Zehn Jahre Ladyfest

Kulturelle Produktion und rhizomatische Netzwerke junger Frauen

Eine der interessantesten Transformationen in der Jugendkultur seit den 1990er Jahren ist die steigende Zahl an Jugendlichen, die als aktive kulturelle ProduzentInnen eine große Vielfalt an Filmen, Musik und Medien hervorbringen*2 *( 2 ). Ein neues Phänomen in der weiblichen Jugendkultur ist das Wachstum von queer-feministischen Festivals, den so genannten Ladyfesten. Ladyfeste sind nicht-kommerzielle, kulturelle Festivals, die von und für junge Frauen organisiert werden, um ihren künstlerischen und politischen Arbeiten ein Forum zu bieten. In diesem Artikel argumentiere ich, dass die lokalen, transnationalen und virtuellen Ladyfest-Szenen einen fruchtbaren Ausgangspunkt bieten, um Einblick in die rhizomatischen Netzwerke kultureller Produktion von jungen Frauen zu gewinnen. Nach einer Netzwerk-Begriffsklärung und einer kurzen Beschreibung der Entwicklung der Ladyfeste analysiere ich diese Netzwerke und weise zum Schluss auf offene Fragen hin.

In dem Artikel werden Ergebnisse des Forschungsprojektes “Young women as creators of new cultural spaces” (gefördert vom Fonds für wissenschaftliche Forschung Österreich, 2007–2011) präsentiert und diskutiert. Das Projekt – angesiedelt am Fachbereich Kommunikationswissenschaft sowie am Schwerpunkt Wissenschaft und Kunst der Universität Salzburg – nahm transnationale Ladyfeste als Beispiel und Ausgangspunkt, um die kulturellen Praktiken junger Frauen zu untersuchen (s. www.grassrootsfeminism.net).

Bildet Rhizome und keine Wurzeln, pflanzt nichts an! Sät nichts aus, sondern nehmt Ableger! Seid weder eins noch multipel, seid Mannigfaltigkeiten! Zieht Linien, setzt nie einen Punkt! Geschwindigkeit macht den Punkt zur Linie! Seid schnell, auch im Stillstand! Glückslinie, Hüftlinie, Fluchtlinie. Lasst den General in euch aufkommen! Ihr braucht keine richtigen Ideen zu haben, nur habt eine Idee (Godard). Habt kurzlebige Ideen. Macht keine Photos oder Zeichnungen, sondern Karten. Seid der rosarote Panther und ihr werdet euch lieben wie Wespe und Orchidee, Katze und Pavian. (Deleuze/Guattari 1992: 41)star (* 8 )

Eine der interessantesten Transformationen in der Jugendkultur seit den 1990er Jahren ist die steigende Zahl an Jugendlichen, die als aktive kulturelle ProduzentInnen eine große Vielfalt an Filmen, Musik und Medien hervorbringen . Ein neues Phänomen in der weiblichen Jugendkultur ist das Wachstum von queer-feministischen Festivals, den so genannten Ladyfesten. Ladyfeste sind nicht-kommerzielle, kulturelle Festivals, die von und für junge Frauen organisiert werden, um ihren künstlerischen und politischen Arbeiten ein Forum zu bieten. Das „LaD.I.Y.fest Berlin“ beschreibt sich beispielsweise als „ein unkommerzielles ‘Do it yourself’ (D.I.Y.)-Festival, das von feministischen AktivistInnen, KünstlerInnen und MusikerInnen auf freiwilliger Basis organisiert wird. Es bietet diversen FeministInnen, die sich künstlerisch und politisch engagieren, einen Raum, im Rahmen von Konzerten, Kunstausstellungen, Filmvorführungen, Diskussionen und Workshops ihre Fähigkeiten und Talente zu zeigen. Es ist ein Mitmach- und ein Gemeinschaftsfestival!“ (LaD.I.Y.fest Berlin Webseite).

Ladyfeste stehen in der Tradition von frauenspezifischen und feministischen Festivals. Die Wurzeln der Ladyfeste liegen bei der in den USA zu Beginn der 1990er Jahre entstandenen Riot-Grrrl-Bewegung (Baldauf/Weingartner 1998star (* 2 ), Downes 2007star (* 9 ), Gottlieb/Wald 1994star (* 10 ), Leonard 2007star (* 19 ), Monem 2007star (* 20 )), einer feministischen Jugendkultur, die mit dem Slogan „Revolution Grrrl Style Now!“ selbstbestimmt ihren Platz in der männerdominierten Post-Punk-Szene einforderte. Die Riot-Grrrl-Bewegung bestand aus einem Netzwerk von nationalen Gruppen (so genannten Chapters), Musiklabels und eigenständigen Distributionsnetzwerken mit dem Ziel, Mädchen und junge Frauen als kulturelle Produzentinnen zu bestärken und Selbstermächtigung durch die Methode des Do-It-Yourself zu bewirken (Gottlieb/Wald 1994)star (* 10 ). Vor allem aufgrund der medialen Verzerrung und kommerziellen Aneignung von „Girl Power“ verlor die Bewegung in den USA Mitte der 1990er Jahre an Impetus.

Kristen Schilt (2005)star (* 28 ) beschreibt Riot Grrrl als eine Musikszene und kommt – basierend auf der Auswertung von Interviews mit Riot-Grrrl-AktivistInnen – zu dem Schluss, dass Riot Grrrl einen nachhaltigen Einfluss auf die involvierten Frauen hatte. Schilt deutet die Auflösung der Riot-Grrrl-Szene nicht als Zeichen für ihr gänzliches Verschwinden, sondern als Beweis dafür, dass Frauen neue Wege gefunden haben, ihre Gedanken, Emotionen und Erfahrungen auszudrücken, ihre kulturellen Produktionen sichtbar zu machen und sich lokal, transnational und virtuell auszutauschen, unter anderem in der Organisation von Ladyfesten (Schilt 2005: 128)star (* 28 ). Ausgehend vom ersten Ladyfest 2000 in den USA (Olympia, Washington) hat sich die Ladyfest-Szene in den letzten zehn Jahren weltweit verbreitet. Während die Ladyfest-Szenen von Ort zu Ort sehr unterschiedlich sein können, verbindet sie nicht nur der gemeinsame Name, sondern auch ein Bekenntnis zu (queer-)feministischem Aktivismus und vielfältigen Netzwerken kultureller Produktion.

Andy Bennett und Richard A. Peterson argumentieren in „Music Scenes“ (2004)star (* 3 ), dass jede Szene einzigartig ist, aber generell drei Typen an Szenen definiert werden können: Erstens die lokale Szene mit einem spezifisch geografischen Fokus. Die translokale Szene zweitens bezieht sich auf weit verstreute lokale Szenen, die regelmäßig miteinander kommunizieren. Und drittens, in der relativ neuen virtuelle Szene tauschen sich Menschen über physische Räume hinweg im Internet aus (Bennett/Peterson 2004: 6–7)star (* 3 ). Im Sinne von Bennett und Peterson verstehe ich Ladyfeste als Ausformungen von lokalen, transnationalen und virtuellen queer-feministischen Szenen, die sehr stark untereinander vernetzt sind und sich wechselseitig bedingen und befruchten, aber als einzelneunabhängig voneinander bestehen können. In diesem Rahmen interessiert mich die Frage: Unter welchen Bedingungen entstehen lokale, translokale und virtuelle Ladyfest-Szenen und wie verändern sie sich? Welchen Einfluss haben neue Informations- und Kommunikationstechnologien auf die Entstehung und den Bestand dieser Szene? Im Folgenden argumentiere ich, dass die lokalen, transnationalen und virtuellen Ladyfest-Szenen einen fruchtbaren Ausgangspunkt bieten, um Einblick in die rhizomatischen Netzwerke kultureller Produktion von jungen Frauen zu gewinnen. Nach einer Netzwerk-Begriffsklärung und einer kurzen Beschreibung der Entwicklung der Ladyfeste analysiere ich diese Netzwerke und weise zum Schluss auf offene Fragen hin.

Rhizomatische Netzwerke

Wie sehen die Netzwerke der lokalen, transnationalen und virtuellen Ladyfest-Szenen aus und wie können sie theoretisch erfasst werden? In der feministischen Bewegung nehmen Netzwerke eine zentrale Rolle ein (Schachtner/Winker 2005star (* 27 ), Wischermann 2003star (* 31 )). Vor allem VertreterInnen der gegenwärtigen Frauenbewegung – des „Third Wave Feminism“ (Heywood 2006star (* 13 ), Walker 2006 [1992]star (* 30 )) – arbeiten in Netzwerken und mit dem Internet. Christine Schachtner, die die Bedeutung von virtuellen Frauennetzwerken untersuchte, definiert Netzwerke als „dynamische, relativ dauerhafte und doch offene soziale Gebilde, die sich durch horizontale Strukturen und durch Bündelung der Ressourcen derer auszeichnen, die Mitglied des Netzwerkes sind“ (Schachtner 2004: 27)star (* 26 ). Die Bedeutung frauenpolitischer und feministischer Netzwerke liegt in der Bereitstellung und im Austausch von Informationen (über die in der Mainstreampresse nicht oder kaum berichtet wird), der Aneignung von Kompetenzen und Wissen, der Vernetzung, der Bildung von Bündnissen und der Zusammenarbeit bei politischen Aktionen.

Marion Leonard beschreibt in ihrem Buch „Gender in the Music Industry“ Ladyfeste als Fortsetzung der Riot-Grrrl-Bewegung und als Beispiel für ein selbstorganisiertes Netzwerk junger Frauen, die durch die DIY-Ästhetik der Punk- und Post-Punkszenen inspiriert werden. (Leonard 2007: 164)star (* 19 ). Die Autorin verweist auf Gilles Deleuzes und Félix Guattaris Verwendung der Metapher des Rhizoms, um die Riot-Grrrl-Bewegung und ihre Netzwerke zu fassen und sie als ein rhizomatisches Netzwerk zu beschreiben (Leonhard 2007: 145)star (* 19 ). In „Tausend Plateaus” stellen Deleuze und Guattari (1992 [1980])star (* 8 ) dem dichotomen Baummodell, das sie aufgrund der hierarchischen und binären Ordnungsstruktur ablehnen, vielwurzelige, rhizomatische Pflanzenstrukturen gegenüber, ohne diese in einem Dualismus zu sehen. Das Charakteristikum eines Rhizoms liegt in der vielfachen, unterirdischen Verzweigung von verflochtenen Strukturen, die sich in verschiedene Richtungen ohne singulären oder zentralen Stamm verzweigen und immer weiter wuchern, sich verketten und verknüpfen können. Das Rhizom folgt laut Deleuze und Guattari sechs Prinzipien: den Prinzipien der Konnexion und Heterogenität, denn jeder Punkt kann (und muss) mit jedem anderen Punkt verbunden werden; diese Verbindungen können eigenständig und unabhängig voneinander bleiben und unterschiedliche Sachverhalte können miteinander in Verbindung treten; der Mannigfaltigkeit, indem sich alle Dimensionen gegenseitig verändern; der asignifikanten Brüche, indem es an jeder Stelle gebrochen oder zerstört werden kann und es entlang seiner eigenen oder anderer Linien weiterwuchert; der Kartographie und des Abziehbilds: anstelle von Kopien werden offene, modifizierbare Karten erstellt, die die Welt in ihrer Vielheit abbilden und vielfältige Zugangsmöglichkeiten bieten. (Deleuze/Guattari 1992 [1980]:16ff)star (* 8 ).

Mit diesem Konzept des Rhizoms als dezentrale, nicht-hierarchische, vernetzte Strukturen haben Deleuze und Guattari bereits 1977 Entwicklungen beschrieben, die von Manuel Castells Mitte der 1990er Jahre als „Netzwerkgesellschaft” benannt werden. Das Internet könnte dabei als eines der aussagekräftigsten Beispiele für eine von einer Netzwerklogik geprägten Gesellschaft gelten. Castells konstatiert „einen Übergang von organisierten sozialen Bewegungen zu sozialen Bewegungen im Netz, und diese beruhen auf Bündnissen, die im Zusammenhang mit Werten und Projekten geschlossen werden“ (Castells 2001a: 43)star (* 4 ). Für Castells bestehen Netzwerke „aus mehreren untereinander verbundenen Knoten“; Netzwerke sind „offene Strukturen und in der Lage, grenzenlos zu expandieren und dabei neue Knoten zu integrieren, solange diese innerhalb des Netzwerks zu kommunizieren vermögen, also solange sie die selben Kommunikationskodes besitzen – etwa Werte oder Leistungsziele“ (Castells 2001b: 528)star (* 5 ). Neben Netzwerken, die den globalen ökonomischen Interessen dienen, gibt es solche der neuen sozialen Bewegungen, die diesen entgegengesetzt sind und auf solidarische Beziehungen aufbauen sowie dezentral organisiert sind. Er zählt zu diesen neuen sozialen Bewegungen die der UmweltaktivistInnen und die der FeministInnen.
Ich argumentiere in Weiterführung von Leonard und unter Bezugnahme auf die Rhizom-Metapher bei Deleuze/Guttari sowie auf Castells Netzwerkbegriff, dass Ladyfeste – ähnlich wie die Riot-Grrrl-Bewegung – als vielschichtiges, sich immer wieder änderndes, dezentralisiertes und nicht-hierarchisches rhizomatisches Netzwerk interpretiert werden können. Einige Aspekte dieses rhizomatischen Netzwerks werden im Folgenden anhand der lokalen, transnationalen und virtuellen Ladyfest-Szenen diskutiert.

Ladyfeste: Zehn Jahre queer-feministischer Aktivismus

Das erste Ladyfest fand 2000 in Olympia, Washington (USA) statt: “a non-profit, community-based event designed by and for women to showcase, celebrate and encourage the artistic, organizational and political work and talents of women” (Webseite Ladyfest Olympia)star (* 33 ). Ein Kollektiv von mehr als 50 AktivistInnen organisierte Performances, Auftritte von Bands, Lesungen und Ausstellungen. Viele der OrganisatorInnen und TeilnehmerInnen waren in den 1990er Jahren in die Riot-Grrrl-Bewegung involviert und sahen das Ladyfest als Fortführung ihres aktivistischen und künstlerischen Engagements. Das viertägige Festival zog ein Publikum von 2.000 Menschen an und konnte 30.000 USD an freiwilligen Spenden für eine lokale Non-Profit-Frauenorganisation einheben.

Dieses erste Ladyfest nimmt eine besondere und wichtige Rolle ein: Es hat soviel Begeisterung auslösen können, dass als Schneeballeffekt Ladyfeste an vielen weiteren Orten organisiert wurden. Zentral dabei war das Internet (auf dessen Rolle ich später näher eingehen möchte): Auf der Ladyfest-Olympia-Webseite wurden Informationen über Ziele, Programm und Hintergrund weitergetragen und bis zum Jahr 2005 andere Ladyfeste angekündigt. Im Sinne des Rhizoms verketteten sich die Linien und Strukturen der Riot-Grrrl-Bewegung zu diesem ersten Ladyfest, das wiederum neue Linien – andere Ladyfeste – hervorbrachte. Diese „wuchern“ weiter, verzweigen und verketten sich.

In den letzten zehn Jahren (2000 bis 2010) fanden 264 Ladyfeste in 34 verschiedenen Ländern statt, davon 135 in Europa (38 im deutschsprachigen Raum), 87 in Nordamerika, 28 in Südamerika, neun in Australien/ Neuseeland, drei in Afrika und zwei in Asien (Stand Juli 2010). Weitere 17 Ladyfeste sind für das Jahr 2010 noch geplant. Die Anzahl der organisierten Ladyfeste stieg stetig bis zum Höhepunkt im Jahr 2008 mit 41 Ladyfesten.

Anzahl der Ladyfeste (LF) pro Jahr:

* # von LF: beschreibt Anzahl der Ladyfeste

Anzahl der Ladyfeste nach Ländern (August 2000 bis Juli 2010)

Viele weitere Festivals mit einem ähnlichen Ansatz wurden unter anderen Namen (vor allem in nicht englischsprachigen Ländern) wie z.B. Rdeče zore/Red Dawns (Slowenien), Belladonna (Brasilien), KuñaFest (Peru), FemFest (Chile), PitchWise (Bosnien und Herzegowina)*3 *( 3 )  organisiert (vgl. Kneževic 2008)star (* 16 ).
Jedoch kann der Name Ladyfest auch von der Kulturindustrie vereinnahmt werden: In Rotterdam (Niederlande) wurde das „Label“ Ladyfest im Jahr 2009 von einer Plattenfirma übernommen und kommerziell aufbereitet, was beim ursprünglichen Ladyfest-Organisationsteam für Empörung sorgte: „The organization of the original Ladyfest believes that this is disrespectful of the 10-year tradition of Ladyfest, and is encouraging the wrong image of ‚women (on stage)‘“ (Webseite “Music from Netherlands“)star (* 34 ). Als Gegenevent wurde deshalb ein neues Festival ins Leben gerufen „The Return of no Future“*5 *( 5 ), ein Festival, welches nach den nicht-kommerziellen, queer-feministischen Prinzipien des ursprünglichen Ladyfests funktioniert. Dieses Beispiel der kommerziellen Vereinnahmung könnte im Sinne eines asignifikanten Bruchs gelesen werden, indem eine Brechung stattfindet und die Linien an einer anderen Stelle weiterwuchern.

Ladyfeste werden oft als Beispiele für eine Musikszene genannt, sie sind jedoch viel mehr: Ladyfeste können sehr unterschiedliche Gestalt annehmen, abhängig von den lokalen Kontexten, in die sie jeweils eingebettet sind, und sie haben eine Vielfalt an queer-feministischer kultureller Produktion hervorgebracht, von spoken word über Musik, Film, Ausstellungen, Workshops, Podiumsdiskussionen bis zu künstlerischen und online-Projekten. Je nach inhaltlicher und organisatorischer Ausrichtung des Festivals, dem örtlichen Kontext und den Interessenschwerpunkten des Organisationsteams liegt der Fokus mehr auf musikalischen Beiträgen oder auf Workshops, Ausstellungen, Diskussionen und Präsentationen bzw. auf einer Mischung derer. Für Sushila Mesquita, Mitorganisatorin des Ladyfests Wien 2004, ist das diskursive Programm zentral: „Ich finde es ganz wichtig, dass Ladyfeste eben nicht nur Musikfestivals sind, weil es sich z.B. während eines Konzerts nicht gut plaudern lässt und dieser Austausch von Erfahrungen und Informationen ist für mich ganz zentral. Deswegen haben gerade Workshops oder Vorträge oder Diskussionsrunden einfach auch einen sehr großen Stellenwert für mich“ . Dementsprechend gestaltete sich auch das Programm des Ladyfests Wien 2004, fanden doch neben 17 Konzerten zwölf verschiedene Workshops, eine Demonstration, Vorträge, Diskussionen, Ausstellungen und Filmvorführungen statt.

Die meisten Ladyfeste setzen auf eine gender-queere und eine transgender-inklusive Politik sowie das Konzept der ‚selbst-identifizierten‘ Frau: “Whatever your gender may be, if you feel like a lady, be part of Ladyfest!”, so die oft zitierte Aussage von Ladyfest Hamburg 2003. Während Ladyfeste, wie bereits erwähnt, in der Tradition der Riot-Grrrl-Bewegung stehen, signalisiert der Begriff „Lady“ zwei Bewegungen: Eine Bewegung weg vom Begriff „Riot Grrrl“, ein Label, das von vielen Riot-Grrrl-AktivistInnen als einschränkend wahrgenommen wurde, sowie eine Bewegung hin zu einem Begriff, der auch für jene, die sich als zu alt für ein „grrrl“ fühlen, als passend empfunden wurde. In der Aneignung des englischen Wortes „Lady“ werden Möglichkeiten der ironischen Selbstbezeichnung und der Unterwanderung gesehen:

For me the name Ladyfest is both empowering and a bit of a funny joke. Because the word ‘lady’ comes with a certain image of a rich upper-class well-behaved adult woman, I find it interesting to disrupt and redefine the word. It doesn’t have to refer to one single gender or one age group or one class or one subculture. (Nina Nijsten, feministische Medienproduzentin, Belgien).

Manche Ladyfeste in nicht englischsprachigen Ländern finden neue Schreibweisen und Festivalnamen, wie z.B. „LaD.I.Y.fest Berlin“ oder das bereits erwähnte „KuñaFest“ in Peru, um den Begriff „Lady“ umzudeuten und aufzubrechen. „Lady“ wird als flexibles Konzept für Gender und Alter und als eine anti-essentialistische Identitätskategorie verstanden. Wenn damit auch Distanz zu hegemonialen Zuschreibungen und Exklusionspolitik demonstriert wird, wirft der Begriff „Lady“ dennoch Fragen der In- und Exklusion hinsichtlich klassenspezifischer und „weißer“ Konnotationen auf. Kritische Analysen müssen sich damit auseinandersetzen, „wer diesen Begriff prägt und sich aneignet und für wen eine Aneignung nicht mehr möglich ist, weil dieser Begriff zu sehr in eine Richtung tendiert“, wie Sushila Mesquita bemerkt. Eine Herausforderung besteht darin, die historische Entwicklung aus der überwiegend weißen Mittelklasse und der studentischen Riot-Grrrl-Bewegung aufzubrechen und Ladyfeste zu öffnen, wie Elisa Gargiulo, Organisatorin des Ladyfests Brasilien (2004, 2005, 2006, 2007, 2009, 2010), erläutert:

I really want that other girls are part of the organisation to make it less white and middle-class. But we have to learn and I think we have to understand that at least in Brazil Ladyfest has this Riot Grrrl essence history and then Riot Grrrl is really white and middle-class.

Ladyfeste sind durch ihre auf Riot-Grrrl rekurrierende Geschichte und ihre gemeinsame Namensgebung verbunden; mit einem Third Wave Feminismus teilen sie unkonventionelle kulturelle und politische Ausdrucksformen (u.a. die Herstellung von Fanzines oder Culture Jamming) und die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (ICTs) als aktivistisches Werkzeug und für politische Ziele (Aragon 2008)star (* 1 ). Viele Ladyfeste bekunden ein inhaltliches Interesse an Gesellschaftspolitik, wie die OrganisatorInnen auf der Webseite von Ladyfest Wien 2004: „in unserem interesse liegt die stärkung von politischsozialen prozessen, die staatliche und andere patriachale macht- und zwangsverhältnisse bekämpfen und das leben feministischer/queerer ideen permanent erweitern“. Neben unkonventionellen Formen des politischen Protestes, wie dem Radical Cheerleading , gibt es traditionelles politisches Engagement bei Ladyfesten. So besteht bei vielen Ladyfesten in den USA die Möglichkeit, sich als WählerIn registrieren zu lassen und bei Info-Tischen und Workshops politische Informationen zu Wahlen und Möglichkeiten politischer Partizipation einzuholen.

Wichtig ist auch die bewusste Reflexion von Raum (In welchen Räumen findet das Ladyfest statt? Wie werden diese Räume gestaltet?) und Raumaneignung. Im Programmheft des Ladyfests Wien 2004 wird das Anliegen beschrieben „queere Räume zu schaffen, die frei sind von allgegenwärtigen rassistischen, homophoben und sexistischen Strukturen“ und zugleich festgestellt: „den Freiraum gibt es nicht“. Mooshammer und Trimmel argumentieren, dass Ladyfeste unterschiedliche feministisch-queere Strategien einsetzen, um einen so genannten Ladyspace zu schaffen. Dieser „Ladyspace“ wird als feministischer Gegenraum beschrieben, der durch Verschiebungen im sozialen Raum und Kritik an vorherrschenden Strukturen entsteht. Eine Vielzahl von Kommunikations- und Repräsentationsformen – wie Graffiti, Plakate, Kleidung und direkte Kommunikation (Mooshammer/Trimmel 2005)star (* 21 ) – werden genutzt, um die „Besetzung“ von Räumen zu markieren. Diese Strategien sollen dazu beitragen, einen Raum zu schaffen, „in dem der respektvolle Umgang miteinander sowie das Vertrauen aufeinander einen hohen Stellenwert einnehmen.“ (Mooshammer/Trimmel 2008: 144)star (* 21 ). Ein „Ladyspace“ kann demnach nur entstehen, wenn sich alle TeilnehmerInnen aktiv mit der Gestaltung eines solchen Raumes auseinandersetzen, sich daran beteiligen und auf Konflikte einlassen. Wenn die Prozesse des Raumeinnehmens und Reklamierens bewusst gemacht werden, kann dies längerfristige Effekte auf die Veränderung der täglichen Erfahrung von Raum und der Reklamation von Raum haben (Mooshammer/Trimmel 2008)star (* 21 ). Diese Reflexion von Raum sowie den Zielen und Gestaltungsmöglichkeiten erfolgt im Vorfeld im Organisationsteam. Ladyfeste werden großteils von AktivistInnen zwischen zwanzig und 35 Jahrenorganisiert, wobei das Hauptaugenmerk auf prozessorientiertes, nicht-hierarchisches und kollektives Handeln und kollaborative Arbeitsweisen gelegt wird. Melissa Steiner, Mitorganisatorin des Ladyfests Auckland 2008, betont den partizipativen Prozess:

I generally do enjoy that collaborative process, it’s what makes Ladyfests what they are, and I love the way afterwards you’ve usually gained new friends and expanded your scene of weirdos.

Die meisten Ladyfeste gliedern sich in verschiedene Arbeitsgruppen, die sich um spezielle Aspekte des Festivals kümmern wie etwa die Workshop-Gruppe, die Musik-Gruppe etc. Wichtige Entscheidungen dieser selbstorganisierten Szene werden basisdemokratisch getroffen, was ständige Ausverhandlungen und Konflikte mit sich bringt. Ladyfeste wurden von den OrganisatorInnen und TeilnehmerInnen kritisiert, da jeder Raum bereits durch vorhergehende Ereignisse und soziale Machtverhältnisse (Graf 2006)star (* 11 ) geformt wird:

Among the less flattering outcomes of Ladyfest L.A.? Shitty drama between what became conflict-ridden, mutually resentful cliques among organizers, and community frustration with some of the results of our disorganization, which was met by organizer’s defensiveness and blame-throwing. (Hoffmann 2006: 86) star (* 14 )

Wie diese Aussage zeigt, ist das Umsetzen von nicht-hierarchischen, kollektiven Arbeitsweisen und Konsens-Entscheidungen nicht einfach – und auch nie gewesen. Ladyfeste bilden einen brüchigen Raum angesichts der Prekarisierung der Arbeit in einer neo-liberalen Zeit. Da die OrganisatorInnen oder Ausführenden nicht (oder kaum) bezahlt werden, jedoch viel Zeit, Energie und Idealismus investieren, ist Selbstausbeutung eine Tatsache, die nicht verleugnet werden kann (und in frauenspezifischen Räumen immer präsent war und ist). Schwierig gestaltet sich auch die Diskussion um die Bezahlung der KünstlerInnen und Workshop-ReferentInnen:

(…) das zieht halt so einen Rattenschwanz an unterschiedlichen Problemen nach sich: Welche Arbeiten werden wie belohnt und bewertet? Ist dann Organisationsarbeit weniger wert, wenn das nicht bezahlt wird? (Sushila Mesquita, eine Organisatorin des Ladyfests Wien 2004)

Für Chris Köver, Mitorganisatorin des Ladyfests Hamburg 2004, ist die basisdemokratische Form der Entscheidungsfindung unabdingbar, gleichzeitig aber auch sehr energieraubend: „Also das ist total super, aber gleichzeitig ein extrem selbstkritisches System. (…) Es macht (…) Entscheidungsprozesse und die Organisation natürlich auch wahnsinnig energie- und arbeitsintensiv, was es nicht unbedingt leichter macht.“ Doch genau diese vielfältigen Ausverhandlungen können auch produktiv sein, um das eigene Selbstverständnis ständig zu reflektieren und sich mit Differenz auseinanderzusetzen (Groß 2006: 12)star (* 12 ).

Ladyfest-Netzwerke

Wie sehen nun die Netzwerke auf der Ebene der lokalen, transnationalen und virtuellen Szenen der Ladyfeste aus?

(a) Netzwerke lokaler Ladyfest-Szenen

Neben sozialen Aspekten, wie beispielsweise dem Aufbau und der Vertiefung neuer Freundschaften, nimmt die Bildung von lokalen Netzwerken eine zentrale Rolle ein, was nach Ulla Wischermann als „Bewegungskultur“ (2003)star (* 31 ) bezeichnet werden könnte. Ladyfeste bieten die Möglichkeit, eine lokale Szene zu beleben und verschiedene Personen, Organisationen und Initiativen zu vernetzen. Die meisten Ladyfeste finden an einem Ort nur einmal statt, aber die Organisation eines Ladyfests kann die Schaffung neuer und nachhaltiger Strukturen mit sich bringen; manchmal wird ein Ladyfest Jahr für Jahr wiederholt. Bands, künstlerische und aktivistische Gruppen und Netzwerke werden gegründet und aufgebaut. Beispielsweise hat sich in Belgien ein feministisches DIY-Netzwerk gebildet, bestehend aus (ehemaligen) Ladyfest-OrganisatorInnen, der Gruppe „Riot Grrrl Collectif“ und weiteren feministischen bzw. queeren Gruppen und Individuen. Aus dem Ladyfest Auckland 2008 entwickelte sich wiederum ein „girls DIY skill share day“ und der queere Clubabend „Slumber Party“.

Durch die Intervention im öffentlichen Raum, die Besitznahme von öffentlichen Räumen, das Flyering und Benefizkonzerte vor und während der Ladyfeste, kann ein feministisches Potenzial sowie kultureller und politischer Widerstand einer lokalen Szene sichtbar werden. Viele Ladyfeste sind von politischen Demonstrationen begleitet mit dem Versuch, öffentlichen Raum zu reklamieren – wie etwa die Demonstrationen gegen ein Neonazi-Geschäft (Ladyfest Mühlheim 2009), gegen das Abtreibungsverbot und christlichen Fundamentalismus (Ladyfest Berlin 2009), gegen den Angriff auf linke Strukturen im Kontext des G8-Gipfels in Deutschland (Ladyfest Wien 2007), gegen die alltägliche männliche Gewalt gegen Frauen, Homosexuelle, Andersaussehende bei der Antivatertagsdemo (Ladyfest Frankfurt 2006) und für ein feministisches Comeback (Ladyfest Hannover 2006). Diese Demonstrationen knüpfen sehr stark an eine lokale feministische und linke Szene an, indem sie tendenziell in Kooperation mit anderen anti-sexistischen und anti-rassistischen Organisationen stattfinden. Dadurch werden Netzwerke einer Szene aufgebaut und gestärkt und können u. U. nachhaltig bestehen bleiben.

Obwohl sich die meisten Ladyfeste in der Nachfolge des ersten Ladyfests in Olympia sehen, wird dieses nicht als starres Modell übernommen. Es gibt keine Richtlinien oder Regeln darüber, wie ein Ladyfest organisiert und strukturiert sein sollte. An jedem Standort kann dieses – je nach Organisationskollektiv, Ort, Kontext usw. – anders aussehen. Jedes Kollektiv interpretiert Ladyfest neu und es besteht als eigene Einheit. Durch ihren spezifisch geografischen Fokus ist jede lokale Ladyfest-Szene einzigartig und besteht unabhängig von anderen weit verstreuten lokalen Szenen, jedoch auch in engem Kontakt und Austausch mit diesen.

(b) Netzwerke transnationaler Ladyfest-Szenen

“Why Ladyfest? What does Ladyfest mean for feminists around the world who keep making festivals under its name when there’s no central organization, no requirement for consistency of mission or ideology or format or anything else? (…) Yet clearly there’s some transnational appeal to the original Ladyfest’s mission”, fragt und kommentiert Jessica Hoffmann, Teilnehmerin des Ladyfests Los Angeles (Hoffmann 2006: 94)star (* 14 ).

Ladyfest-AktivistInnen nehmen die Ladyfeste als ein transnationales Netzwerk wahr. So definierte sich das Ladyfest Berlin als eingebunden in ein weltweites Netzwerk (vgl. Ladyfest Berlin 2005 Webseite)star (* 32 ). Die enge Vernetzung von lokalen mit transnationalen Szenen wird in der Aussage des Ladyfests Hawaii auf dessen Webseite deutlich: „Ladyfest Hawai’i is a globally linked-locally grown community arts festival that is known all over the world as Ladyfest“. Und auch das Ladyfest Wien 2004 verstand sich als „… ein über die grenzen hinweg verbindendes netzwerk, das es uns ermöglicht, die unterschiedlichsten menschen kennen zu lernen“ und illustriert dies auf seiner Website mittels einer Netzwerkgrafik visuell sehr anschaulich (siehe Abb. 1 und 2). Diese Grafik zeigt eine Weltkarte mit der Bezeichnung „Netzwerk/ Network“, auf der verschiedene Orte mit Linien verbunden sind und die Namen der Städte, in denen Ladyfeste stattfanden, willkürlich (ohne geografischen Bezug zur Landkarte) mit darüber gelegten Links zu Ladyfest Wien 2004, 2005 und 2007 sowie zum Ladyspace und der Initiative „EKH bleibt!“ und einem Aufruf zur Teilnahme am Ladyfest 2007 eingezeichnet sind. Diese Eingangsseite bildet das Ladyfest-Netzwerk in seiner Vielheit ab und illustriert, dass jeder Punkt/ jedes Ladyfest potenziell mit jedem anderen verbunden werden und ein neues Ladyfest generieren kann.

Abb.1 Screenshot: Netzwerk Ladyfest Wien Webseite. Abdruck mit Genehmigung.

Abb.2 Screenshot: Netzwerk Ladyfest Wien Webseite (Auszug).

Die Grafiken illustrieren, dass die transnationale Ladyfest-Szene aus weit verstreuten lokalen Szenen besteht, die regelmäßig miteinander kommunizieren und sich vernetzen. Die Kommunikation und Vernetzung unter den Ladyfesten und ihren TeilnehmerInnen findet zum einen persönlich durch den Besuch verschiedener Ladyfeste statt: Das Reisen nimmt einen wichtigen Stellenwert ein, wie Trouble X, TeilnehmerIn von verschiedenen Ladyfesten in Europa feststellt: „Actually there are a lot of people I meet at different Ladyfests. They are travelling, there’s huge community travelling to the different places”. Sushila Mesquita vom Ladyfest Wien 2004 verweist zudem auf den inhaltlichen Austausch zwischen den Ladyfesten: „Es werden auch durchaus inhaltliche Sachen weitergegeben, eben wie gerade diese Frage des Raums und die Finanzierbarkeit von Ladyfesten usw.“   Zum anderen sind für den Austausch dieser transnationalen Szene die virtuellen Netzwerke essentiell.

(c) Netzwerke virtueller Ladyfest-Szenen

Ladyfeste stehen in der Tradition frauenspezifischer und feministischer Festivals der zweiten Frauenbewegung (vgl. Reitsamer 2008 am Beispiel Wien)star (* 25 ). Sie sind eine Weiterführung dieser und thematisieren gleiche oder ähnliche – vor allem strukturelle – Probleme. Gleichzeitig zeigen sich auch große Unterschiede zur feministischen Festivalkultur der 1970er und 1980er Jahre durch die Nutzung von Internet und Social Media, die die Vernetzung auf verschiedenen Ebenen erleichtert und verstärkt hat und neue Aspekte ins Spiel bringt. Ladyfeste nutzen Webseiten, Mailinglisten, Internetplattformen und virtuelle soziale Netzwerke, um Informationen, Materialien (wie etwa Protokolle von Treffen, Logos, Plakate), Strategien und Wissen über die Genealogie, Organisation und Veranstaltung von Ladyfesten innerhalb der Gruppe sowie mit anderen Organisationsgruppen zu teilen, sich zu vernetzen und Diskussionen zu führen. Dadurch wird eine gewisse Transparenz geschaffen sowie Konflikte und Ambivalenzen werden öffentlich gemacht (Ommert 2009)star (* 24 ). Vor allem durch ihre virtuelle Präsenz sind Ladyfeste zu einem globalen Netzwerk herangewachsen und können leicht im Internet gefunden werden, da sie durch einen gemeinsamen Namen und eine gemeinsame feministische Ideologie verbunden sind (Groß 2006)star (* 12 ). Melanie Groß argumentiert, dass solch eine Vernetzung und ein Referenzsystem mit dem früheren Begriff „Riot Grrrl“ nicht funktionierte, da es verschiedene Schreibweisen von „grrrl“ und ihren Festivals gab (Groß 2006: 9)star (* 12 ).
Auf allen Ladyfest-Webseiten wird das erste Ladyfest in Olympia genannt. Diese „gemeinsame Erzählung ist eine Form der Information, die über die reine Vernetzung hinausgeht: Die Websites dienen der Szene auch als Plattform der Selbstdefinition, als Ort der (Selbst-)Repräsentation alternativer Lebens-, Konsum- und Kulturformen“ (Groß 2006: 10)star (* 12 ). Ein weiteres Verbindungselement ist die Ermutigung der TeilnehmerInnen, kulturell und politisch aktiv zu werden. Dies kann einerseits vor Ort beim Ladyfest selbst geschehen oder auch virtuell: „Alle diejenigen, die sich der Szene zugehörig fühlen, können dieses Netz mitgestalten, indem sie eigene Sites erstellen und eigene Veranstaltungen in das Netzwerk einbringen“ (Groß 2006: 11)star (* 12 ). Diese Webseiten dienen nicht allein der Bewerbung, sondern sind „vielmehr ein eigener kulturell-politischer Bestandteil der Ladyfeste und der Szene genau wie die dort stattfindenden Konzerte, Vorträge und Filme“ und fungieren „als Repräsentationsplattformen von Kultur, Politik und Gesellschaft“ (ebd.: 11). Ein Kennzeichen des virtuellen, nicht-hierarchischen Ladyfest-Netzwerkes ist, dass sich die einzelnen Ladyfeste auf ihren Webseiten sowie auf Social-Networking-Seiten wie Facebook, MySpace, Blogspot, LifeJournal und Flickr miteinander verlinken und dadurch ein Netzwerk und eine soziale Community mit jungen AktivistInnen aufbauen, die in ein reales Kennenlernen vor Ort münden können: „Thus, they are constructing their own Network Society and relying heavily on ICTs to communicate with one another and maintain an online feminist community (…) the ICTs provide the backbone for networking and organising, but all of this culminates in the actual face-to-face action, the Ladyfest“ (Aragon 2008: 81)star (* 1 ). Alle Ladyfeste haben zumindest eine Webseite. Die Vernetzung dieser war zu Beginn vor allem durch die Bündelung und die Verlinkung von allen stattfindenden Ladyfesten auf zwei Webseiten, nämlich www.ladyfest.org (2000 – 2005) und www.ladyfesteurope.org (heute auf MySpace), gegeben. Diese können im Verständnis Castells als zentrale „Knoten“ des Ladyfest-Netzwerks bezeichnet werden und durch ihre Verlinkung eine Art „virtuelle Nachbarschaft“  (Taube/Winker 2005)star (* 29 ) herstellen. Heute nimmt neben der MySpace-Seite „www.myspace.com/ladyfesteurope“ auch Facebook eine zentrale Bedeutung als Knotenpunkt ein. Zu nennen ist an dieser Stelle die Facebook-Gruppe „I am/was a Ladyfest organizer“, auf der ein Austausch zwischen Ladyfest-OrganisatorInnen stattfindet. Ein weiteres Projekt, das Ladyfeste weltweit bündelt, ist das „Ladyfest Archive Project“, das sowohl auf einer eigenen Webseite als auch auf MySpace und Facebook vertreten ist . Zudem wurde eine weitere Seite unter dem Namen „Ladyfest World Domination“ auf MySpace gegründet, die ebenfalls auf die Vernetzung von Ladyfesten aber auch von anderen feministischen oder queeren Veranstaltungen und Initiativen abzielt.

Die zunehmende Bedeutung von Social-Networking-Plattformen spiegelt sich auch in deren vermehrten Nutzung durch Ladyfeste wider: So waren im Jahr 2007 nur zehn Ladyfeste auf Facebook präsent, während es 2009 schon über 22 sind. Die populärste Art der Webpräsenz für die Bewerbung von Ladyfesten und die Kontaktaufnahme mit anderen OrganisatorInnen  ist MySpace, gefolgt von Facebook und „traditionellen“ Webseiten. Auf MySpace waren im Juli 2010 58 Ladyfeste und ein „Ladyfesta“ registriert, während es 15 Facebook-Seiten und 43 Facebook-Gruppen benannt nach Ladyfest gibt (sechs Monate zuvor waren es noch acht Facebook-Seiten und 34 Gruppen). Auf Flickr sind im Juli 2010 über 5800 Fotos sowie sieben Ladyfest-Gruppen zu finden.

Nutzung von Social Software von Ladyfesten weltweit im Jahr 2009

Nicht alle jungen Frauen sind zwangsläufig im Umgang mit dem Internet vertraut und haben die Möglichkeit ICTs zu nutzen. Aragon weist darauf hin, dass die meisten Fotos, die auf Facebook, MySpace und anderen Webseiten in Bezug auf Ladyfeste aufscheinen, eine in Hinblick auf Klasse und Ethnizität homogene Gruppe an jungen Frauen zeigen und gegenwärtig vor allem Klasse und regionaler Zugang zu Ressourcen und Infrastruktur entscheidende Faktoren für die Nutzung von ICTs sind. Insofern werden in virtuellen Netzwerken soziale Ungleichheiten ebenso reproduziert wie im sozialen Raum (Aragon 2008: 74)star (* 1 ). Eine weitere Problematik, auf die Alek Ommert (2008)star (* 23 ) hinweist, sind die „dead web spaces“ von nicht mehr aktiven und aktuellen Ladyfest-Seiten und die Abhängigkeit von kommerziellen Webplattformen wie MySpace oder Facebook. Nicht nur auf MySpace, sondern auch in Wikis werden zudem queer-feministische Inhalte angegriffen. So wurde 2007 in der deutschen Version der freien Enzyklopädie Wikipedia vorgeschlagen, die Einträge „Ladyfest“ und „riot grrrl“ zu löschen (Carstensen 2009)star (* 7 ). Ommert argumentiert daher, dass virtuelles soziales Netzwerken nur funktionieren kann, wenn die Organisationsgruppe real existiert und lokal – mit Zugang zu lokalen Ressourcen und Infrastruktur – agiert (Ommert 2008: 8)star (* 23 ). Insofern können virtuelle Netzwerke und Social Media lokale Szenen nicht ersetzen, sondern diese nur bestärken und der Kommunikation zwischen transnationalen Szenen dienen.

Schluss

In der lokalen, transnationalen und virtuellen Ladyfest-Szene haben sich rhizomatische Netzwerke queer-feministischer kultureller Produktion entwickelt, bestehend aus einer Vielfalt an Musik, Kunst, Musiklabels, Distributionskanälen, Info-Läden, Open-Mic-Performances, Straßentheater, Online-Ressourcen, Blogs, Ton- und Videoprojekten u. v. m. In ihrem Essay „Strategies of (Self-) Empowerment and Spaces of Resistance“ sieht Therese Kaufmann einen entscheidenden Vorteil von unabhängigen Bottom-Up-Projekten und Initiativen darin, dass sie Räume für Minderheiten-Positionen schaffen, Zugang und aktive Teilnahme ermöglichen und Informationen außerhalb des hegemonialen Mainstreams teilen und austauschen (Kaufmann 2006)star (* 15 ). Ladyfest-Netzwerke schaffen, wie die Riot-Grrrl-Bewegung, einen „kulturell produktiven, politisierten gegen-öffentlichen Raum“ (Nguyen 2000)star (* 22 ), indem Menschen Ideen artikulieren und ihre Erfahrungen beschreiben können, die ansonsten von der Mainstream-Gesellschaft unterdrückt werden. Die OrganisatorInnen tauschen nicht nur Wissen untereinander aus – was Mimi Nguyen im Kontext der Riot-Grrrl-Bewegung als „ein informelles pädagogisches Projekt, eine Art „punk rock ‘teaching machine’“ (Nguyen 2000)star (* 22 ) genannt hat – sondern sie schaffen auch aktivistische Netzwerke queer-feministischer kultureller Produktion von lokalen, transnationalen und virtuellen Szenen, die, so mein Argument, durch rhizomatische Strukturen gekennzeichnet sind. Einige verwenden die Fähigkeiten, die sie sich im Zuge der Organisation und Teilnahme an Ladyfesten aneignen, für ihre (semi-)professionelle Laufbahn, etwa um ihren Bekanntheitsgrad als MusikerInnen oder KünstlerInnen zu steigern und um auf Erfahrungswerte in der Organisation von Ladyfesten zurückzugreifen (wie der Abhaltung von Workshops, Pressekonferenzen, Konzerten etc.) und eventuelle Konflikte und Probleme voraussehen zu können. Für Debi Whiters, Performerin der Band Drunk Granny (England), nehmen Ladyfeste einen zentralen Aspekt in ihrer musikalischen Karriere ein:

… as a performer the space of ladyfest is massively significant to me, where would I be, musically without such initiatives, and many other female artists who, instead of nervously performing to themselves in front of a wall in their room can have the possibility to connect with a captive and loving public.

In diesem Artikel bin ich davon ausgegangen, dass Ladyfeste in Anlehnung an Marion Leonard und an Andy Bennett und Richard A. Petersons Charakterisierung dreier Szene-Typen als Ausformung einer lokalen, transnationalen und virtuellen queer-feministischen Szene, die rhizomatische Netzwerke bilden, zu fassen sind. Diese dezentralisierten, vielschichtigen und nicht-hierarchischen Netzwerke sind charakterisiert durch eine „wuchernde” Verbreitung und einen nicht-linearen Austausch der queer-feministischen Szenen vor Ort, über Landesgrenzen hinweg und anhand von Kommunikationstechnologien im Internet.

Jedes Ladyfest ist aufgrund seines geografischen Fokus, der örtlichen Gegebenheiten sowie der Organisationsgruppe und seiner Ziele und Hintergründe anders und einzigartig, steht aber in engem Austausch mit der transnationalen und virtuellen Szene. Im Kontext eines rhizomatischen Netzwerkes können Ladyfeste an verschiedenen Orten eigenständig und unabhängig voneinander entstehen, sich weiter entwickeln und neue Strukturen hervorbringen. Im Sinne Castells können wir von neuen „Knoten“ sprechen, die sich in diesen lokalen, transnationalen und virtuellen Szenen ausbilden sowie von Bündnissen, die im Netz rund um das gemeinsame – aber individuell und lokal einzigartige – Projekt Ladyfest geschlossen werden. Diese Netzwerke werden von allen Beteiligten gemacht und sind nie abgeschlossen, sondern ständig im Entstehen; es geht wie im Rhizom „um alle möglichen Arten des ‚Werdens’“ (Deleuze/Guattari 1992: 32)star (* 8 ). Während die meisten Ladyfeste einmalig organisiert werden, kurzlebig sind und es schwierig ist festzustellen, wie wirkungsvoll diese gesellschaftspolitisch langfristig sein können, ermöglichen sie jungen Frauen, hegemoniale Diskurse über (junge) Weiblichkeit zu hinterfragen und sich an queer-feministischen Aktivismen und rhizomatischen Netzwerken des Experimentierens, Austauschens und Reflektierens für und mit anderen jungen Erwachsenen zu beteiligen und diese aktiv mitzugestalten.

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Ladyfeste Europe MySpace-Seite: www.myspace.com/ladyfesteurope

Ladyfest Archive Project: www.grassrootsfeminism.net, http://www.myspace.com/ladyfestarchiveproject,

Facebook Gruppe „I am/was a Ladyfest organizer“: http://www.facebook.com/home.php?#!/group.php?gid=13553024689

Ladyfest World Domination: http://www.myspace.com/ladyfestworlddomination

Dieser Artikel erschien unter dem Titel „Zehn Jahre Ladyfest: Rhizomatische Netzwerke einer lokalen, transnationalen und virtuellen queer-feministischen Szene“ erstmals in: Rosa Reitsamer,  Wolfgang Fichna (Hg.): »THEY SAY I’M DIFFERENT …« Popularmusik, Szenen und ihre AkteurInnen. Wien: Löcker Verlag, 2011, S. 208-227. Mit herzlichem Dank an Rosa Reitsamer für die Abdruckgenehmigung! Der Artikel wurde im Rahmen des Forschungsprojektes von Elke Zobl “Young women as creators of new cultural spaces” (gefördert vom Fonds für wissenschaftliche Forschung Österreich, 2007–2011) verfasst. Das Projekt nimmt transnationale Ladyfeste als Beispiel und Ausgangspunkt, um die kulturellen Praktiken junger Frauen zu untersuchen (s. www.grassrootsfeminism.net). Ich danke Anita Hammer für die Hilfe bei der Datenerhebung sowie Stefanie Grünangerl und Rosa Reitsamer für konstruktives Feedback an diesem Artikel.

Empirische Studien gehen davon aus, dass diese Zunahme an kultureller Produktion von weiblichen Jugendlichen verschiedenen sozialen, politischen und technologischen Transformationen zuzuschreiben ist, wie der größeren Zugänglichkeit zu Medientechnologien, der Explosion von Medienvermittlungsinitiativen und der Einbindung von Produktionspraktiken in Medienerziehungscurricula (Kearney 2003, Buckingham 2003). Zusätzlich hing dieser Zuwachs mit dem Auftreten der Riot-Grrrl-Bewegung und seiner Propagierung von ‚Girl Power’ zusammen (vgl. Kearney 2003: 32). Es ist auch argumentiert worden, dass die heterogenen kulturellen Räume, die Mädchen und junge Frauen schaffen, gekennzeichnet sind durch Prozesse aktiver kultureller Produktion und Partizipation; folglich könnten sie als die erste Voraussetzung einer partizipativen Demokratie und aktiver jugendlicher Bürgerschaft (Harris 2004) gesehen werden.

Weitere derartige Festivals sind: Clitfest (Frankreich, Neuseeland, USA), Mamagathering (USA), das Girls Rock Camp (USA, Deutschland, Österreich), Rampenfiber (Österreich), die Queer-Feministischen Tage (Deutschland, Österreich), Breaking the Waves (England), Love Kills (Rumänien) oder das Girl Power Fest (Kroatien).

Schon in der Riot Grrrl-Bewegung bestand dieses Problem: Hauptgrund für die Umbenennung von „Riot Grrrl“ in „Ladyfest“ war die mediale Verzerrung und kommerzielle und massenmediale Aneignung der Begriffe „grrrl  und „grrrl power“ in „girlie“ und das “angry women in rock” Phänomen. Andererseits – positiv betrachtet – hat  die Riot Grrrl-Bewegung dadurch Bekanntheit erlangt (Kearney 2006).

Dieser Titel könnte ein Verweis auf Lee Edelman’s Buch “No Future: Queer Theory and the Deat Drive  (2004)  sein. Danke an Rosa Reitsamer für diesen Hinweis.

Alle zitierten Interviewpassagen basieren auf den Recherchen der Autorin zu Ladyfesten.

Radical cheerleading entstand in den USA und basiert auf einer ironischen Aneignung der Ästhetik des „cheerleading“, indem z.B. die Sprechchöre geändert werden, um sich für feministische und (linke) politische Agenden einzusetzen. Radical cheerleaders treten oft bei Demonstrationen und feministischen Festivals auf.

“Eine virtuelle Nachbarschaft ist ein eigenständiger Ort im WWW, an dem Websites und Personen gebündelt werden, die einen gemeinsamen inhaltlichen Bezug haben.” (Taube & Winker, 2005: 111)

Dieses wurde im Zuge des Forschungsprojektes der Autorin aufgebaut und ist unter www.grassrootsfeminism.net abrufbar.

Elke Zobl ( 2012): Zehn Jahre Ladyfest. Kulturelle Produktion und rhizomatische Netzwerke junger Frauen. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 01 , https://www.p-art-icipate.net/zehn-jahre-ladyfest-kulturelle-produktion-und-rhizomatische-netzwerke-junger-frauen/