Hot Spot: Nikosia

Exkursion nach Zypern (April 2015)

Unsere Exkursion nach Nikosia bildete den Hauptbestandteil der vierstündigen Lehrveranstaltung Hot Spot: Zypern. Bereits vor der Reise hatten wir uns mit Zypern als Schnittpunkt der Kulturen, als politischer „Spielball“ angrenzender Völker sowie der jetzigen kulturellen und politischen Lage eingehend beschäftigt. Vor allem aber wollten wir vor Ort die zeitgenössische Kunst- und Kulturszene, die durch die kolonialen Annexionen und dadurch entstandene multikulturelle Einflüsse geprägt ist, aber auch durch das Aufeinandertreffen vergangener, traditioneller sowie neuer, antizipativer Tendenzen erforschen. Speziell in den letzten Jahren hat sich die Hauptstadt Lefkosia (Nikosia) zu einem lebendigen Hot Spot einer zeitgenössischen Kunst- und Kulturszene entwickelt.

Im Folgenden werden ausgewählte Erfahrungsberichte, die innerhalb der LV von allen Mitreisenden verfasst wurden, zusammengefasst, um einige Impressionen der wichtigsten Stationen unseres viertägigen (13.4.-16.4.) Aufenthaltes in Nikosia zusammenzufassen. Diese Impressionen haben wir auch bei einer Ausstellung im Mai 2015 vermittelt:

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Die Artos Foundation

Unser erster Programmpunkt ist die Artos Foundation, deren Gründer und Leiter Achilleas Kentonis ist. Achilleas hat auch als Kunstschaffender bereits zahlreiche Projekte in Nicosia sowie international realisiert.

Auszug aus dem Bericht von Siglinde Lang (Leiterin der Lehrveranstaltung):
„(…) In seiner charmanten Art sind es vor allem Erzählungen, ja persönliche Geschichten, über die uns Achilleas sehr detaillierte Einblicke in die zeitgenössische Kunstszene Nikosia, aber auch (kultur-)politische Strukturen gibt: Bereits die Gründungsgeschichte der Artos Foundation verweist auf die Passion Achilleas, Kunst stets mit einem „social impact“ zu verbinden. (…)

Nach dem Abschluss seines Kunststudiums in den USA, war es ihm und seiner Frau ein hohes Anliegen, sich in und für die Kunst in und aus Zypern zu engagieren – und in Nikosia eine Plattform für zeitgenössische Kunst und Wissenschaft, für Experimente und Forschertum, für künstlerischen Austausch und kulturelle Vermittlung aufzubauen – wobei eine gesellschaftskritische, ja durchaus auch politische Sichtweise all seine Aktivitäten prägt.

Kentonis

Achilleas Kentonis. Foto: Michael Steindorfer

So war eine „Kids University“ der ursprüngliche und erste Programmpunkt, mit dem ein Forum für kulturelle Bildung im Jahr 2000 Kindern zwischen 7 und 11 Jahren Zugang zu Kunst, die Freude am künstlerischen Experimentieren vermitteln sollte. Dieser Initiative folgten zahlreiche weitere Aktivitäten: Workshops für Kunstschaffende, Artist in Residence Programme, ein interdisziplinärer Think Tank für Fragen rund um Innovation, Kreativität und neue Formen der künstlerischen Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Wissenschaft, aber auch Vortragsreihen, Festivals und Symposien bilden nun nach 15 Jahren Aufbauarbeit die umfangreiche Programmatik und den Aktivitätenkanon der Artos Foundation.

Zahlreiche Kooperationen mit nationalen und internationalen Partnern aus Kunst, Kultur und Wissenschaft verweisen auf das dichte Netzwerk, EU-Förderungen stellen über 50 Prozent der Finanzierungstruktur, die von Sponsoring und zumeist projektbezogenen nationalen Förderungen flankiert werden.
Doch speziell in den letzten Jahren sind die kulturpolitischen Subventionen in Zypern nochmals stark gekürzt worden, sodass Achilleas weder über eine mehrjährige Basisfinanzierung verfügt, noch viel Hoffnung gegenüber nationalen Subventionen hegt. Doch seinen Optimismus kann die kulturpolitische Situation nicht trüben – und so erzählt Archilleas lieber über eigene künstlerische Interventionen, die er oft auch mit geringer finanzieller Unterstützung umzusetzen weiß. (…)
Wir hätten uns gerne noch länger und intensiver mit Achilleas unterhalten: Auch seine Interpretation der Zyprioten als einer „Survival“-Kultur, die Annexionen und Schicksalen mit einem „Carpe diem“, aber auch einer steten Zuversicht und Arbeitsdisziplin zu antworten weiß, vermittelt er mit amüsanten, dabei stets essentielle Fragen auf den Punkt bringenden Geschichten. Als wir nach rund 1,5 Stunden die Artos Foundation verlassen, sind es daher mehr Fragen als Antworten, die wir lebhaft diskutieren – denn Achilleas hat uns nicht für die Artos Foundation und das kleine Zypern begeistert, sondern uns auch den perfekten Einstieg in ein reflektiertes Kennenlernen des Landes geboten.“

Das türkische Viertel

 Auszug aus dem Bericht von Marlies Berger (Teilnehmerin der LV und Studierende am Schwerpunkt W&K)
„Am Dienstag kurz vor Mittag geht es bei strahlendem Sonnenschein auf ins Türkische Viertel. Wir passieren den griechischen Teil und nach ein paar Metern, sieht man schon die wartenden Menschen vor der türkischen Grenze. Die Schlange wird immer länger, denn die türkischen Behörden nehmen ihre Arbeit sehr ernst. Nach ca. zwanzig Minuten haben alle erfolgreich das Visum für den türkischen Teil erhalten und wir spazieren nun durch den kleinen Bazar Richtung Selimiye Moschee. (…)“

Nach der Grenzüberschreitung saugen wir die Marktatmosphäre vor der Bedestan (St. Nikolaus Kirche) auf, wo Einheimische ihre selbstgemachten Produkte und türkische Süßwaren anpreisen.

Nach der Besichtigung der ältesten Markthalle (Bandabulya) geht es weiter in die bekannte Selimiye Moschee, wo gerade der Muezzin zum Gebet ruft. Die Selimye Moschee ist ein klassisches Beispiel für eine von vielen Moscheen im türkisch besetzten Teil Zyperns, die ursprünglich einen anderen Zweck erfüllten, und nach der Besetzung einer der vielen Kolonialmächte zu einer Moschee umfunktioniert wurden. So diente also dieses Gebäude ursprünglich als Krönungskathedrale der Lusignans, einer französischen Adelsfamilie, und seit 1570, nach der Besetzung durch die Ottomanen, ist sie Hauptmoschee der Muslime in Nikosia.

Weiter führt uns unser Spaziergang durch auffallend schmucklose Gassen und Straßen. Wir nehmen eine eher bedrückende Atmosphäre wahr bei unserem Gang durch die zum Teil zerfallenen Häuser und die sehr einfachen Verhältnisse, die hier im Vergleich zum nicht besetzten Zypern vorherrschen.
Von einem sozialen Wohnungsbauprojekt, das zwischen 1918 und 1925 erbaut wurde, um die Eingliederung der türkischen Bevölkerung zu erleichtern, über weitere kleine Gassen beenden wir schließlich unseren Spaziergang im Büyük Khan, einer zwischen 1576 und 1577 erbauten ehemaligen Karawanserei, aus der nun eine kleine Flaniermeile mit einheimischen Produkten geworden ist. Teilweise sind an den Shops auch Werkstätten angeschlossen, die Leder oder Holz vor den Augen der Touristen anfertigen. Hier lassen wir unsere Besichtigung mit einer Tasse griechischem Kaffee ausklingen.

Das Point Centre of Contemporary Art

Auszug aus dem Bericht von Sandra Koll (Teilnehmerin der LV und Studierende am Schwerpunkt W&K):
„Am dritten Tag unserer Zypern-Exkursion führt uns die Neugier zu einem Platz für Künstler, Pioniere und Kulturinteressierte, dem Point Centre of Contemporary Art. Durch das Engagement eines jungen und dynamischen Teams ist das Point Centre of Contemporary Art ein Ort für kulturelle Produktionen sowohl aus Zypern als auch international.

Gegründet wurde die Institution unter dem Konzept von UNDO, einer kritischen Zeitschrift für Kunst und Geisteswissenschaften. Die Zeitschrift wuchs und etablierte sich durch die Zusammenarbeit mit dem Künstlerhaus Bethanien in Berlin. Diese Kollaboration beinhaltete Subventionen und Unterkünfte für zypriotische Künstler. Durch den Bedarf nach einem Ort, an dem die Werke der Künstler ausgestellt und geteilt werden können, wurde das Point Centre of Contemporary Art 2007 gegründet. (…)
Sofort begeistert sind wir alle, als uns die aufgeschlossene Kuratorin Demetra Ignatiou begrüßt. Durch sie gewinnen wir einen guten Einblick in die Welt des Point Centers. Erhalten wird das Kunstzentrum hauptsächlich durch staatliche Förderungen und durch Privatinvestments des Direktors. Laut Demetra reicht diese Unterstützung oft nicht für die Ideen und Möglichkeiten und es benötige für die Umsetzung diverser Ausstellungen und Veranstaltungen in Zypern viel Geduld. Die Begeisterung in ihren Augen aber ist zu sehen, als sie vom Potenzial der Kunst und Kulturszene in Zypern spricht, besonders in Zusammenarbeit mit internationalen Künstlern.

Demetra

Demetra Ignatiou. Foto: Michael Steindorfer

Das Team berücksichtigt in den Ausstellungen verschiedene Felder von künstlerischer Produktion. Diese reichen von Architektur und Film über Musik bis hin zu Performances und Diskursen. Dem Publikum wollen sie vor allem eine Vorstellung vermitteln, wie einige Künstler, ob zypriotisch oder nicht, einen neuen Weg in der zypriotischen Kulturszene finden. Sie wollen Pioniere einladen, die mit dem Kontext der zypriotischen Geschichte und Gegenwart ihre eigenen Elemente entdecken und auch zeigen. Wichtig dabei ist nicht in der Vergangenheit zu bleiben, sondern im Gegenteil: „(…) we´re looking for people who make something new and fresh (…)“, heißt die euphorische Ansage von Demetra. Um dieses Vorhaben umsetzen zu können, lädt das Team verschiedene Künstler aus dem Ausland ein und bietet ihnen Unterkunft. Wenn diese Künstler im Kontext von Zypern Themen für ihre Arbeit finden können und auch umsetzen wollen, steht einer Zusammenarbeit mit der Institution nichts mehr im Wege. (…) Wir alle waren sehr begeistert von Demetras Euphorie und Motivation, vom Haus und der gesamten Organisation und wir wünschen allen weiterhin viel Kraft und Durchsetzungsvermögen in der mit viel Potenzial ausgestatteten Kulturszene Zyperns.“

Der Besuch des Außenministeriums

Einer unserer Anlaufpunkte, fernab von der zypriotischen Kunstszene, aber dennoch ein wichtiger Baustein, um ein besseres Bild von Zypern als Ganzem zu bekommen, ist das zypriotische Außenministerium. Dort werden wir von einer Mitarbeiterin, Penelope Erotokritou empfangen. Sie versucht uns die „offizielle Position“ Zyperns zur Problematik der Teilung der Insel näher zu bringen. In ihrem Vortrag, der augenscheinlich objektive Fakten über die Teilung Zyperns vermitteln soll, bezieht Penelope dennoch mehr oder weniger offensichtlich eine klare Position und man merkt, wie emotional involviert sie in das Geschehen ist:
Seit 14 Jahren ist Zypern bereits unabhängig, nachdem es sich 1960 aus der britischen Kolonialmacht frei gemacht hatte. Nun, 1974, belagert die Türkei mit einer Militärpräsenz von 45.000 türkischen Soldaten die Insel und entzweit somit das unabhängige Zypern. Seit diesem Zeitpunkt besteht das Problem der Teilung Zyperns, zum einen in das Gebiet, das under governmental control steht, also die Republik Zypern und zum anderen the occupied area, also die Republik Nordzypern, von der Türkei besetzt. Die Republik Zypern, die seit 2004 Teil der EU ist, versuchte seit jeher mit der Türkei zu verhandeln.

Auszug aus dem Bericht von Christina Tosoni (Studienassistentin am Schwerpunkt W&K und Mitorganisatorin der LV):
„(…)The official position of Turkey is, that they wanted to save the turkish Cypriots!, Penelopes Lippen werden schmal, als könnte sie nur schwer das As if they had to!! unterdrücken, das sich dennoch deutlich auf ihrem Gesicht abzeichnet. Zyperns Bevölkerung besteht aus griechischen und türkischen Zyprioten und einer minoritischen Minderheit. Laut Penelope hat es nie Probleme zwischen den türkischen und griechischen Zyprioten gegeben, es war ein friedliches Miteinander und auch heute noch, so versichert sie uns, sind die türkischen Zyprioten willkommen und genießen alle Rechte der griechischen Zyprioten. They are welcome! They could move back any time they want to! Was uns aber Penelope verschweigt und uns das Leventis Museum in einer unübersichtlichen Tafel offenbarte, sind die Konflikte zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen in den 1960ern.
After the invasion Turkey moved settlers from Anatolia to the occupied area. Hier kommt Penelope zu dem Streitpunkt, der die Vereinigungsbestrebungen der sogenannten occupied area (Republik Nordzypern) mit dem Gebiet under govermental control (Republik Zypern) so schwierig gestalten. Die Forderung des offiziellen Zyperns sind vermeintlich einfach und kompromisslos: Die Siedler müssen raus, erst dann ist eine Wiedervereinigung beider Teile möglich. Die Republik Nordzypern wird nur von der Türkei als selbstständiger Staat anerkannt, der einst so reiche Norden ist dadurch wirtschaftlich abgeschnitten und von Fördersummen der Türkei abhängig. Ohne die Türkei wäre der besetzte Norden schon bankrott. (…)“

Über einige weitere Fakten der Verhandlungen mit der Türkei klärt uns Penelope auf und beantwortet anschließend geduldig unsere Fragen.

Das Dance House Lefkosia

Auszug aus einem Bericht von Sophia Fischbacher (Teilnehmerin der LV und Studierende am Schwerpunkt W&K):
„Nachdem wir in der Nachmittagshitze ‑ unterwegs per pedes ‑ bereits über eine Stunde erfolglos versucht hatten, das nicht ganz zentral gelegene Dance House zu finden, wurden wir schlussendlich dann von zwei sehr netten einheimischen Zyprioten dort hingefahren. Dort angekommen, dürfen wir aber glücklicherweise auch schon bald feststellen, dass sich unsere kleine Odyssee gelohnt hat:  Sehr herzlich empfängt uns Gründerin und Leiterin des Dance House, Arianna Economou, und verzeiht uns unsere Verspätung. Wir werden sogleich in das Innere des Dance House geführt: Erster Halt ist ein großer, hoher, lichtdurchfluteter Raum, von allen vier Seiten zugänglich und einsehbar, und auf einer Längsseite bestuhlt. Diesen Raum bezeichnet Arianna als „open space“. 

Seit 2013 nutzt das Dancehouse diese Räumlichkeiten und Arianna erklärt uns, dass dieser Performanceraum interessierten KünstlerInnen aus dem Bereich der darstellenden Künste zur Miete zur Verfügung steht, um als Performanceplattform, aber auch für Installationen, Unterricht und Workshops genutzt zu werden.  Die Vermietung dieses Raumes an interessierte zeitgenössische KünstlerInnen beschreibt Arianna als eine der Hauptaufgaben des Dance House. Hierbei will sie v.a. junge ChoreographInnen fördern, die spartenübergreifend arbeiten und somit auch andere Kunstformen, v.a. die der darstellenden Künste mit einbeziehen. 

Arianna

Arianna Economou

Ariannas Vision war es von Anfang an, einen Rahmen zu schaffen und somit auch einen Raum zur Verfügung zu stellen, in dem sich Tanz, und vor allem auch der zeitgenössische Tanz als eigenständige Kunstform in Zypern etablieren kann. Bis dato war nämlich die Tanzszene auf Zypern nicht existent. So ist es auch ein wichtiger Teil der Arbeit des Dance House, ein Netzwerk für talentierte junge ChoreographInnen aufzubauen und sich dafür finanzielle Unterstützung vom Staat zu erkämpfen. Dabei betont Arianna, dass für sie die Zusammenarbeit mit griechischen Zyprioten den gleichen Stellenwert und Wichtigkeit hat wie die mit türkischen Zyprioten.

Als einen weiteren Schwerpunkt ihrer Arbeit beschreibt Arianna den Ballettunterricht, der von zypriotischen Ballettlehrern, die von extern kommen, gegeben wird, um Nachwuchs zu suchen. Außerdem wird für die Kinder auch Unterricht im zeitgenössischen Tanz angeboten, sowie Workshops in diesem Bereich.
Neben Arianna arbeiten noch drei weitere Personen für die Institution, alle auf freiwilliger Basis. Dies verdeutlicht auch nochmal die Tatsache, dass das Dance House und die Arbeit und Organisation, die dahinter stecken auf einer aus Leidenschaft und Überzeugung geborenen Vision fußen ‑ mit Arianna als Herzstück des Ganzen.

Nach langen Bemühungen, erzählt Arianna, sei das Dance House endlich an dem Punkt angekommen, an dem es immer weiter wächst und somit auch die Kooperationen auf internationaler Basis wachsen. So wird es diesen Sommer zum ersten Mal auch Kooperationen mit internationalen Künstlern geben, die nach Zypern kommen, denn bisher waren ausschließlich zypriotische Künstler für das Dance House tätig. Am Ende unserer Führung werden wir von Arianna euphorisch mit Flyern, Aufführungsplakaten und Jutebeuteln für unsere Ausstellung bestückt. Einstimmig stellen wir im Nachhinein fest, dass wir gerne noch länger Zeit gehabt hätten mit Arianna zu sprechen. Eine sehr inspirierende und spannende Frau, die uns mit ihrem Elan und ihrer positiven und herzlichen Art in Erinnerung bleiben wird. Und wer weiß? – Der /die ein oder andere wird sich bestimmt Ariannas Angebot, wiederzukommen und für das Dance House zu arbeiten, gerne durch den Kopf gehen lassen.“

Das Goethe Institut

Auszug aus dem Bericht von Katharina Nadine Schenk (Teilnehmerin der LV und Studierende am Schwerpunkt W&K):

„Am dritten Tag unserer Exkursion besuchen wir mit unserer Exkursionsgruppe das Goethe Institut in Nikosia, welches sich in der UN-Bufferzone befindet. Angekommen, werden wir sogleich in den hinteren Bereich des Instituts geleitet, wo schon Tee, Kaffee, Kekse und mehrere BesucherInnen der im Goethe Institut angebotenen Deutschkurse auf uns warten. Nachdem wir eine kleine Stärkung zu uns genommen haben, werden wir von der Institutsleiterin Frau Dr. Christiane Krämer-Hus-Hus begrüßt und anschließend aufgefordert uns so zusammenzusetzen, dass jeweils zwei unserer ExkursionsteilnehmerInnen und ein bis zwei Deutschlernende an einem Tisch sitzen. Frau Krämer-Hus-Hus‘ Idee ist es, uns nacheinander Themen vorzugeben, über die wir uns eine bestimmte Zeit lang auf Deutsch unterhalten sollen, um anschließend sowohl den Tisch und somit die GesprächspartnerInnen als auch das Thema zu wechseln. Da die Institutionsleiterin erst seit kurzem die Stelle in diesem Institut inne hat, erachtet sie es für sinnvoller, dass die DeutschschülerInnen uns etwas über Zypern und das Goethe Institut erzählen, da sie noch nicht lange in Nikosia lebt.(…)“

So besteht unser Aufenthalt also aus einem mehr oder weniger fröhlichem hin-und her Rotieren zwischen den verschiedenen Tischen und dem leider immer nur kurzen und durch die Institutsleitung vorgegebenen Zeitraum, innerhalb dessen wir die TeilnehmerInnen des Deutschkurses etwas besser kennenlernen können. Es entstehen, trotz vorherrschender Zeitknappheit, durchaus interessante und spannende Gespräche mit den einzelne Teilnehmern des Deutschkurses und letztendlich knüpfen wir auch Kontakt mit Evrem, der uns für den nächsten Tag einlädt, das von ihm geleitete Kulturzentrum Home for Cooperation, das sich ebenfalls in der Bufferzone befindet, zu besuchen.

Das NIMAC (Nicosia Municipal Arts Centre)

Auszug aus dem Bericht von Marlies Berger (Teilnehmerin der LV und Studierende am Schwerpunkt W&K):
„Am Donnerstag um 10 Uhr haben wir ein Gespräch mit der Kuratorin des NIMAC, Marika. Das Nicosia Municipal Arts Center befindet sich in der historischen Altstadt von Nikosia. In der Eingangshalle sind schon einige Videoinstallationen zu bewundern. Nach einer kurzen Wartezeit, kommt die Kuratorin und klärt uns ca. eine halbe Stunde lang über das Profil und die Geschichte des Nicosia Municipal Arts Center auf.“

Bei dem Gebäude, in dem sich das NIMAC heute befindet, handelt es sich um ein ehemaliges Elektrizitätswerk, mit einer Fläche von 3000 qm. Die Ausstellungsfläche beträgt insgesamt 1000 qm. Das NIMAC ist heute das älteste und größte Contemporary Art Center auf der Insel.

 „(…) Seit dem Bestehen des Art Centers wurden über achtzig Ausstellungen mit bekannten internationalen und KünstlerInnen aus Zypern durchgeführt. Diese Kooperationen wurden und werden mit den verschiedensten Museen, Kunsteinrichtungen und kulturellen Institutionen aus verschiedensten Ländern initiiert. Aktuell arbeiten sieben MitarbeiterInnen im Haus. Marika weist daraufhin, dass viele internationale KuratorInneen ins Haus kommen. Das NIMAC und die Pierides Foundation gehören zusammen und sie kooperieren u.a. mit der Artos Foundation, der Glasgow Art Gallery, dem Picasso Museum Paris, dem Museum of Mallorca u.v.m. (…)
Nicht nur Programme mit Künstlern werden veranstaltet, auch Workshops mit Kindern, aber auch Veranstaltungen im öffentlichen Bereich finden statt, wie ein City Theaterworkshop, Diskussionsrunden, Round Tables und vieles mehr. (…)

Nach ca. einer halben Stunde Einführung über das NIMA, verabschiedet sich Marika von uns und wir werden nun von einer jungen Mitarbeiterin durch die Ausstellung geführt.
In dieser Sammlung „Recurrence: Rituals, Place and History” zeigen vierzehn bedeutende israelische Künstler ihre unterschiedlichen Videoinstallationen zu den verschiedensten Themen wie Kultur, Religion, Geschichte oder Politik. Diese Ausstellung ist bisher einzigartig auf Zypern, denn zum ersten Mal präsentieren israelische Künstler ihre Objekte. (…)“

Beeindruckt von der Fülle an Kreativität und Innovation, die uns diese Ausstellung und das NIMAC im Allgemeinen vermittelte, verabschieden wir uns dankbar von diesem spannenden Ort.

Fazit

Über unseren viertägigen Aufenthalt in der Hauptstadt Zyperns, während dessen wir versucht hatten, uns ein so umfangreiches Bild wie möglich über die zeitgenössische Kunst und Kulturszene, Land und Leute, Politik, aber auch das Problem der Teilung zu verschaffen, ist Folgendes als Eindruck verbleiben und zusammenfassend zu sagen: Aufgrund der äußerst schwierigen Vergangenheit und der noch jetzt andauernden schwierigen politischen Situation Zyperns ist es verständlich, dass sich die Insel mit dem Etablieren einer zeitgenössischen Kunst- und Kulturszene nach wie vor im Aufbau und Umbruch befindet. Es ist gerade deshalb sehr beeindruckend zu erleben, wie es dennoch einige Kunst- und Kulturschaffende gibt, die trotz widriger Umstände seit Jahren Visionen, Durchsetzungsvermögen, Elan und Kampfgeist zeigen und es dadurch schaffen, eine zeitgenössische Kunst- und Kulturszene zu etablieren und Zypern – vor allem zukünftig – auch international im Kontext der zeitgenössischen Kunst und Kultur bekanntzumachen.

In Erinnerung bleiben wird uns aber auch die Gastfreundschaft und Herzlichkeit, die uns ohne Ausnahmen immer entgegengebracht wurden – sowie die Freude der besuchten Kunst- und Kulturschaffenden über unser Interesse an dieser kleinen, aber feinen zeitgenössischen Kunst- und Kulturszene. Zypern – wir werden uns wiedersehen, so der Tenor!

Sophia Fischbacher ( 2015): Hot Spot: Nikosia. Exkursion nach Zypern (April 2015). In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 06 , https://www.p-art-icipate.net/hot-spot-nikosia/