frauenmuseum Hittisau als erstem Haus dieser Art in einer ländlichen Umgebung zum Einsatz kommen, zeigt Stefania Pitscheider Soraperra, seit 2009 Direktorin des Museums, im Gespräch mit Anita Moser auf. Darüber hinaus gibt sie Einblicke in die Entwicklung des Hauses, in kulturpolitische Herausforderungen und in die Rolle des Museums als Ort der Ermächtigung von Frauen sowie als „Ort der Reibung“.

Diana Schmiderer, in der Salzburger Region LEADER Saalachtal für den Bereich der Kultur-, Bildungs- und Sozialprojekte zuständig, spricht im Interview  „Alle arbeiten in ihren Zellen an gleichen Problemstellungen dahin“ mit Dilara Akarçeşme über die Rolle der Vernetzung in der ländlichen Kunst- und Kulturarbeit sowie über Potenziale und Herausforderungen des LEADER-Programms, einer Initiative der Europäischen Union zur Entwicklung unterschiedlicher Bereiche in ländlichen Räumen.

Mit dem Ansatz, soziale Fragen und alltägliche Lebenswelten mit zeitgenössischer Kunst zu bearbeiten, zielt das oberösterreichische Festival der Regionen auf den Dialog zwischen der jeweiligen Bevölkerung vor Ort und lokalen, regionalen und internationalen Künstler*innen ab. Andrea Hummer, seit 2018 kaufmännische Leiterin des Festivals, spricht mit Anita Moser über verschiedene Ansätze, kulturelle Teilhabe zu ermöglichen, Menschen in der Region für Kunst- und Kulturprojekte zu begeistern und in diese einzubinden. Ihre zentrale Prämisse ist dabei als Festival Nicht wie ein UFO in einer Region [zu] landen“.

 

OPEN SPACE

 

In der aktuellen Ausgabe erfreut sich die Rubrik Open Space einer besonderen Fülle an kreativen studentischen Beiträgen.

Zunächst werden Einblicke in Die virtuelle WG gewährt, die ihre Gründung dem Lockdown verdankt.  Im Rahmen von Marcel Bleulers Lehrveranstaltung Visuelle Kommunikation und mediale Vermittlung im Sommersemester 2020 sahen vier Studierende die Chance, kulturelle Teilhabe in Zeiten des Corona-Virus neu zu denken und zu erproben. In einem Arbeitsjournal halten sie ihre Erfahrungen bezüglich gemeinsamer Online-Aktivitäten während des Lockdowns fest und präsentieren ihre Erlebnisse anschließend in einem Comic.

Im Zuge der von Anita Moser geleiteten Lehrveranstaltung Regionales Kulturmanagement: Konzepte, Arbeitsfelder, Praxisbeispiele im Wintersemester 2019/20 produzierte Raphaela Schatz als Abschlussarbeit ein Zine mit dem Titel Impulse für Kulturarbeiter*innen: Festivals im ländlichen Raum. Dabei ist der Name Programm: Das Zine soll dazu dienen, Kulturarbeiter*innen kleine Impulse zur Gestaltung und Durchführung von Festivals in ländlichen Räumen zu liefern.

In der Kleinstadt Harrisonburg in Virginia vermisste Sarah Phillips Interaktionen von unterschiedlichen sozialen Gruppen im öffentlichen Raum. Als Versuch, dem entgegenzuwirken, installierte sie an Bushaltestellen selbst produzierte Schaukeln, um damit Kommunikationsprozesse anzustoßen. Ihr Beitrag Peace through Collective Play: Highlighting the Gestural in Undermining Social Striation in the American South dokumentiert diese Interventionen.

„Die Kunst liebt die Proleten … sie kann es ihnen nur nicht zeigen“ konstatiert Maria Schwarzmayr in ihrem Text, der im Rahmen von Marcel Bleulers Lehrveranstaltung Dialog und soziale Zusammenschlüsse in Kunst und Kultur entstanden ist. Dabei führt sie uns vom Fußballstadion über die Kunstuniversität zu einer Theateraufführung im Rahmen der Wiener Festwochen und reflektiert über die konfliktreiche Beziehung zwischen Proletariat, Klassenkampf und Kunst.

Aus Elke Zobls Lehrveranstaltungen entstanden für diese Ausgabe drei Beiträge. Zunächst folgt eine Fotoreihe aus dem Workshop Künstlerischer Aktivismus und kreative Protestgestaltung, der in der gleichnamigen Lehrveranstaltung stattfand. Dabei werden auch die verschiedenen Projekte der Studierenden vorgestellt. Im Beitrag Mobile Reporting zu Kultur und Gesellschaft in Salzburg sind Videobeiträge von Studierenden als Mobile Reporters verlinkt, die in Kooperation mit Jazz and the City, FS1 und Radiofabrik Interviews mit verschiedenen Institutionen und Vereinen aus Kunst und Kultur führten. Zuletzt folgen Radiobeiträge, die im Zuge der Radiofabrik Lehrredaktion von Studierenden produziert wurden, um die Salzburger Kulturlandschaft im Querschnitt zu präsentieren. Diese können im Beitrag Sendereihe „Kulturelle Nahversorger in Salzburg“ nachgehört werden.

Ein weiterer Beitrag bezieht sich auf eine Kooperation mit der Radiofabrik. In Katharina Anzengrubers Lehrveranstaltung Praxisfelder der Kulturarbeit erstellten Studierende Radiobeiträge auf Basis von Interviews mit Akteur*innen aus Salzburger Kultureinrichtungen. Auch wenn im Rahmen der Lehrveranstaltungen am Programmbereich schon oft mit der Radiofabrik kooperiert wurde, gab es dieses Mal für alle Seiten ein Novum: Aufgrund des Ausbruchs der Pandemie mussten sowohl die Lehrveranstaltungseinheiten als auch die Interviews online abgehalten werden.

 

NOTES

 

Die von Benjamin Egger 2015 ins Leben gerufene WOFF-Partyserie, die als spielerisches Gefäß für unabhängige Kunsträume Zürichs gegründet worden war, musste aufgrund des Corona-Lock Downs virtuelle Wege gehen. Gemeinsam mit Marcel Bleuler kam für die Lehrveranstaltung „Kulturelle Produktion und Teilhabe im Nachtleben“ die Idee auf, die Partyplattform woff.rocks als Präsentationsraum für Studierende zu nutzen. Details dazu finden sich in der Rubrik Notes, im Beitrag Wie eine Partyreihe online ging: WOFF

Der PSYLITZER – Eine fahrende Musikbox on Tour ist ein Projekt, das vom Programm „Wahre Landschaft“ des Landes Salzburg gefördert wurde. Der PSYLITZER ging als mobiles Happening auf Tour. Im Zuge dessen entstand ein sogenanntes „Rotmovie“, das am 15. August 2020 im Kunstverein Salzburg gezeigt wurde. In diesem Beitrag wird das Projekt vorgestellt. Einblicke in das Movie erhält man durch viele Fotos.

Besonders von dem Lockdown betroffen waren unter den Kunst- und Kulturveranstaltungen die Ausstellungen. So wurde die für den Frühsommer geplante Ausstellung der Kunsthalle Wien And if I devoted my life to one of its feathers? auf das kommende Jahr verschoben. Die Künstler*innen entwickelten daraufhin Arbeiten für die Präsentation im öffentlichen Raum, die die aktuelle globale Krise im Zuge des plötzlichen Stillstands des öffentlichen Lebens reflektieren. Die zweite Ausstellung, die vorgestellt wird, ist Critical Zones. Horizonte einer neuen Erdpolitik im ZKM – Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe von Bruno Latour und Peter Weibel. Die Ausstellung basiert auf einem transdisziplinären kuratorischen Forschungsprojekt, das sich mit individuellen Blicken von Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Lai*innen auf Krisengebiete der Erde beschäftigt. Die Pandemie als Naturkatastrophe gilt dabei als Metapher für die theoretische Grundlage der Ausstellung, die aus einem (terminlich verschobenen) physischen sowie virtuellen Teil besteht.

 

RECOMMENDED

 

In der Rubrik Recommended verweisen wir auf zwei Publikationen, die uns als sehr beachtenswert erscheinen.

Wir empfehlen die Anfang 2020 beim Christian Bachmann Verlag in Buchform erschienene Dissertation Comic und Erinnerung. Oral History im Werk von Emmanuel Guibert von Bettina Julia Egger. Egger war Stipendiatin des zweiten, am Kooperationsschwerpunkt Wissenschaft und Kunst durchgeführten Doktoratskollegs, das mit Herbst 2018 endete.

Als sehr lesenswert erachten wir darüber hinaus die Abschlusspublikation der Zukunftsakademie Nordrhein-Westfalen, das ZAK NRW Workbook. Es befasst sich in fünf Abschnitten in wissenschaftlichen Beiträgen, Erfahrungsberichten, Praxisbeispielen und Handlungsempfehlungen mit dem Thema Diversität in der kulturellen Bildung sowie in Kunst- und Kulturbetrieben.   

 

ACTIVITIES

 

Die Rubrik Activities gewährt Einblicke in die – trotz der veränderten Situation ab März 2020 – vielfältigen Aktivitäten unseres Programmbereichs im Studienjahr 2019/20.

Räume kultureller Demokratie – so lautet der Titel des neuen, von Elke Zobl geleiteten Forschungsprojekts an unserem Programmbereich, das drei Jahre lang als experimentelles Reallabor geführt wird. Im Beitrag dazu wird skizziert, was unter einem Reallabor zu verstehen ist und welche Ziele das Projekt verfolgt.

Let’s play Infokrieg. Wie die radikale Rechte (ihre) Politik gamifiziert lautete der Titel eines Online-Vortrags des Berliner Künstlers Arne Vogelgesang, den er im Rahmen eines W&K-Forums am 4. Juni 2020 hielt. Konstantin Vollmer und Felix Kramer fassen in ihrem als Bericht konzipierten Beitrag wesentliche von Vogelgesang im Rahmen des Vortrags angesprochene Themen und Inhalte zusammen.

Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Dialog und Zusammenschlüsse in Kunst und Kultur“ entstand Zoe Vitzthums künstlerische Arbeit Soft Camera in Zusammenarbeit mit Ruth Berleth. Im Beitrag beschreibt und reflektiert Vitzthum den Schaffensprozess sowie die Umsetzung der Arbeit, die u.a. in Vergessenheit geratene Medienskandale thematisiert.

Gwendolin Lehnerer skizziert in ihrem Beitrag die Ausstellung RÄUMEN und das dieser zugrundeliegende Konzept. Diese Ausstellung wurde von den Dissertant*innen des seit Herbst 2019 laufenden Doktoratskollegs Die Künste und ihre öffentliche Wirkung: Dynamiken des Wandels in Kooperation mit Bühnenbildnerin Magdalena Hofer entwickelt und hätte im März 2020 eröffnet werden sollen; die Vernissage musste allerdings coronabedingt auf Oktober 2020 verschoben werden.

B_TREFF – Wir alle sind betroffen! ist der Slogan einer im November 2019 gestarteten Initiative von Studierenden des Orff-Instituts an der Universität Mozarteum. Mit dem Ziel, sich mit verschiedenen Entwicklungen der Erde auseinanderzusetzen, rufen sie in diesem Beitrag dazu auf, das Orff-Institut zu einem Ort des Austauschs und der interdisziplinären Vernetzung zu entwickeln.

Anita Thanhofer berichtet in ihrem Beitrag von der zweitägigen Konferenz Das Kunstmuseum im digitalen Zeitalter – 2020. Sie fand im Jänner 2020 im Belvedere Research Center statt.

Abschließend unternehmen wir einen Rückblick auf die vergangenen W&K-Foren. Darüber hinaus erfolgt eine Vorschau auf die Veranstaltungen im Wintersemester 2020/21.

Unser herzlicher Dank gilt den Autor*innen dieser Ausgabe für die wichtigen wissenschaftlichen, essayistischen und künstlerischen Beiträge sowie den Gesprächspartner*innen für die Offenheit und Bereitschaft, ihre Expertise mit uns zu teilen. Ein besonderer Dank geht außerdem an Anita Moser für die redaktionelle Mitarbeit und Roswitha Gabriel und Jason Heilman (englische Texte) für ihr umfassendes und genaues Lektorat.

Auch dieses Jahr wünschen wir eine anregende Lektüre und viele inspirierende Einblicke!

Katharina Anzengruber, Dilara Akarçeşme ( 2020): Shut Down! Kunst- und Kulturpraxen unter veränderten Ausgangs_Bedingungen. Einleitung. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 11 , https://www.p-art-icipate.net/shut-down-kunst-und-kulturpraxen-unter-veraenderten-ausgangs_bedingungen/