Digitalisierung als Tool zur Navigation durch ausschließende Kunst- und Kulturwelten im Kontext von Migration & Alter

Im Zuge des laufenden Forschungsprojektes Kulturelle Teilhabe in Salzburg: Grundlagen, Möglichkeiten, Herausforderungen, Strategien führen wir als Team des Programmbereichs Zeitgenössische Kunst und Kulturproduktion im Rahmen des Schwerpunktes Wissenschaft und Kunst Interviews mit Expert*innen*1 *(1) aus dem partizipativ angelegten Kunst- und Kulturbereich durch, um uns an die Inklusions- und Exklusionsmechanismen für die kulturelle Teilhabe allgemein, jedoch auch für spezifische Personengruppen in Salzburg und darüber hinaus anzunähern. In den Interviews kristallisierte sich heraus, dass Digitalisierung aktuell eine überaus relevante Kategorie für Kulturschaffende, Kulturvermittler*innen sowie Kulturarbeiter*innen darstellt, um einerseits die eigene Kunst- und Kulturproduktion unabhängig von Institutionen einem breiten Publikum zugänglich zu machen und andererseits flächendeckendere Teilhabemöglichkeiten zu erproben. Im Folgenden wird ersterer Aspekt im Kontext von Migration und letzterer im Kontext von Alter in ländlichen Regionen thematisiert und es werden Einblicke in aktuelle Forschungsergebnisse geliefert.*2 *(2)

Digitalisierung

Dass Digitalisierung, verstanden als Ablösung analoger Abläufe durch computergestützte Prozesse, die Lebenswelt des 21. Jahrhunderts maßgeblich prägt, bedarf keiner weiteren Ausführung. Auch und gerade in Sphären der gesellschaftlichen Bedeutungsproduktion machen Digitalisierung und das Internet besonders aufgrund neuer Visualisierungsmöglichkeiten Räume auf, die bisher utopisch erschienen (vgl. Baumgartinger/Akarçeşme/Hochleitner 2018;star (*4) Interview mit Young Krillin in dieser Ausgabe). Während Digitalisierung Gesellschaften zügig formt, hinken Diskussionen und Debatten diesen Entwicklungen hinterher, da gesellschaftliche Aushandlungsprozesse deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen als die sich exponentiell entwickelnde Sphäre der (digitalen) Technologien (vgl. dazu etwa Kurzweil 1999).star (*15)

Richtet man den Blick auf Zahlen bezüglich Internetnutzung in Österreich, wird ersichtlich, dass im Jahr 2018 bereits 87 Prozent der Bevölkerung das Internet nutzten (s. Grafik 1). Folgende Grafik zeigt, dass seit 2012 in allen Alterskohorten ein Anstieg in der Internetnutzung zu verzeichnen ist:

Grafik 1: Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/184967/umfrage/internet-nutzung-in-oesterreich-nach-alter/ (12.06.2019)

Grafik 1: Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/184967/umfrage/internet-nutzung-in-oesterreich-nach-alter/ (12.06.2019)

Die meisten Internetnutzenden sind in Österreich im Jahr 2018 die 14-49-Jährigen sowie die 30-39-Jährigen (100 Prozent). Diese Gruppen waren mit 99 bzw. 94 Prozent bereits 2012 regelmäßige Internetnutzende. Der größte Zuwachs zwischen 2012 und 2018 ist ab 50 Jahren zu verzeichnen, insbesondere bei den 60-69-Jährigen sowie Personen mit 70 Jahren und älter: Erstere nutzten im Jahr 2012 zu 63 Prozent das Internet, im Jahr 2018 bereits zu 70 Prozent. Während es in der Gruppe 70+ im Jahr 2012 noch 32 Prozent Internetnutzende gab, sind es 2018 bereits 50 Prozent.

Die am meisten aufgerufenen Webseiten in Österreich waren im März 2019 Google (93,21 Prozent), Facebook (79,57 Prozent) und schon an dritter Stelle die für kulturelle Produktionen besonders relevante Website YouTube (79,21 Prozent).*3 *(3)

Maßgeblich für ein besseres Verständnis der Internetnutzung ist die Unterscheidung zwischen den sogenannten ‚Digital Natives‘ und ‚Digital Immigrants‘. Während Digital Natives mit digitalen Technologien aufwachsen und deren Sprache als ‚Muttersprache‘ erlernen, sind Digital Immigrants Personen, die zu einem späteren Zeitpunkt in ihrem Leben mit digitalen Geräten in Berührung kamen und daher ‚Akzente‘ in der Verwendung dieser Sprache aufweisen (Prensky 2001: 3).star (*24) Viele Web- sowie Social-Media-Auftritte von Kunst- und Kulturinstitutionen werden von unseren Interviewpartner*innen, die Digital Natives sind, als relativ schwach empfunden, was darauf schließen lässt, dass diese noch von Digital Immigrants verwaltet werden (vgl. die Interviews mit EsRap sowie Young Krillin in dieser Ausgabe). Unabhängig von dieser Unterscheidung spricht Young Krillin von einer grundsätzlichen Technikversiertheit von Personen mit Behinderung und bemängelt die Barrierefreiheit der Web-Auftritte, während Monika Schmerold (vgl. das Interview in dieser Ausgabe) hinzufügt, dass für viele behinderte Personen hochgeladene Fotos der Räumlichkeiten von Institutionen in erster Linie ausreichen würden, um zu evaluieren, ob eine Teilnahme für sie überhaupt möglich ist.

Social Media & Participatory Culture

Durch soziale Medien bzw. Web 2.0*4 *(4) hat das Internet Möglichkeiten in Bezug auf kulturelle Bedeutungsproduktionen entfaltet, sodass auch nicht privilegierte Personen Produzent*innen von für eine breite Masse zugänglichen Inhalten werden können. In gewisser Hinsicht ist dies eine radikale Umkehr der Verhältnisse der letzten 150 Jahre, in denen Produktions- und Vertriebsprozesse große Kapitalmengen erforderten. Zeitungen, Buchverlage, Musiklabels, Filmstudios, Radio und Fernsehen wurden von mächtigen Organisationen aufgrund derer Produktionsmittel sowie Distributionsfähigkeit dominiert (vgl. Blank/Reisdorf 2012: 537f.).star (*7) Den partizipativen Aspekt unserer heutigen Internetkultur nennt Medienwissenschaftler Henry Jenkins „Participatory Culture“:

„A participatory culture is a culture with relatively low barriers to artistic expression and civic engagement, strong support for creating and sharing one’s creations, and some type of informal mentorship whereby what is known by the most experienced is passed along to novices. A participatory culture is also one in which members believe their contributions matter and feel some degree of social connection with one another.“ (Jenkins 2006: 7)star (*12)

Das Internet und Social Media ermächtigen Personen, die aufgrund ihres sozialen Status, Habitus oder Bildungsmöglichkeiten durch Gate-Keeper in Institutionen oder physischen sozialen Netzwerken nicht gefördert wurden, zu künstlerisch-kulturellen Ausdrücken und Produktionen,  (vgl. Baumgartinger/Akarçeşme/Zechenter 2018). Unsere Interviews zeigen, dass marginalisierte Personen Social Media und das Internet bereits aktiv zur Navigation durch von Ausschlüssen geprägte Kunst- und Kultursphären sowie zur gegenseitigen Ermächtigung nutzen. Dabei hat sich in den Interviews auch eine Kluft in der Einstellung zur Digitalisierung herausgestellt. Während unmittelbar von Ausschluss betroffene Künstler*innen Digitalisierung als große Möglichkeit erachten und positive Aspekte verstärkt beleuchten (vgl. Moser/Karam 2018star (*19) sowie die Interviews mit Bakış, EsRap sowie Young Krillin in dieser Ausgabe), beleuchten andere Künstler*innen und Vermittler*innen vermehrt auch Risiken der Digitalisierung (vgl. Naveau 2017;star (*21) Prlić in dieser Ausgabe und unveröffentliches Interview mit Anita Thanhofer, 04.06.2019).star (*26) Manuela Naveau (2017)star (*21) hat beispielsweise die Dimensionen der digitalen Partizipation in Bezug auf künstlerische Produktionen erforscht und festgestellt, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Beteiligung unwissentlich und unfreiwillig vonstattengeht. Dies zeigt die Notwendigkeit beständiger Vermittlung von Digital Literacy Skills. Sonja Prlić verweist auf Basis ihrer Erfahrungen im Zuge von Projekten mit Schüler*innen darauf hin, dass zwar immer mehr Schüler*innen iPhones haben, jedoch immer weniger wissen, wie das Gerät tatsächlich funktioniert, und erklärt, dass das „Hinter-die-Kulissen-Schauen“ genauso notwendig ist wie etwa die Auseinandersetzung mit Hate Speech und Fake News (vgl. das Interview mit Prlić in dieser Ausgabe).

In weiterer Folge werden Teilhabe in der Produzent*innenschaft von Kunst und Kultur anhand von Migration und Teilhabe in der Rezipient*innenschaft anhand von Alter in ländlichen Regionen thematisiert sowie dargelegt, warum es wichtig ist, älteren Personen Digital Skills zu vermitteln.

Kulturelle Teilhabe aus Migrant*innenpositionen heraus

Die Ergebnisse unserer Interviews, insbesondere mit migrantischen Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen zeigen auf, dass Migrant*innen*5 *(5) klar von der Rezeption sowie Produktion von Kunst und Kultur in Salzburg bzw. allgemein in Österreich ausgeschlossen sind (vgl. die Interviews mit Bakış, EsRap sowie Lôbo/Seefranz in dieser Ausgabe sowie Baumgartinger/Akarçeşme/Al-Masri-Gutternig/Daudi-Rosenhammer 2018star (*3) und Moser/Karam 2018).star (*19) Ebenso zeigen die Ergebnisse, wie Digitalisierung und insbesondere Social Media bereits als Tools verwendet werden, um strukturelle Ausschlüsse zu umschiffen und selbstbestimmt kulturell teilzuhaben.

Für Onur Bakış, Breakdancer und Leiter des Vereins Doyobe, sind Social Media und besonders Instagram ein wichtiges Tool für ihre Vereinstätigkeit, da Jugendliche fast ausschließlich durch diese Medien zu erreichen sind (Bakış in Boschner 2019: o.S.).star (*8) Durch die Vernetzung über Instagram bekommt Doyobe Einblicke in die kulturellen Bedürfnisse der Jugendlichen und kann seine Angebote daran anzupassen (vgl. Postscriptum Bakış 25.07.2019).star (*23) Andererseits sind Social Media für den Verein Doyobe deshalb wichtig, weil dort migrantischen Jugendlichen gezeigt wird, was andere migrantische Jugendliche bereits kreiert haben, und sie dazu ermächtigt werden, auch selber aktiv mitzumachen (ebd.).star (*23) Ein aktuelles Projekt, das durch Social Media beworben wird, ist Lehen Lebt, das im Salzburger Stadtteil Lehen, in dem sehr viele migrantische Familien leben, durchgeführt wird. Dazu wurde der Hashtag #lehenlebt kreiert, über den Bilder von Workshops geteilt werden.

Den Aspekt der Ermächtigung durch Social Media betont auch das Künstler*innenduo EsRap (Esra und Enes Özmen), das regelmäßige Rap-Workshops für marginalisierte Jugendliche veranstaltet. Esra Özmen sieht darin eine Vorbildfunktion für marginalisierte Personen, die in der eigenen kulturellen Produktion ermächtigt werden, indem sie sehen, dass dies auch aus marginalisierten Positionen heraus möglich ist (vgl. Interview mit EsRap in dieser Ausgabe). Enes Özmen erklärt, dass Social Media unabhängig von Institutionen niederschwellige Möglichkeiten bietet, eigene Inhalte einem großen Publikum zu präsentieren und ergänzt, dass dort „nicht nur Privilegierte gut abschneiden, sondern auch die normale Arbeiterklasse“ (ebd.).

Als eine der größten Hürden für migrantische Kunst- und Kulturschaffende hat sich die weiße*6 *(6) Prägung von Kunst- und Kulturinstitutionen und der damit verbundene strukturelle Rassismus*7 *(7) herausgestellt (vgl. die Interviews mit EsRap sowie Lôbo/Seefranz in dieser Ausgabe). Auch wenn in den letzten Jahren ein Trend um den Begriff der Diversität in deutschsprachigen Kunst- und Kulturinstitutionen herrscht und damit vermehrt Migrant*innen bzw. BIPOC eingeladen und sichtbarer werden, wird in unseren Interviews deutlich, dass Diversität eher performt als gelebt wird (vgl. ebd.). Marissa Lôbo und Catrin Seefranz, Mitinitiator*innen von kültüř gemma!, einem Projekt zur Förderung migrantischer Kulturproduktion in Wien, heben hervor, dass Institutionen und Initiativen, die sich der Diversifizierung verschreiben, den Diversity-Bonus mitnehmen und abkassieren wollen, ohne den eigenen institutionellen Körper zu verändern (vgl. Interview mit Lôbo/Seefranz in dieser Ausgabe). Ihre Arbeit ist maßgeblich von Sara Ahmeds On being included geprägt, die schreibt:

“People of color in white organizations are treated as guests, temporary residents in someone else’s home. People of color are welcomed on condition they return that hospitality by integrating into a common organizational culture, or by ‘being’ diverse, and allowing institutions to celebrate their diversity.” (Ahmed 2012: 43)star (*1)

Lôbo und Seefranz betonen die Notwendigkeit von Interventionen, um Maßnahmen zu setzen, die mehr Nachhaltigkeit bringen, als nur gelegentlich post- oder dekoloniale Beiträge zu holen und die Künstler*innen, die diese Beiträge liefern, im Anschluss an punktuelle Veranstaltungen nicht weiter einzubeziehen. Es handelt sich dabei um eine Vereinnahmung, die strukturelle Änderungen verhindert. Auch wenn marginalisierte Personen vereinzelt aus Institutionen heraus gegen diese Diskriminierung kämpfen, geht es auch immer um den eigenen Arbeitsplatz, den viele nicht riskieren können (vgl. Interview mit Lôbo/Seefranz in dieser Ausgabe sowie Baumgartinger/Frketić 2019).star (*6)

Die Künstlerin Esra Özmen erklärt, dass die zahlreichen Einladungen, die EsRap erhält, stets Projekte mit weißen Leiter*innen sind, die die Künstler*innen mit Aussagen wie „Das ist zu migrantisch“ oder „Bitte nicht so politisch!“ in Schranken verweisen. Auch spricht das Duo davon, am Anfang seiner Musikkarriere „hin- und hergezogen“ und von außen vereinnahmt worden zu sein, indem ihnen durch weiße Institutionen stets zugeschrieben wurde, ein Kunstprojekt zu sein, das (türkische) Geschlechterrollen aufbreche. Dies war allerdings nie die Intention der Künstler*innen, die „einfach gesungen und gerappt haben“ (vgl. EsRap in dieser Ausgabe). Aufgrund solcher Vereinnahmungserfahrungen nutzt EsRap verstärkt Social Media, wobei Esra Özmen unterstreicht: „Ich brauche keine Mainstream-Medien, ich habe so viel Community!“ (Ebd.)

Bakış berichtet von Schwierigkeiten mit dem institutionellen Gefüge in Salzburg und von der Nicht-Genehmigung von langfristigen Projekten trotz seiner mehr als zehnjährigen Erfahrung und Zusammenarbeit mit Stadt und Land Salzburg. Er erläutert, dass er am Ende müde wurde, mit der Politik zu kämpfen und deshalb seine Tätigkeit nach Deutschland verlegte (vgl. Interview mit Bakış in dieser Ausgabe), was einen Brain-Drain im Kulturbereich darstellt. Aufgrund ähnlicher Erfahrungen ist es für Lôbo an der Zeit, zu schauen, was unabhängig von Staat und Institutionen möglich ist. Im Interview erläutert sie, dass die Wiener BIPOC-Community in den letzten Jahren sehr aktiv in Sozialen Medien wie Facebook war und einen antirassistischen bzw. antidiskriminatorischen Diskurs von Bilderpolitik und Performances gefördert hat. Ein Ereignis im Rahmen der Münchner Kammerspiele belegt exemplarisch, wie wirkungsvoll solche Interventionen sein können.

Im November 2018 war die Künstlerin Cana Bilir-Maier zur Diskussionsreihe Kaspar König & zum Thema „Heimat und Rechtsradikalismus“ im Rahmen der Münchner Kammerspiele eingeladen. Als Kaspar König Türken in Berlin unter anderem als „Arschlöcher“ bezeichnete, postete Cana Bilir-Maier im Anschluss an die Veranstaltung diese Erfahrung auf Facebook mit den einleitenden Worten „Most horrible talk with Kaspar König at Kammerspiele Munich“, worauf BIPOC-Künstler*innen sofort reagierten, indem sie in Social-Media-Gruppen ein Statement in Solidarität mit der Künstlerin zur Veröffentlichung vorbereiteten. We are sick of it*8 *(8) thematisiert strukturellen Rassismus in der Kunstszene und die verantwortungslose Aneignung kritischen Wissens durch Institutionen. Daraufhin thematisierten auch Mainstream-Medien wie die Süddeutsche Zeitungstar (*26) oder Die Weltstar (*25) den Rassismus in der Kunstwelt. Die Welt etwa schrieb einleitend: „Jetzt ist es geschehen. (…) Der Kunstbetrieb hat seine Rassismus-Debatte“ (ebd.). Dies zeigt, dass Social Media eine einflussreiche Plattform für Künstler*innen of Color sowie andere marginalisierte Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen sind.

Kulturelle Teilhabe im Alter in ländlichen Regionen

Wie in vielen ländlichen Regionen Europas ist auch am Land Salzburg eine unverhältnismäßige Alterung bei gleichzeitiger Abwanderung jüngerer Generationen zu beobachten (Land Salzburg 2014: 94)star (*16). Da demographische Eigenschaften geographische Räume und diese wiederum die Lebensumstände prägen, handelt es sich im Falle des Alterns in ländlichen Regionen aufgrund struktureller Defizite, vor allem im Bildungs- und Kulturbereich, um eine „doppelte Benachteiligung“ (Lauterbach-Dannenberg 2019: o.S.).star (*17) Außerdem potenzieren sich an ländlichen Orten herausfordernde Lebenswirklichkeiten von alternden Menschen. Diese sind abnehmende soziale Netzwerke, schwindende Möglichkeiten zum Generationenaustausch, eine Ausdünnung der Infrastruktur und Mobilitätsangebote, wobei Mobilität eine grundlegende Voraussetzung für soziale Teilhabe ist (ebd.).star (*17)

In Einklang damit hat sich im Zuge unserer Forschung gezeigt, dass das Thema der Mobilität insbesondere im Süden Salzburgs eine erhebliche Herausforderung darstellt. Untenstehende Landkarte veranschaulicht die ausgeprägten Verzweigungen und Täler des Bundeslandes.

Grafik 2: Quelle: https://www.salzburgerland.com/de/das-salzburgerland/ (09.07.2019)

Grafik 2: Quelle: https://www.salzburgerland.com/de/das-salzburgerland/ (09.07.2019)

Nördliche Regionen verfügen über verhältnismäßig gute, für den kulturellen Austausch förderliche Verbindungen. Richtet man den Blick jedoch in den Süden, wird das Mobilitätsproblem klar ersichtlich. Es besteht kaum Raum für die Etablierung eines übergreifenden, durch mehrere Linien erschlossenen Netzes an öffentlichen Verkehrsmitteln und -routen. Die bestehenden Verbindungen operieren abends nach ca. 19 Uhr nicht mehr, was eine Teilnahme an Veranstaltungen erheblich erschwert (vgl. Akarçeşme/Folie 2018).star (*2) Gerade in kleinen Dörfern und Gemeinden gibt es kaum kulturelle Angebote wie etwa ein Kino. Erst der nächstgrößere Ort bietet Veranstaltungen. Für Menschen mit Behinderung gibt es dabei keine barrierefreien Möglichkeiten zur Fortbewegung (vgl. Interview mit Schmerold in dieser Ausgabe). In Summe bestehen ohne Auto bzw. Führerschein kaum Möglichkeiten zur Mobilität und damit verbunden zur Teilhabe an (Kunst- und Kultur-)Veranstaltungen.

Durch Digitalisierung bestehen bereits Möglichkeiten, sowohl passiv als auch aktiv an kulturellen Veranstaltungen in Salzburg teilzunehmen. In der Praxis finden digitale Übertragungen von kulturellen Veranstaltungen am Salzburger Land bereits statt, wie etwa in einem Senior*innenwohnheim in Lofer, in dem Aufnahmen eines Bauerntheaters in Unken vorgeführt werden. Auch wenn die Aufnahmen in Sachen Ton- und Bildqualität Defizite aufweisen, sind sie für die Bewohner*innen des Senior*innenheimes eine Bereicherung, besonders für jene aus Unken. Viele unter ihnen kommen selber nicht mehr nach Unken, können in dieser Form aber an Geschehnissen an ihrem Heimatdorf teilhaben (vgl. unveröffentliches Interview mit Diana Schmiderer, 12.02.2019).star (*11) Auch der Umstand, dass die Schauspieler*innen den Senior*innen persönlich bekannt sind, schafft ein Gefühl der sozialen Nähe (ebd.).star (*11) Schmiderer, LEADER-Managerin im Pinzgauer Saalachtal, führt zudem an, dass Senior*innen auch die Übertragung traditioneller Geschehnisse ein großes Anliegen ist. Beispielsweise wäre es demnach etwas sehr Wertvolles, wenn die Messe „der eigenen Kirche“, oder Kinder mit Palmbuschen am Palmsonntag live übertragen werden könnten.

Anita Thanhofer führt in der Stadt Salzburg partizipative Kulturvermittlung durch, indem sie digitale Führungen mit der Webinar-App Zoom anbietet. Mit dem Smartphone geht sie durch Ausstellungen und wird dabei von den virtuellen Teilnehmer*innen geführt. Im Idealfall können die Urheber*innen der ausgestellten Werke an diesen Veranstaltungen teilnehmen, auch wenn sie nicht vor Ort sind. Besonders vorteilhaft ist diese Art von Führung auch für Personen, die mobilitätsbedingt nicht teilnehmen können oder aufgrund des Habitus zu schüchtern sind und durch eine unsichtbare Teilnahme per Zoom diese Erfahrung erproben können (vgl. Interview mit Young Krillin in dieser Ausgabe und unveröffentliches Interview mit Anita Thanhofer, 04.06.2019).star (*27)

Diese Beispiele zeigen, dass in Salzburg punktuell bereits mit digitalen Möglichkeiten experimentiert wird. Allerdings braucht es langfristig angelegte Programme, um ältere Personen Grundlagen der Nutzung von Computern, Smartphones und Internet zu lehren und sie zur Autonomie in diesem Bereich zu ermächtigen. Ein Beispiel aus Perth, Australien zeigt, wie ältere (migrantische) Personen eine Zunahme an Autonomie, Partizipation, Würde und Information erfahren, wenn sie mit passenden Methoden Internetnutzung erlernen.

The Internet Café (vgl. Millard et al. 2018: 144-148)star (*18) ist ein von NGOs initiiertes Projekt in Perth, Australien, in dem ältere Migrant*innen Digital Literacy Skills erlernen. Die Initiative hat nicht nur die Unterstützung zum gesellschaftlichen Engagement (Civic Engagement) und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im Alter zum Ziel, sondern auch die Förderung von Gesundheit, Vitalität und Lebensqualität älterer Personen. Die Teilnehmer*innen haben einerseits gemeinsam, dass sie sich weit weg von ihren Geburtsorten befinden und andererseits durch die verstärkte Mobilität ihrer Kinder von diesen räumlich entfernt sind. Gleichzeitig haben sie kaum bis keine Erfahrungen mit digitalen Kommunikationstechnologien. Statt eines formalen Vermittlungsformates, womit die Initiator*innen zu Beginn keine Erfolge verzeichnen konnten, wird auf soziales Lernen gesetzt, im Zuge dessen Teilnehmer*innen in ständigem Kontakt und Austausch miteinander stehen sowie von einer intensiven Betreuung vor ihren jeweiligen Geräten profitieren. Im Gegensatz dazu schürten formale Formate Ängste, Überforderung und Ohnmachtsgefühle (vgl. Millard et al 2018: 146).star (*18) Die Initiator*innen haben eine Methode entwickelt, die das Schamgefühl sowie Gefühle der Unfähigkeit oder Inkompetenz obsolet machen, indem Teilnehmer*innen ihre persönlichen Ziele mit den Leiter*innen teilen und auf dem Weg dahin diskret gefördert und begleitet werden. So wird gewährleistet, dass jede Person in ihrem eigenen Tempo und im Einklang mit ihren eigenen Bedürfnissen lernt. Typischerweise sitzen Teilnehmer*innen in Gruppen von zwei bis vier Personen und unterstützen sich gegenseitig. Mit steigender Erfahrung und Selbstvertrauen beginnen die Gruppen, mit Funktionen und Programmen zu experimentieren. Besonders mit Social Media-Plattformen funktioniert dies gut, die von den Teilnehmer*innen insbesondere zur Pflege familiärer und sozialer Kontakte gerne genutzt werden, sodass vor allem intergenerationaler Austausch gefördert wird. Wenn Teilnehmer*innen aufgrund von Krankheit verhindert sind, kommt es öfter vor, dass sie per Skype teilnehmen – zumindest jene, die die technischen Möglichkeiten in ihrer Wohnsituation haben.

Eine wichtige Motivation für das Erlernen digitaler Skills ist die Erledigung von Einkäufen und Bankgeschäften, da es die Teilnehmer*innen erheblich von externer Hilfe unabhängig macht. In Bezug auf Kunst und Kultur werden etwa lang ersehnte kulturelle Produktionen über YouTube oder Google gefunden. Eine Teilnehmerin konnte ihre unveröffentlichten Gedichte in Foren teilen und online an literarischen Diskussionen teilnehmen. Auch nutzen die Teilnehmer*innen YouTube, um mithilfe von Video-Anleitungen Yoga- und Körperübungen durchzuführen. Ein unerwarteter Nebeneffekt der neu errungenen Skills ist die Gelegenheit zur Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit. Während manchmal schottische Volksmusik in den Räumlichkeiten ertönt, zeigen andere Teilnehmer*innen ihren Kolleg*innen für sie emotional relevante Orte über Google Maps. Zusätzlich wird eine Intensivierung der Kommunikation der Großeltern- mit der Enkelgeneration festgestellt, was wiederum einen Anschubeffekt bei der Geschwindigkeit des Erlernens der digitalen Skills zur Folge hat. Forscher*innen, die dieses Projekt wissenschaftlich begleiteten, halten ebenso fest, dass das Internet Café nicht lediglich aufgrund des Erlernens digitaler Skills gerne aufgesucht wird, sondern auch, weil es als kollektiver Raum des Lernens, sozialer Zugehörigkeit, des gegenseitigen Respekts und der Ermächtigung erlebt wird (ebd).star (*18)

Die zu Beginn erwähnten strukturellen Defizite für kulturelle Teilhabe älterer Personen in ländlichen Regionen – abnehmende soziale Netzwerke, schwindende Möglichkeiten zum Generationenaustausch und Mobilitätsprobleme – können durch das Erlernen digitaler Skills zu einem relevanten Teil abgefedert werden. Zu beachten ist dabei, dass bei Bedarf auch Tastaturen mit dem jeweiligen Alphabet der Teilnehmer*innen zur Verfügung gestellt werden.

 

Resümee

In unserer Forschung zeigt sich insgesamt, dass Digitalisierung und besonders Social Media eine Schlüsselrolle darin spielen, durch strukturelle bzw. institutionelle Ausschlüsse in Kunst- und Kultursphären zu navigieren. In Bezug auf Migration bedeuten digitale Mittel und Social Media Zugang zu Jugendlichen einerseits und ihre Ermächtigung zur eigenen Produktion durch die Vorbildfunktion von bereits auf Social Media aktiven migrantischen Künstler*innen andererseits. Zudem nutzen migrantische Künstler*innen Social Media, um institutionelle Vereinnahmung und Gate-Keeping zu umschiffen sowie vernetzt gegen diese Hegemonien und strukturellen Rassismus zu protestieren.

In Bezug auf Alter in ländlichen Regionen hingegen bedeuten digitale Mittel Zugang zu ersehnten kulturellen Produktionen bzw. die Möglichkeit des Teilens eigener Kunst- und Kulturproduktionen, verstärkte Pflege von sozialen Netzwerken, intensiven Generationenaustausch sowie Möglichkeiten zur Selbstständigkeit bei Tätigkeiten, die ohne digitale Mittel verstärkte Mobilität erfordern würden, wie etwa Einkäufe oder Bankgeschäfte.

Um breitere kulturelle Teilhabemöglichkeiten zu gewährleisten, bedeutet dies für Stadt und Land Salzburg die Notwendigkeit der Förderung von Digital-Literacy-Programmen. Dazu gehören allgemein Vermittlungsformate zu Fake News und Hate Speech für alle Zielgruppen sowie informelle Formate zum Erlernen von Basiswissen im Umgang mit Computern, sofern es sich um sogenannte Digital Immigrants handelt.

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Hierbei handelt es sich um einen Expert*innenbegriff, der auch auf Erfahrungswissen basiert (vgl. dazu u.a. Baumgartinger/Frketić 2019)

Ein besonderer Dank gilt Persson Perry Baumgartinger für seine wertvollen Kommentare bei der Verfassung dieses Artikels.

Im Gegensatz zum Web 1.0 können Nutzer*innen im Web 2.0 eigenhändig partizipieren, ohne einer Programmiersprache mächtig zu sein (vgl. Blank/ Reisdorf 2012: 545).

Der Begriff Migrant*innen wird hier mit Vorbehalt verwendet und beschreibt die selbstbenannte Kategorie BIPOC, Black and Indigenous Persons/ People of color. Die Begriffe ‚Migrant*in‘ oder ‚Person mit Migrationshintergrund‘ machen den Unterschied in den Erfahrungen zwischen weißen und nicht-weißen Migrant*innen unsichtbar. Im gesellschaftlichen Sprachgebrauch werden weiße Migrant*innen eher als Expats bezeichnet, während nicht-weißen Personen der Begriff der Migration zugeschrieben wird, auch wenn diese keine unmittelbare Migrationserfahrung haben, wie etwa Rom*nja oder Schwarze Europäer*innen (vgl. Ogette 2017).

Der Begriff weiß, klein und kursiv geschrieben, beschreibt keine Identität. Er ist ein von Schwarzen Theoretiker*innen entwickelter analytischer Begriff, „um die Architektur weißer Dominanz- und Machtverhältnisse sowie die damit verknüpfte Ausübung rassistischer Systeme und Praktiken zu beschreiben. „Schwarz“ mit einem großen S geschrieben ist eine Selbstbezeichnung von Schwarzen Personen. Sie soll als Akt des Widerstands die von rassistischen Terminologien behaftete Identität von Schwarzen Personen zurückfordern (Eggers/Kilomba/Piesche/Arndt 2005: 13).

Das Rassismusverständnis dieses Artikels geht davon aus, dass Rassismus nicht nur „von Skinheads mit Baseballschlägern praktiziert wird, sondern auch von der dauergewellten Nachbarin nebenan“ (Mysorekar 2016: 339). In anderen Worten geht es um den strukturellen Rassismus westeuropäischer Prägung, der historisch gewachsen und in unsere täglichen Abläufe eingeschrieben ist (vgl. z.B. Kilomba 2008; Kuria 2015; El-Tayeb 2016 oder Ogette 2017).

Dilara Akarçeşme ( 2019): Digitalisierung als Tool zur Navigation durch ausschließende Kunst- und Kulturwelten im Kontext von Migration & Alter. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 10 , https://www.p-art-icipate.net/digitalisierung-als-tool-zur-navigation-durch-ausschliessende-kunst-und-kulturwelten-im-kontext-von-migration-alter/