Kunst und Kultur ermöglichen

Kulturelle Projekte und Veranstaltungen gibt es zuhauf, die Auswahl für die KonsumentInnen ist riesig, ein Überblick fällt zunehmend schwer. Doch wie gelingt es eigentlich, die Fülle an attraktiven und oftmals originellen Projekten auf Seiten der Initiatoren überhaupt zu ermöglichen? Was sind die konkreten politischen Rahmenbedingungen, welche rechtlichen Dinge müssen bedacht werden und wie kommt meine (geniale) Idee eigentlich zu den KonsumentInnen? Diesen und vielen weiteren Fragen stellte sich die praxisnahe Veranstaltung „Kunst und Kultur ermöglichen“, die im Wintersemester 2013/2014 stattfand und den interessierten TeilnehmerInnen die wichtigsten Grundzüge einer professionellen Kulturprojektrealisierung näher brachte.

Um den Studierenden diese Grundzüge anschaulich zu verdeutlichen, mussten die in Kleingruppen eingeteilten TeilnehmerInnen zunächst (spontane) Kreativität beweisen und – mit Hilfe von Kreativtechniken wie Brainstorming, der Disney- oder der 6-3-5-Methode – ein virtuelles aber theoretisch realisierbares Kunst- und Kulturprojekt erdenken. Die Bandbreite der interessanten Projektideen reichte vom kostenfreien O-Bus-Festival bis hin zum Kulturerlebnis der kulinarischen Art.

Doch steht vor der Praxis oftmals die bloße Theorie, denn Kultur befindet sich nicht in einem luftleeren (im Sinne von rechtlich freien) Raum, Kultur ist immer von gesetzten Rahmenbedingungen abhängig. Aufgrund dessen widmete sich das Seminar zu Beginn ausführlich der Kulturpolitik sowohl in Österreich als auch Deutschland, denn im Detail ergeben sich ganz interessante Unterschiede zwischen den Kulturnationen. Ein Beispiel: In beiden Ländern können sich KünstlerInnen über eine spezielle Sozialkasse absichern. Doch ist in Deutschland die Ausübung des Künstlerberufs und damit die Berechtigung, in die Künstlersozialkasse (KSK) einzutreten, an keine künstlerische Ausbildung gekoppelt, ganz anders in Österreich, wo die KünstlerInnen diese vor der Aufnahme in den Künstlersozialversicherungsfond (KSVF) nachweisen müssen. Darüber hinaus analysierte der Kurs u.a. die öffentliche Kulturförderung, denn der Staat (Bund, Länder und Gemeinden) investiert hohe Beträge in die Kultur, doch werden nicht alle Sparten gleichermaßen gefördert. So können Museen, Theater oder Opern und Orchester hohe öffentliche Mittel auf sich vereinen, während vor allem der populäre Kulturbereich andere Finanzierungsoptionen suchen muss.

Dass eine Idee für eine kulturelle Veranstaltung nur so gut ist wie ihre Umsetzung, erkannten die Studierenden schnell bei der Beschäftigung mit dem Thema Kulturprojektmanagement. Eine gezielte Vorbereitung und Planung ist das A und O im Kulturbereich (bzw. so sollte es sein!). Denn schon bei der Auswahl des Personals können schwerwiegende Fehler begangen werden, die zu einem späteren Zeitpunkt oft nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Dabei ist stets das Thema Kommunikation innerhalb eines Teams von großer Bedeutung, denn durch Sprachlosigkeit scheitert eine Vielzahl innovativer Projektideen. So lautet auch das Credo der drei wichtigsten Punkte im Projektmanagement: Kommunikation, Kommunikation und Kommunikation!
Dabei ist neben der Personalplanung auch die Ablauf- und Finanzplanung von Bedeutung. Im Seminar erlernten die Studierenden, wie, ausgehend von einer Grundidee, mittels Mindmapping ein Projektstrukturplan erarbeitet werden kann, woraus sich letztlich alle weiteren benötigten Pläne ableiten lassen.

Auch das Thema Geld spielt irgendwann bei jeder Kulturidee eine Rolle, doch wie schafft man es, die benötigten finanziellen Mittel für sein Projekt zu akquirieren? Da für viele – kleine – Projekte eine öffentliche/staatliche Förderung oftmals entfällt, widmete sich der Kurs schwerpunktmäßig zunächst den Themen Fundraising und Sponsoring. Doch wie spreche ich potentielle Spender und Sponsoren korrekt an, welche Projekte sind überhaupt für Sponsoring geeignet und welche eher weniger? Sicherlich konnten nicht alle Fragen abschließend geklärt werden, doch der Einblick soll helfen, für eine reale Veranstaltung die geeignetste Finanzierungsform zu finden. Mit dem Thema Crowdfunding ging der Kurs dann noch einen Schritt in die Zukunft – der längst Realität geworden ist, denn schon heute werden durch diese internetbasierte Form der Mikrofinanzierung über Plattformen wie Startnext zahlreiche (kleine) Projekte aller Art finanziert.

Ist das Projekt geplant und ausreichend finanziert, geht es „nur noch“ darum, es zu vermarkten, dabei ist Marketing aber bekanntlich mehr als bloße Kommunikation und Werbung nach außen, denn neben den Kommunikationsinstrumenten müssen auch preispolitische-, produktbezogene oder distributive Instrumente des Marketing projektspezifisch durchdacht und angewandt werden – immer vor dem Hintergrund der richtigen Zielgruppe. Dieses Zusammenspiel von Zielgruppe und Marketingmix wurde von den einzelnen Projektgruppen – wie alle anderen Aspekte zuvor – immer wieder in kleinen Workshops auf das zu Beginn der Veranstaltung erdachte Kulturprojekt angewandt, um Theorie und Praxis direkt miteinander zu verbinden.

Die Hoffnung ist, dass alle TeilnehmerInnen wichtige Impulse für ihre berufliche Zukunft in diesem Seminar erhalten haben – und wer es verpasst hat oder nicht zugelassen worden ist: Im Sommersemester findet der Kurs „Kunst und Kultur ermöglichen“ noch einmal in ähnlicher Form statt. Der Dozent Martin Lücke freut sich schon!

 

Martin Lücke ( 2014): Kunst und Kultur ermöglichen. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 04 , https://www.p-art-icipate.net/kunst-und-kultur-ermoglichen/