Voneinander Lernen

Schüler:innen als Klimabotschafter:innen.
Samira, Tibor und Lilien im Gespräch mit Elke Zobl und Timna Pachner

Das Projekt Schule Klima Wandel agiert durch junge Menschen, die an Schulen Workshops zum Thema Klimawandel anbieten und sogenannte Klimabotschafter:innen ausbilden. Peer-to-Peer Learning ist dabei die zentrale Methode. Die drei Klimabotschafter:innen Samira, Tibor und Lilien erzählen im Interview mit Elke Zobl und Timna Pachner über ihre Vernetzungsarbeit und die Ausbildung zu Klimabotschafter:innen. Außerdem geben sie Einblicke in ihre Workshops und diskutieren vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Entwicklungen aufgrund der Corona-Pandemie, wie und ob diese ins Digitale übersetzt werden können.

Könnt ihr eingangs kurz erzählen, worum es dem Bildungswerk für Schülervertretung und Schülerbeteiligung e.V. im Allgemeinen geht und konkreter, worum es sich beim Projekt Schule Klima Wandel handelt?

T: Das SV-Bildungswerk hat sich bereits 2005 aus dem Gedanken heraus gegründet, dass eine Informationsnachhaltigkeit für Schüler:innenvertretungen geschaffen werden sollte. Es sollte ermöglicht werden, Informationen überregional miteinander zu teilen und ein Unterstützungsnetzwerk für Schüler:innenbeteiligung und Schüler:innenvertretung zu schaffen. Ich glaube, vor etwa vier Jahren ist durch das Projekt Schule Klima Wandel der Klimaaspekt mehr hineingekommen. In diesem Projekt geht es darum, das Thema Klimaschutz an Schulen zu etablieren und einzubringen und mittels Peer-to-Peer-Learning cool zu verpacken.

Welche Schulstufen sind gemeint, wenn ihr von Schüler:innen sprecht? Gibt es Alterssegmente oder Schultypen, an die ihr euch wendet?

T: An sich haben wir keine Einschränkung. Allerdings arbeiten wir meistens mit Schüler:innen von der fünften bis zur dreizehnten Klasse zusammen. Es kommt auch vor, dass wir mit Grundschulen arbeiten, aber eher selten. Was die Arten der Schulen betrifft, haben wir eine ganz große Bandbreite: Wir arbeiten mit Real- und Hauptschulen, mit öffentlichen, aber auch mit Privatschulen zusammen. Auch Berufs- oder Förderschulen hatten wir immer wieder mit im Projekt. Am häufigsten sind es Gymnasien oder Privatschulen, die das Angebot von Projekten wahrnehmen, die Klima-Themen behandeln. Aber an sich probieren wir, eine große Bandbreite zu erreichen.

Wie kommen die Schüler:innen zu euch, um im Verein mitzuarbeiten?

T: Man kennt uns aufgrund unserer Workshops, im Rahmen von Schule Klima Wandel bieten wir aber zum Beispiel auch Ausbildungen für Schüler:innen an. Das heißt, Leute, die in Deutschland zur Schule gehen, haben die Möglichkeit, sich über unsere Website anzumelden, um eine sechstägige Multiplikator:innenausbildung zu machen, in der viel über Klimawandel, Workshop-Kompetenzen, Bildung, aber auch Didaktik gelehrt wird. Dann arbeiten sie in unserem Netzwerk mit und haben die Möglichkeit, selbst Workshops zu geben.

L: Außerdem haben wir zum Beispiel im Dezember 2018 einen Klimakongress organisiert, mit dem wir auch Aufmerksamkeit erreichen konnten. Am Beginn der Planungsphase des Kongresses beteiligten sich Schüler:innen aus dem Verein an zwei Projektteamtreffen, die von der Geschäftsstelle organisiert wurden. Die Beteiligungsform war so, dass wir die Meinungen der Schüler:innen an zwei intensiven Wochenenden einholten, an denen wir uns mit verschiedenen Themen beschäftigten. Die Geschäftsstelle, die nicht aus Schüler*innen besteht, arbeitete dann daran weiter und organisierte den Kongress. Gleichzeitig konnten sich am Kongressprogramm auch Menschen aus dem Verein, also meistens Schüler:innen, beteiligen, indem sie etwa Workshops gaben oder Reflexionsrunden moderierten. Auch die Tagesmoderation wurde von einem Team aus dem Verein übernommen. Darüber hinaus können sich Schüler*innen durch eine aktive Mitgliedschaft am SV-Bildungwerk beteiligen. Samira kann dazu mehr erzählen, da sie auf diese Weise aktiv geworden ist.

S: Ja. Ich bin seit Ende des letzten Jahres Mitglied im SV-Bildungswerk. Die Ausbildung zur Klimabotschafterin habe ich vor zwei oder drei Monaten gemacht. Dann wurde ich sehr nett im Verein aufgenommen. Wir planen jetzt ganz viele Projekte und man kann sich richtig gut beteiligen.

Der Verein besteht ja vorwiegend aus jungen Menschen, oder? Gibt es eine Altersbegrenzung?

T: Ja. Im Verein gibt es nur die Möglichkeit, bis zum Alter von 26 Mitglied zu sein. Danach ist man quasi automatisch nicht mehr normales Vereinsmitglied. Das bedeutet, dass alle Leute, die bei uns im Verein die demokratischen Entscheidungen mitfällen, aber auch diejenigen, die den Vorstand stellen, unter 26 sind. In der Geschäftsstelle arbeiten auch Leute, die älter sind.

Aber es gibt noch andere Projekte dieses Vereins außer Schule Klima Wandel, oder?

T: Genau. Es gibt zwei Hauptprojekte, die wir haben. Das ist zum einen das seit Langem bestehende SV-Berater:innen-Projekt. Es funktioniert ähnlich wie Schule Klima Wandel. Es gibt Berater:innen-Ausbildungen für junge Schüler:innen, die dann selbst Workshops an Schulen geben. Inhaltlich geht es um das Thema Demokratisierung der Schule und die Unterstützung von Schüler:innenvertretungen. Das andere große Projekt ist eben Schule Klima Wandel, welches den Klimaaspekt beinhaltet. Wir haben aber noch weitere kleine Projekte, die meistens über eine kürzere Zeitspanne laufen.

Wie kann man sich den Umfang dieses Vereins und dieser Projekte vorstellen? Wie viele Leute sind ungefähr dabei? Die Website vermittelt den Eindruck, als wäre er riesig.

T: Bei dem SV-Berater:innen-Projekt haben wir etwas über 200 Multiplikator:innen, also Leute, die ausgebildet sind. Beim Klimabotschafter:innenprojekt sind es jetzt, nach sieben Ausbildungs-Durchgängen, ungefähr 140 ausgebildete Multiplikator:innen. Aber nicht alle sind aktiv. Als Mitglieder im Verein sind wir gerade ungefähr 130. Und der Verein ist bundesweit tätig, das heißt, die Mitglieder sind überall verstreut.

Wie läuft da die Kommunikation?

S: Die Kommunikation ist gar nicht so schwer. Meistens läuft sie über Podio. Das ist eine App, die wir benutzen, um alles ein bisschen zu organisieren. Aber natürlich hat man meistens auch die privaten Handynummern und kann darüber auch gut kommunizieren.

L: Genau. Dazu gibt es auch noch einen Newsletter, der alle zwei bis drei Monate an die Mitglieder geschickt wird. Dann gibt es die Geschäftsstelle, in der wir die Kommunikation zu den Klimabotschafter:innen und die Kommunikation und Koordination mit den SV-Berater:innen übernehmen. Über Podio kommunizieren sozusagen die Mitglieder untereinander, aber dann gibt es noch die Geschäftsstelle als Zentrale, in der alles zusammenläuft und von der aus wir Informationen einerseits sammeln und andererseits hinausschicken.

T: Über Podio werden beispielsweise unsere Workshopanfragen ausgeschrieben, sodass die Klimabotschafter:innen, also unsere Multiplikator:innen das sehen können. Sie können sich dann zu den Workshops melden und sagen: „Das finde ich interessant, darauf hätte ich Lust.“

Wie finanzieren sich eure Projekte? Über zeitlich befristete Projektgelder?

L: Genau. Schule Klima Wandel ist finanziert durch die Nationale Klimaschutzinitiative, die NKI. Da läuft die Förderung Ende Oktober aus. Mal sehen, was danach kommt; vielleicht bekommen wir, unter anderem auch wegen der Covid19-Pandemie, eine Verlängerung. Abgesehen davon gibt es dafür auch noch andere Projektgelder, für die wir uns gerade bewerben. Das SV-Berater:innen-Projekt ist nicht ausschließlich extern finanziert. Da wird auch Geld eingenommen, zum Beispiel durch die Abhaltung von Workshops oder die Organisation von Kongressen wie dem Openion-Kongress, einem Demokratiekongress.

Welche Aspekte von Klimawandel und Nachhaltigkeit sind euch denn besonders wichtig? Bei Workshops zum Beispiel.

T: Ich glaube, dass das sehr unterschiedlich ist, je nachdem, wer den Workshop moderiert, aber auch, wer angefragt hat. Denn die Anfragen sind oft inhaltlich spezifisch. Es wird also nicht nur ein Workshop angefragt, sondern auch ein bestimmtes Thema sowie das Framing. Das heißt, dass in der Regel für jeden Workshop ein individuelles Konzept erarbeitet wird. Wir hatten zwar Fortbildungen für unser Netzwerk, in denen wir uns mit spezifischen Inhalten beschäftigt haben, an sich sind die Workshops aber immer unterschiedlich.

S: Ich glaube aber, dass die meisten angefragten Workshops zu Klimagrundlagen sind.

Könnt ihr vielleicht ein Beispiel geben, wie ihr so einen Workshop gestaltet und durchführt? Wir beschäftigen uns im Projekt Räume kultureller Demokratie sehr viel mit Vermittlung und Peer-Learning und auch damit, wie Beteiligung in Workshops funktionieren kann. Es wäre spannend, zu wissen, wie ihr das genau macht.

T: Bei uns ist der Ablauf meistens so, dass eine Anfrage hereinkommt und diese dann von Lilly [Lilien] oder anderen Vereinsmitgliedern bearbeitet wird. Also Lilly hat Kontakt mit den Schulen und bearbeitet die Anfrage, die dann auf Podio landet. Dann melden sich die Schüler:innen, also die Multiplikator:innen aus unserem Netzwerk zurück. Es bildet sich ein Seminarteam, das aus zwei bis drei Leuten besteht. Dieses ist dann für den jeweiligen Workshop verantwortlich und erarbeitet ein Konzept. Darüber hinaus ist es schwierig, diese Frage zu beantworten, weil die Workshops sehr unterschiedlich ablaufen können. Aber so ein normaler Workshop gliedert sich in eine Einstiegsphase, damit sich die Gruppe – falls nicht ohnehin der Fall – untereinander kennenlernt, und auch, um zu testen, wie viel die Teilnehmenden schon über das Thema wissen, auf welchem Stand sie sind. Dann gibt es meistens eine Phase, in der eine gemeinsame Grundlage geschaffen wird, sodass man auf einem ähnlichen Niveau mit allen arbeiten kann und die Wissensniveaus ein bisschen angeglichen werden. Darauf folgt oftmals eine Phase mit inhaltlichem Input und eine, in der die Teilnehmenden mit diesem Input arbeiten und ihn vertiefen. Gegen Ende gibt es oft eine Phase, in der diverse Handlungsmöglichkeiten gesucht und diskutiert werden. Wir sprechen beispielsweise darüber, welche Möglichkeiten bestehen im Kontext des jeweiligen Themas, selbst aktiv zu werden, oder ob Aktionen von anderen Leuten gemacht werden müssen. In der letzten Phase wird der Workshop reflektiert und zu einem gemeinsamen Abschluss gebracht. Das ist der grobe Verlauf, aber, wie gesagt, im Detail können die Workshops ziemlich verschieden aussehen.

Ich habe kürzlich ein schönes Paket mit einem Methodenquartett von euch bekommen. Wie setzt ihr dieses Quartett ein? Habt ihr Lieblingsmethoden, mit denen ihr besonders oft arbeitet?

L: Dieses Quartett ist eine Methodensammlung. Sie wird auch im SV-Berater:innen-Projekt genutzt. Darin sind Basismethoden gesammelt, die man zum Beispiel ganz allgemein in Projektmanagement-Workshops benutzen kann. Sie sind auch für Workshops im Klimabereich relevant, weil immer wieder auch Workshops zu Projektideenfindung und Projektideenmanagement im Kontext Klima angefragt werden. Daneben wurden bei einer internen Fortbildung aber auch neue Methoden zusammen mit Jugendlichen entwickelt. Diese Klimamethoden wurden verschriftlicht und stehen auch auf unserer Website als PDF zum freien Download zur Verfügung. Das sind sozusagen unsere eigenen Methoden.

T: Auf Podio haben wir auch einen digitalen Methodenkoffer, wo Leute ihre Methoden eintragen können und wo man nach Methoden suchen kann. Aber das meiste, glaube ich, lernen die Menschen, wenn sie mit anderen Leuten teamen und dann Methoden ausgetauscht werden. Wenn es um klimaspezifische Methoden geht, gibt es für mich ein paar, die ich besonders gerne benutze. Eine heißt Welt im Seminarraum oder Space-Verteilungsspiel. Anhand von Stühlen und Personen im Raum wird die globale Verteilung von Ressourcen, Reichtum und Bevölkerung auf die verschiedenen Kontinente gezeigt. Es wird auch verdeutlicht, wie sich der CO2-Ausstoß verteilt, spezifisch auch auf Menschen. Eine andere Methode, die ich gerne verwende, heißt Klima Anno Domini. Dabei geht es um verschiedene Ereignisse, die im Klima-Kontext entweder schon passiert sind oder passieren werden. Workshop-Teilnehmer:innen müssen diese Ereignisse bestimmten Jahreszahlen zuordnen und schauen, ob etwas schon vor zehn Jahren passiert ist oder wahrscheinlich in dreißig Jahren erst passieren wird, um einen Überblick über den Stand der Dinge zu bekommen.
Was wir auch oft machen, ist, mit Basic-Methoden wie mit Brainstorming zu arbeiten, weil sie sich sehr divers einsetzen lassen. Wir leiten Workshop-Teilnehmende zum Beispiel an, einen inhaltlichen Kopfstand zu machen. Wir sagen: „Wir schauen uns an, wie wir unsere Schule klimafreundlicher machen können.“ Aber anstatt direkt darüber nachzudenken, überlegen wir uns erstmal, was die klimaunfreundlichste Schule wäre, die es geben könnte. Dann brainstormen wir zur klimaschädlichsten Schule überhaupt. Anschließend sehen wir uns die Sachen an, die wir gesammelt haben und finden anhand von negativen Dingen positive Möglichkeiten. Das ist gerade für jüngere Leute ein einfacher Weg, an ein Problem heranzugehen und viele Lösungswege zu erarbeiten. Die Methode ist auch viel handlicher, als direkt zu fragen, was man an einer Schule klimafreundlicher gestalten kann.

L: Die Methode Schulbegehung ist auch ganz gut. Die Gruppe geht dabei in der Schule herum und schaut, wo man konkrete Verbesserungen machen könnte. Wichtig ist auch, dass die Methoden nicht immer im Klassenraum und frontal sind, sondern dass die Gruppen gut durchmischt werden und viel Bewegung drinnen ist. Man geht hinaus und man verteilt sich. Digitale Workshops, wie sie jetzt aufgrund von Corona plötzlich wichtig geworden sind, stellen dahingehend eine besondere Herausforderung dar.
Wir benutzen gerne die Phrase, dass wir „teilnehmendenorientiert“ arbeiten. Wir schauen uns an, welche Art von Gruppe an einem Workshop teilnimmt und wie wir gut mit dieser Gruppe arbeiten können.
Manchmal tritt während eines Workshops ein Konflikt auf. Dann ist es sinnvoll, auf Augenhöhe zu gehen und diesen Konflikt anzusprechen. Wichtig ist, dass man sich nicht absetzt oder heraufsetzt, sondern versucht, auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden einzugehen.

T: Für mich ist ein essenzieller Punkt, dass man natürlich vor der Abhaltung des Workshops einen konkreten Zeitplan erstellt und die Methoden plant, aber sich dabei bewusst ist, dass die realistische Situation eigentlich immer vom Plan abweicht. Ganz oft passiert etwas, das man nicht erwartet. Das kann zum Beispiel ein Konflikt sein, oder eine rassistische Äußerung. Deshalb ist wichtig, die Pläne für den Workshop so zu halten, dass sie spontan angepasst werden können. Wenn man zum Beispiel merkt, dass es inhaltlich gerade zu wenig oder zu viel ist, dann ist wichtig, dass man die Pläne noch umschmeißen kann und den Inhalt anpassen. Ich mache es in Workshops gerne so, dass ich die Pausen vorher nicht richtig festlege, sondern dann mache, wenn die Teilnehmenden ein Pausenbedürfnis haben.

Ihr habt jetzt von den Workshops an den Schulen berichtet. Könnt ihr auch noch etwas zu der Ausbildung zu Klimabotschafter:innen sagen? Wie läuft das ab? Samira, du hast erwähnt, dass es sechs Tage sind, an denen das Programm abläuft, oder? Ist es geblockt, oder gibt es mehrere Sessions?

S: Genau, es gibt mehrere Sessions. Dazwischen gibt es natürlich immer Pausen. Man arbeitet sehr intensiv zum Thema Klimagerechtigkeit.

T: Samira war jetzt auf der siebten Klimabotschafter:innenausbildung. Bei jeder Ausbildung sind immer ca. 20 bis 25 Leute dabei. Das Konzept der Ausbildung hat sich im Laufe der Zeit natürlich weiterentwickelt. Gerade für die siebte Klimabotschafter:innenausbildung haben wir viel an dem Konzept gedreht und geändert. Es wird probiert, ein Gleichgewicht zwischen dem Inhaltlichen und der Methodik zu schaffen. Wie Samira schon gesagt hat, wird inhaltlich viel zu Klimathemen, Klimagerechtigkeit, Rückkopplungseffekten und Nachhaltigkeitsstrategien gesprochen. Ein großer Punkt ist aber auch die Seminardidaktik. Welche Methoden habe ich, die ich anwenden kann? Wie leite ich Warm-Ups an, sodass die Gruppe fit bleibt? Wie gehe ich mit Störungen um? Wie plane ich so ein Seminar überhaupt? Deswegen wurde bei der Ausbildung auch ein Beispielworkshop von zwei Klimabotschafter:innen gehalten, der normalerweise in genau dieser Form abgehalten wird. Der wurde dann analysiert und angeschaut. Wie sieht zum Beispiel ein Plandokument aus? Die Ausbildung gliedert sich also in die zwei Ebenen Inhalt und Didaktik bzw. Methodik. Wir zielen auch immer darauf ab, dass die Klimabotschafter:innen eine schöne Gruppe bilden und untereinander gut connecten. Es ist ein sehr wichtiger Punkt, dass sie gut in einem Netzwerk zusammenarbeiten und sich in der Gruppe wohlfühlen.

Die Workshops bei der Ausbildung werden von bereits ausgebildeten Klimabotschafter:innen gehalten, oder?

T: Genau. Es gibt immer einen Beispielworkshop in der Ausbildung. Dieses Jahr war es so, dass es in dem Beispielworkshop einen normalen Workshopablauf gab. Also mit einer Begrüßung und einer Abschlussphase. Inhaltlich wurde gemacht, was bei der Ausbildung ohnehin gemacht werden würde. Den Workshop haben ich und eine weitere Person geteamt. Ich wurde auf der fünften Klimabotschafter:innenausbildung ausgebildet und die andere Person auf der sechsten. Das heißt, wir hatten das Wissen von verschiedenen Ausbildungen und haben auch darüber gesprochen, welche verschiedenen Phasen es im Workshop gibt, wie alles organisiert wird usw.

L: Ich glaube, das Wichtigste bei den Ausbildungen der Klimabotschafter:innen und der Multiplikator:innen ist, dass das Wissen von den verschiedenen Generationen der Klimabotschafter:innen selbst weitergegeben wird. Es gibt auch ein Buddy-System. Erfahrenere Klimabotschafter:innen lernen zwei aus der neuen Ausbildung kennen und tauschen sich aus. Sie versuchen, die ‚Neuen‘ besser ins Netzwerk einzubinden. Sie laden sie zu Veranstaltungen ein, fragen aber auch nach, was gerade bei ihnen abgeht und ob sie Schwierigkeiten haben.

T: Anfang dieses Jahres hatten wir das erste Mal eine Fortbildung in dem Netzwerk. Sie wurde zwar vom Vorstand und von der Geschäftsstelle organisiert, den inhaltlichen Teil übernahmen aber zwei unserer Klimabotschafter:innen. Sie haben sich zu einem Thema informiert, die Fortbildung geteamt und so neues Wissen in das Netzwerk gebracht, es hat sich sozusagen selbst mit neuem Wissen versorgt.

L: Das war sehr gut, weil die Fortbildung von Klimabotschafter:innen und Leuten aus dem Vorstand abgehalten wurde, die selber Klimabotschafter:innen sind. Sie kamen auf die Geschäftsstelle zu und meinten: „Hey, wir wollen euch entlasten, sodass ihr nicht noch eine Fortbildung organisieren müsst. Wir haben ein tolles Thema, das uns gerade brennend interessiert. Wir wollen das jetzt durchführen.“ Dann standen die Projektgelder und die Mittel zur Verfügung und die Leute konnten das eigenständig organisieren. Dieses Peer-to-Peer innerhalb des Netzwerks basiert sehr viel auf Vertrauen. Klar, jede:r hat Wissen, das andere wiederum nicht haben und kann dieses weitergeben. Wir wollen die Menschen dazu befähigen und stärken, dass sie dieses Wissen auch miteinander teilen können.

Werden die Klimabotschafter:innen von ihren Schulen freigestellt, um Workshops zu machen?

T: Wir haben einen Freistellungsantrag, den wir an die Schulen senden, wenn das notwendig ist. Meistens sind die Klassenlehrer:innen ganz cool damit. Im Endeffekt ist es aber tatsächlich eine Anfrage unsererseits, die von der Schulleitung oder den Klassenlehrer:innen bewilligt werden muss. Manchmal gibt es insofern Reibungen mit Leuten, als dass sie nicht teamen können, wie sie wollen, weil sie zu viele Fehlstunden aufweisen.

L: Genau. Das ist ein großer, ich würde nicht sagen Konfliktpunkt, aber es ist etwas, worauf wir in der Geschäftsstelle besonderes Augenmerk legen, um die Übersicht zu behalten. Es geht darum, im Blick zu haben, wie belastend der Verein für die individuellen Bedürfnisse und für die Schulpflicht der Klimabotschafter:innen gerade ist. Daher versuchen wir seit Ende letzten Jahres, die Workshops vermehrt auf Wochenenden zu legen. Denn wir wollen nicht, dass sich die Klimabotschafter:innen zwischen ihrer Aktivismusarbeit und ihrer Schulpflicht entscheiden müssen. Gerade da kann es auch zu Konflikten mit den Eltern kommen.

Kennt ihr andere Beispiele oder Projekte aus dem internationalen Raum, die ähnlich arbeiten, oder in diese Richtung gehen?

T: Es gibt Obesu, wobei das nicht per se wie wir arbeitet. Obesu ist eine Vereinigung verschiedener Vertretungen von Schüler:innenorganisationen oder Schüler:innenvertretungen, die auf europäischer Ebene arbeiten. Das sind also Schüler:innen, die international vernetzt sind. Sie arbeiten auch ganz viel inhaltlich und partizipativ mit Schüler:innen. Ich glaube aber, dass sie nicht so viel Basisarbeit mit Schulen direkt machen, sondern eher internationale Koordinationsarbeit. Wir etwa sind auch Mitglied von Obesu.

Ihr Fokus liegt auch nicht auf dem Thema Klima, oder?

T: Sie haben schon auch Klimaarbeitsgruppen, allerdings keinen Projektfokus.

L: Dann gibt es noch das Projekt Klasse Klima von der BUNDjugend und dem netzwerk n. Sie bieten, ähnlich wie wir, auch Multiplikator:innenausbildungen an. Ich denke aber, dass sie sich eher an Student:innen wenden, die dann an Schulen Workshops abhalten.

L: Bei Fridays for Future Deutschland gibt es auch eine Workshop-AG. Sie organisieren aber keine Fortbildungen oder Ausbildungen, soweit ich weiß. Samira steckt da wahrscheinlich mehr mit darin und kann dazu noch etwas sagen.

S: Ja, es gibt die Workshop-AG. Sie machen zurzeit eher Webinare, in die die AG meistens internationale Leute oder auch Leute aus Deutschland für Input-Vorträge einlädt. Danach kann man einfach mit ihnen quatschen. Es gibt aber auch eine Faktenvermittlungs-AG, die an Schulen geht und Workshops gibt. Aber das kam noch nicht oft vor.

Ihr habt gesagt, dass diese Workshops vor Ort stattfinden. Habt ihr angesichts der Situation rund um die Covid19-Pandemie auch schon Wege gefunden, wie man diese Workshopformate digital umsetzen kann? Habt ihr vielleicht schon Sachen vor dieser Zeit gemacht? Oder denkt ihr, dass darin Potenziale liegen?

T: Wir haben den Vorteil, dass wir schon sehr digital vernetzt arbeiten, weil wir weit über Deutschland verteilt sind. Aber soweit ich informiert bin, haben wir bisher noch keine digitalen Workshops angeboten, wollen das allerdings in der nächsten Zeit testen, um zu sehen, wie das klappen könnte. Ich glaube, dass es schwierig ist, unser Konzept zur Gänze in den digitalen Raum zu verlegen. Das ganze Konzept basiert auf Partizipation, Einbindung und Interaktion mit den Teilnehmenden. Das Digitale schafft bei solchen Ansätzen schon krasse Hürden. Andersrum bedeutet ein digitaler Workshop auch, dass nicht jede Person unter gleichen Bedingungen teilnehmen kann. Denn man braucht einen Computer und eine gute Internetverbindung. Dabei geht schon viel verloren. Man kann natürlich ein bisschen auf das Digitale auslagern und das kann auch ganz cool sein. So ganz alleine funktioniert es aber, glaube ich, nicht.

Wie schaut diese digitale Vernetzung aus? Sprichst du damit zum Beispiel Podio an?

T: Ja, gerade wenn es um den Vereinsvorstand geht, arbeiten wir generell eigentlich so, dass wir uns nur zweimal im Jahr physisch zu einem Arbeitstreffen zusammensetzen – meistens über ein ganzes Wochenende oder über vier bis fünf Tage. Alle zwei Wochen sehen bzw. hören wir uns aber über Telefon- oder Videokonferenzen. Auch die Planungen von Seminaren funktionieren eigentlich immer über Telefonkonferenzen oder Online-Dokumente.

L: Ich möchte auch noch gerne etwas zu dem Digitalen sagen. Tibor hat recht. Es gibt sehr viele Hürden bezüglich der Partizipation aller Gesellschaftsschichten. Aber da kann Samira auch noch etwas dazu sagen, weil sich in den letzten Wochen sehr viel getan hat, wenn es um digitale Workshops geht.

S: In letzter Zeit haben wir, wie gesagt, ganz viele Videokonferenzen, auch, um beispielsweise Projekte zu planen. Es hat sich ein Team namens Digiteam gegründet. Sie setzen gerade ganz viel um, um zu schauen, wie man den Verein mehr digitalisieren kann. Aber auch, wie man Digitalisierung für die Leute leichter machen kann. Im Zuge dessen entstand auch die Idee für einen Workshop, der am kommenden Samstag stattfindet und den ich mit einer weiteren Person leiten werde., Die Aufgabe, alles zu digitalisieren, ist nicht leicht, und kostet sehr viel Kraft und Arbeit kostet ‑ und Denkvermögen.

L: Und Kreativität. Wir testen derzeit verschiedene interne Testwebinare aus. Dann versuchen wir, sie zu verbreiten. Im Hinblick auf die Workshops, die im Moment aufgrund der Corona-Krise ausfallen, versuchen wir, mit den Schulen, Schüler:innen und den Kontaktpersonen zu sprechen und individuell Lösungen zu finden. Öfters schreiben uns jetzt auch Schüler:innen selbst an und fragen nach einem Workshop. Früher, noch vor einem Jahr, war es so, dass uns eher die Lehrkräfte angeschrieben haben. Jetzt kommen mehr und mehr Schüler:innen auf uns zu, was ziemlich cool ist, auch wegen des Peer-to-Peer-Aspekts. Jedenfalls gibt es sehr viel Potenzial für digitales Arbeiten und auch dafür, durch das Digitale die Partizipation zu stärken. Viel vom Unterricht, der jetzt digital stattfindet, ist ja auch eher frontal, oder es werden einfach Aufgaben geschickt. Damit einher geht langsam mehr und mehr die Frage: „Hey, wie können wir digitales Lernen eigentlich partizipativer und Peer-to-Peer-mäßiger gestalten?“ Da bahnen sich jetzt auch Projekte an. Diese Zeit ist gerade super spannend, weil sehr viele Konflikte aufkommen oder sichtbar werden, wenn es um Chancengleichheit geht. Mit der Digitalisierung ist das noch einmal ein größeres Thema.

Interview am 24.04.2020

Schule Klima Wandel, Elke Zobl, Timna Pachner ( 2021): Voneinander Lernen. Schüler:innen als Klimabotschafter:innen.
Samira, Tibor und Lilien im Gespräch mit Elke Zobl und Timna Pachner . In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 12 , https://www.p-art-icipate.net/voneinander-lernen/