„Geschichten ‚mit Zukunft‘. Super Food!?“ und „Stadt von morgen“

Einblicke in zwei Experimentierräume im Rahmen des Forschungsprojektes „Räume kultureller Demokratie“

Die Klimakrise stellt uns vor Herausforderungen, die nur angegangen werden können, wenn wir gemeinsam quer durch gesellschaftliche Gruppen und wissenschaftliche Disziplinen handeln. Im Forschungsprojekt Räume kultureller Demokratie setzen wir uns damit auseinander, wie wir Möglichkeiten der gesellschaftlichen Mitgestaltung in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung eröffnen können. Es ist eine auf vier Jahre angelegte Kooperation zwischen der Interuniversitären Einrichtung Wissenschaft und Kunst und der Abteilung der Kulturvermittlung am Salzburg Museum. Darüber hinaus arbeiten wir mit verschiedenen Initiativen aus Kunst, Kultur, Bildung und Forschung zusammen.

Das Projekt ist als transdisziplinärer Forschungsprozess angelegt, gekoppelt mit qualitativer Begleitforschung sowie einer angewandten Entwicklung von Experimentierräumen. Ziel ist es, physische, mobile und digitale Räume zu gestalten. Wir verstehen diese als Räume kultureller Demokratie, also als Orte der Beteiligung, des Austausches, des gemeinsamen Experimentierens und des Voneinander-Lernens und docken damit an Aspekte an, wie sie in den Sustainable Development Goals gefordert werden.

In dem Projekt leitet uns im Wesentlichen die These, dass kollaborative Prozesse und künstlerisch-experimentelle Zugänge neue Blickwinkel und vielleicht auch neue Handlungsmöglichkeiten für das ‚Erfahren‘ von Nachhaltigkeit eröffnen können. Dementsprechend entwickeln und erproben wir die Experimentierräume als zunächst ergebnisoffene Erfahrungsräume. In diesen haben Menschen die Möglichkeit, sich mit Themen rund um Klimawandel und Nachhaltigkeit zu befassen und basierend auf ihren Lebenswelten ihre Visionen einer wünschenswerten Zukunft aktiv zu ‚ermitteln‘.

So haben wir in einer ersten Projektphase mit 30 Menschen aus verschiedenen Bereichen zusammengearbeitet: aus Forschung (wie etwa Klimawandelanpassung, Armutsforschung, Ungleichheiten), Kunst, Kultur und digitale Medien, Bildung und Vermittlung und der Zivilgesellschaft. Aus diesem Gruppenprozess heraus und basierend auf unseren Erfahrungen in der Erprobung verschiedener Formate, entwickelten wir fünf Konzepte für Experimentierräume. Diese wurden im vergangenen Studienjahr umgesetzt, beforscht und weiterentwickelt. Sie reichen vom künstlerischen Experimentieren im öffentlichen Raum, über impulshafte DIY-Labore, kooperative Medienlabore – unter anderem mit Mobile Reporting und Podcasts, einem Vermittlungsraum im Salzburg Museum unter dem Motto „Nachhaltig genießen“ bis hin zu künstlerisch-wissenschaftlichen Laboren in der Schule. Dabei ist uns auch der Aspekt der Übertragbarkeit wichtig: 2023 wird ein digitales, open-access downloadbares Handbuch erscheinen, in dem wir unsere Experimentierräume vorstellen, Einblicke in unsere Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Begleitforschung gewähren und Materialien für die eigene Anwendung für verschiedene Kontexte zur Verfügung stellen werden.

Im vorliegenden Bericht fokussieren wir exemplarisch auf zwei unserer Experimentierräume, die im Frühjahr und Sommer 2022 stattfanden: Das Super Food?!-Schullabor und das Stadt von morgen-DIY-Labor.

Experimentierraum „Super Food?!“-Schullabor

Das Labor im Kontext der Schule widmet sich dem Thema der nachhaltigen Ernährung. Konkret wurden im Rahmen eines Pilotprojektes mit dem Titel Geschichten mit Zukunft. Super Food!? künstlerisch-wissenschaftliche Experimentierräume für 35 Schüler:innen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren am BORG Straßwalchen eröffnet. Die folgende Frage bildete den Ausgangspunkt für den Projektprozess: Welche Aspekte tragen dazu bei, dass wir – nicht wie herkömmlich meist zu Marketingzwecken gebraucht, sondern im wahrsten Sinne des Wortes – „Super Food“ produzieren und konsumieren?

Kickoff: Was hat mein Essen mit dem Klima zu tun?

Am 5. Mai 2022 fand das Kickoff-Event statt. Die Schüler:innen kamen an die Interuniversitäre Einrichtung Wissenschaft und Kunst, um sich mit dem ‚schillernden‘ Begriff Superfood auseinanderzusetzen: Was ist mit Superfood gemeint? Was assoziiere ich persönlich damit? Im Rahmen einer kreativen Schreibübung hielten sie ihre Gedanken dazu fest, ein Quiz und ein Austausch im Plenum eröffneten weitere Perspektiven. Einen ersten inhaltlichen Input aus wissenschaftlicher Perspektive lieferte der Mediziner Lorenz Bodner. In einem kurzweiligen Vortrag ging er u.a. darauf ein, welche Lebensmittel aus welchen Gründen klimaschädlich oder -freundlich seien und ob klimafreundliche Ernährung überhaupt gesund sei. Die rege Diskussion im Anschluss zeigte, dass das Thema die Schüler:innen bewegt. Am Nachmittag wurde das Thema Ernährung und Zukunft ‚hands on‘ weiter erkundet. In Kleingruppen erstellten die Schüler:innen Zukunftsszenarien und gingen dabei im Besonderen auch auf gesellschaftliche Problemstellungen ein.

Fotos: Ute Brandhuber-Schmelzinger

„Was hat der Boden mit dem Klima, mit uns und unserem Essen zu tun?“

Einblicke in Projektphase I

Fragen, die sich beim Kickoff eröffneten, bildeten den Ausgangspunkt für künstlerische und wissenschaftliche Experimente, denen die Schüler:innen in einer ersten Projektphase im Mai 2022 auf den Grund gingen: Im Rahmen von im Projektteam – bestehend aus Katharina Anzengruber, Caroline Neudecker und Magdalena Schmidbauer – entwickelten Inquiry-based Learning-Formaten, einem Rollenspiel sowie vielfältigen Impulsen und Anregungen zum künstlerischen Gestalten wurden ausgewählte Themen zu nachhaltiger Ernährung im Hinblick auf ökologische, ökonomische, soziale und ethische Aspekte in den Blick genommen.

So beschäftigten sich die Projektteilnehmer:innen beispielsweise mit dem Thema Boden: Was hat der Boden mit dem Klima, mit uns und unserem Essen zu tun? Die Auseinandersetzung mit dieser Frage erfolgte anhand verschiedener wissenschaftlicher und künstlerischer Experimente. Das genaue Hinsehen und Beobachten standen dabei jeweils im Fokus, gerade im künstlerisch-kreativen Tun ging es aber auch darum, auf Dinge ‚anders‘ zu schauen. Die Schüler:innen beschäftigen sich einerseits im Rahmen von klar strukturierten Versuchsanordnungen beispielsweise mit Phänomenen wie Bodenversiegelung oder Bodenerosion, andererseits lieferten etwa Redewendungen wie „jemandem den Boden unter den Füßen wegziehen“ Impulse für das Schreiben von Texten, für Stop-Motion-Videos oder musikalische Performances. Auch begaben sich Schüler:innen auf eine Entdeckungsreise in den öffentlichen Raum, um nach verschiedenen Motiven in Bezug auf das Thema Boden zu suchen und sie fotografisch festzuhalten. Einen weiteren inhaltlichen Schwerpunkt bildeten die Themen Fleisch und Fleischersatzprodukte. In diesem Kontext wurden vor allem auch Zukunftsperspektiven aus der Rolle unterschiedlicher Akteur:innen erarbeitet und reflektiert.

Fotos: © Katharina Anzengruber

Poesie, Songwriting, Fotografie und Radio im Zeichen einer Zukunft ‚mit Zukunft‘

Einblicke in Projektphase II

Im Juni 2022 folgte Phase II des Projektes. Die Schüler:innen konnten zwischen vier dreitägigen Workshops mit den Künstler:innen Yasmin Hafedh alias Yasmo (Slampoetin und Rapperin), Peter Mayer (Komponist, Musiker und Biobauer), Leo Fellinger (Fotograf und Kulturvermittler, Kulturverein Kunstbox Seekirchen) und Carla Stenitzer (Radiomacherin und Kulturvermittlerin, Radiofabrik Salzburg) auswählen. Sie entwickelten sehr berührende individuelle Geschichten ‚mit Zukunft‘ in Form einer Radiomagazinsendung, von Poetry-Slam-Texten, Fotografien und eines Songs, in dem sie ihren persönlichen Anliegen, Ängsten und Sorgen in Bezug auf die Zukunft – auch über das Ernährungsthema hinaus – Raum gaben und ‚Luft machten‘.

Projektpräsentation im Kulturhaus Emailwerk in Seekirchen

Am 7. Juli wurden die künstlerischen Produktionen im Kulturhaus Emailwerk in Seekirchen präsentiert. Marlena Mindlberger, eine der Schülerinnen, hatte mit Unterstützung von Yasmo Poetry-Slam-Texte verfasst und einen davon auch vorgetragen. Sie sagt über den Workshop: „Er war extrem spannend und für uns Schüler:innen eine einmalige Gelegenheit, mit so tollen Künstler:innen zu arbeiten.“ Das Entstandene lieferte für das Publikum Denkanstöße im Hinblick darauf, was Super Food für unsere Zukunft bedeuten kann und soll, und berührte viele Menschen im Publikum.

Fotos: Timna Pachner

Wissenschaftliche Begleitung

Das Projekt wurde auch wissenschaftlich begleitet. Neben teilnehmender Beobachtung und Audioprotokollen der beteiligten Wissenschaftler:innen, Lehrpersonen und Künstler:innen wurde auch die Perspektive der Schüler:innen mittels eines offenen Fragebogens ermittelt. Danach gefragt, ob denn künstlerische und kreative Zugänge im Kontext des Projektthemas von Relevanz seien, schreibt ein:e Schüler:in im anonymen Fragebogen: „Ich glaube, dass die Rolle der Kunst im Kontext Nachhaltigkeit eine sehr wichtige ist. Dementsprechend war es für mich sehr gewinnbringend, mich auch künstlerisch an verschiedene Themen zu nachhaltiger Ernährung anzunähern. Kunst und Kultur hängen ganz eng mit unseren Gewohnheiten zusammen. Kunst kann den Menschen die Augen öffnen und kann öffentliches Interesse auf wichtige Dinge lenken.“ Dieses Zitat steht exemplarisch für die Aussagen vieler am Projekt beteiligter Schüler:innen. Die detaillierte Auswertung des gewonnenen Datenmaterials steht allerdings noch bevor.

Geschichten ‚mit Zukunft‘. Super Food!? fungiert als ein Pilotprojekt, um erste Aussagen darüber treffen zu können, (a) welcher spezifischer Implikationen es bedarf, um Erfahrungsräume für Lernende zu eröffnen, in denen sie sich selbsttätig mit gesellschaftlich relevanten Themen auseinandersetzen können, (b) wie Wissenschaft und Kunst sich in diesem Zusammenhang gegenseitig befruchten können und (c) worin das transformative Potenzial künstlerischer und kreativer Praktiken besteht, um Wandel – im wahrsten Sinne des Wortes – zu ‚gestalten‘. Darüber hinaus ist ein Pool an Handlungsanregungen und Materialien entstanden, die gegenwärtig evaluiert und dann unter anderem für Pädagog:innen online zugänglich gemacht werden.

Experimentierraum DIY-Labor

Im Rahmen dieses DIY-Labors zum Thema Stadt von morgen: Künstlerisches Experimentieren im öffentlichen Raum drehte sich alles um die Fragen:

  • Welche Themen brauchen in einer Stadt von morgen mehr Platz und wie können wir sie angehen?
  • Wie können wir künstlerisch-experimentell im öffentlichen Raum arbeiten?
  • Wie wird der öffentliche Raum zur Leinwand gemeinsamer Zukunftsvisionen?

Es fanden parallel drei zweitägige Workshops statt, in denen Klient:innen der Lebenshilfe und Studierende verschiedener Fachrichtungen und Altersgruppen gemeinsam an dem Thema „Stadt von morgen“ arbeiteten. Kooperationspartner:innen waren die Lebenshilfe und das Salzburg Museum.

Baustelle Zukunft

Im DIY-Labor der Münchner Künstler:innen Klaus Erika Dietl und Stephanie Müller vom Mediendienst Leistungshölle beschäftigte sich die Gruppe gemeinsam mit Fragen nach einem wünschenswerten Zusammenleben in der Stadt. Wie erleben wir in der Stadt Gemeinschaft? Wo schließt sie aus, wann engt sie ein? Wie können vorgegebene Pfade verlassen und Freiräume aufgemacht werden? Schnell ergriffen die ersten die Initiative und begannen mit den vorhandenen Materialien und Werkzeugen ihre Ideen umzusetzen. „Ich werde mir wohl eine Nähmaschine kaufen“, resümierte ein Teilnehmer, und präsentierte stolz einen Sitzpolster und eine Transporttasche für sein multifunktionales Mini-Klappsitzteil, gebaut aus Holzresten. In der Stadt gibt es seiner Ansicht nach zu wenig Möglichkeiten, die zum Verweilen einladen. Ganz im Sinne von Upcycling und Zero Waste nahm eine Teilnehmerin ihre alte Hose als Ausgangspunkt und begann die Risse mit farbenfrohem Garn und alten Stoffresten zu reparieren. Auch Zukunftsvisionen nahmen einen großen Raum in den Projekten ein. So malte eine junge Frau ihre Inszenierung einer Stadt, wie sie sich diese wünscht.
Teilnehmer:innen der Lebenshilfe stellten vor allem das Thema der Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs in den Mittelpunkt ihrer Arbeiten. Ein Teilnehmer entwarf eine durch Wasserkraft betriebene Zahnradbahn, die den Transport zwischen Hallein und Salzburg auf dem Wasserweg möglich machen solle. Dass Fortbewegung auch ohne Straßen auskommt, zeigte auch der Luftkissenbus, den ein Teilnehmer der Lebenshilfe in Modellform mit Luftballons, Karton, Stoff und Farbe umsetzte.

Wer spricht mit, und wem wird überhaupt zugehört, wenn es um Stadtplanung, Nutzungsmöglichkeiten und Veränderung geht? Im Zuge des Workshops wurde immer deutlicher, dass es wichtig ist, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen; so wurde der urbane Raum schlussendlich zum Rohbau für gemeinsame Zukunftsvisionen.

Fotos: Timna Pachner

Baue, wo du stehst!

Im DIY-Labor von und mit dem Künstler und Aktivisten Tomash Schoiswohl aus Wien arbeiteten die Teilnehmer:innen mit Karton, mit dem Abfall der zunehmenden Paketflut. Die Themen waren: Zustellung, Transport, Lieferdienste, der Kult um Geschwindigkeit, die Beschleunigung des sogenannten „letzten Kilometers“. Wie stark beeinflusst die Dynamik hinter solchen Prozessen unseren Alltag, wie verändert sie den öffentlichen Raum? Wie kann man Widerstand ausüben, Prozesse rücksichtsvoller gestalten und eine demokratische Öffentlichkeit herstellen? Sinnbilder dieser Fragen wurden eine gigantische Schnecke, ein kaputtes Fließband und ein Chaos-Objekt, zusammengesetzt aus einzelnen Karton-Bauteilen. Dadurch sollte an den Slogan der Geschichtswerkstätten angeknüpft werden, die in den 1970er und 1980er Jahren mit „Grabe, wo du stehst“ eine reflexive und aktivistisch-involvierte Untersuchung von Arbeit, Alltag oder von Stadtteilen meinten. Die abgewandelte Parole dazu lautete: „Baue, wo du stehst!“

Bevor die Karton-Konstruktionen jedoch im öffentlichen Raum erprobt wurden, ging es in die Küche: Denn mit der Aktion sollte nicht nur durch Blockaden eine Entschleunigung passieren, sondern sie sollte auch mit dem Angebot verbunden werden, sich Zeit für ein Glas selbstgemachten Apfelkompotts zu nehmen. Die mit Kompott befüllten Gläser landeten schließlich in einem Einkaufswagen und wurden ein wichtiges Element des gemeinsamen Rundgangs in der Innenstadt. Fußgänger:innen begegneten der Aktion durchwegs wohlwollend. Ein Teilnehmer der Lebenshilfe erzählt: „Die Passanten waren sehr interessiert, was wir da machen. Und dass wir da mit einer Kartonschnecke durch die Altstadt gehen, das finde ich voll super. Da reagieren die Leute sehr positiv und fragen: Was macht ihr da? Die sind wirklich interessiert dagestanden und haben geschaut, was passiert da jetzt!“

Culture Jamming und Zine-Redaktion

Eine große Wandzeitung mit Ideen und Forderungen für die Stadt von morgen produzierten Studierende und Teilnehmer:innen der Lebenshilfe im DIY-Labor von und mit Elke Zobl und Timna Pachner. Gestaltet als ein großes Zine (kurz für engl. „magazine“) und mit der Methode des Culture Jamming näherte sich die Gruppe ihren Ideen für eine soziale, ökologische, ökonomisch und kulturell nachhaltige Stadt an. Welche Themen brauchen mehr Platz und wie können wir sie angehen? Wie können wir die Stadt mitgestalten und verändern? Wie sieht eine Stadt von morgen aus, in der wir als vielfältige Gesellschaft zusammenleben können? Ausschnitte aus alten Zeitschriften und Teile von Werbeplakaten wurden mit Schere und Stift umgedeutet und zu neuen Botschaften transformiert, die die Menschen der Stadt zum Nachdenken anregen sollten. Im Stadtraum wurden Fußgänger:innen dazu eingeladen, sich mit ihren eigenen Visionen auf der aus Holz gefertigten Wandzeitung einzubringen. Schließlich wurde das Studio Geschichte im Salzburg Museum die neue Heimat der Wandzeitung. Sie wird ins Vermittlungsprogramm integriert und kann nun durch Beiträge der Museumsbesucher:innen weiter wachsen und Ideen für ein zukunftsfähiges Salzburg dokumentieren.

Wissenschaftliche Begleitung

Auch die DIY-Labore wurden wissenschaftlich begleitet. Neben Audioprotokollen der beteiligten Künstler:innen wurde die Perspektive der Teilnehmenden der Lebenshilfe und der Studierenden mittels zweier Fokusgruppengespräche ermittelt. Die Auswertung dieser Gespräche ist in Arbeit. Klar ist, dass sich – nicht nur in den DIY-Laboren, sondern auch in den anderen Experimentierräumen – ein Kunstbegriff herauskristallisiert, der künstlerische Praktiken als kommunikative Prozesse versteht, die vor Ort einen temporären Raum des gemeinsamen Handelns schaffen. Stephanie Müller fragte sich dahingehend im Anschluss an das Labor: „Was macht das, wenn du als Künstler:in dein eigenes Schaffen nicht so in den Vordergrund stellst?“ Und sie ergänzte: „Was bei unserem Workshop passierte, war diese Auseinandersetzung mit: Wo kann ich selber wirklich wirksam werden? Und wenn ich dann mit den anderen zusammenarbeite, was sind Themen, die mich reizen und interessieren?“ Für Klaus Erika Dietl kristallisierte sich die Spur des Erforschens des „ganz normalen menschlichen Miteinanders“ und des Verwischens von Grenzen heraus. Er nennt beispielhaft den Kommentar eines Teilnehmers der Lebenshilfe: „‘Einen tollen Workshop haben wir gemacht, ja!‘ Es war so ein: ‚Wir haben den gemacht‘ und nicht: ‚Ihr habt den angeboten.‘“ Dieser Perspektivenwechsel von einer bestimmten Zielgruppe hin zu den Menschen und ihren Erfahrungen und zu oft marginalisierten oder nicht wahrgenommenen Wissensbestände erfordert von den Künstler:innen eine große Offenheit gegenüber den individuellen Bedürfnissen und Arbeitsweisen der Menschen wie auch ein totales Loslassen von vorab geplanten Abläufen und Zeitplänen.

Auf die Frage, ob sie noch Vorschläge hätten, antwortete ein Lebenshilfe-Klient: „Dass wir sowas öfter machen, dann kommen mehr Ideen rein. Und dass die Bevölkerung mitreden kann, weil dann käme noch mehr raus.“ In diesem Sinne hoffen wir auf weitere Kooperationen und Möglichkeiten, um Ideen zu schmieden!

Katharina Anzengruber, Timna Pachner, Elke Zobl ( 2022): „Geschichten ‚mit Zukunft‘. Super Food!?“ und „Stadt von morgen“. Einblicke in zwei Experimentierräume im Rahmen des Forschungsprojektes „Räume kultureller Demokratie“. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 13 , https://www.p-art-icipate.net/geschichten-mit-zukunft-super-food-und-stadt-von-morgen/