Die Jugendplattform junQ.at

oder wie mit Social Media eine aktive und frische Jugendkultur gefördert werden kann.
Interview mit Daniel Friesenecker

2011 wurde junQ.at in der Sparte „Initiative Kulturarbeit“ mit dem oberösterreichischen Landespreis ausgezeichnet. Die Jury begründete ihre Entscheidung damit, dass aktiv Gestaltungsmöglichkeiten in der Kulturarbeit wahrgenommen und aufgriffen wurden. Im Gespräch mit Siglinde Lang erläutert der Initiator der Plattform, Daniel Friesenecker, seine Motivation, den Entstehungsprozess und wie Social Media in der Jugendarbeit eingesetzt werden können.

Von 2008 bis 2011 hast du die Linzer Jugendkultur- & Medienplattform junQ.at aufgebaut und betreut sowie auch das Onlinemagazin subtext.at etabliert? Welche Ziele haben du und dein Team mit dieser Plattform verfolgt?
Die grundlegende Idee hinter junQ.at war, ein unabhängiges Jugendmagazin aufzubauen, einen Gegenpol zum Angebot parteipolitischer Jugendorganisationen zu schaffen. Wir wollten ein selbstbestimmtes Online-Medium ins Leben rufen, das Jugendliche selbst produzieren und betreuen. Und aus dieser Idee ist dann mehr als nur ein Online-Magazin entstanden; zusätzlich kamen Konzertschienen, Print-Magazine usw. hinzu. Man kann sagen, dass uns die Idee ziemlich weggaloppiert ist.

Auf welchen Standbeinen steht euer Angebot derzeit?
Derzeit gibt es die Plattform junQ.at, die ursprünglich ein Online-Magazin war. Dann das Online-Magazin subtext.at, das kostenlose Printmagazin frischluft (Auflage 5000 Stk.) und die Veranstaltungsreihe Qlash. junQ.at hat neben den Funktionen, die es als Verein und Dachorganisation bzw. Dachmarke übernimmt, auch die Aufgabe, Workshops und Schulungen anzubieten. Wir machen z.B. immer wieder Workshops zu Fotografie oder mit Journalisten. Diese finden dann ebenfalls unter der Namen junQ.at statt und nicht etwa beispielsweise als frischluft.

In eurer Selbstbeschreibung heißt es, dass ihr eine „frische, aktive Jugendkultur fördern wollt“. Was versteht ihr unter Jugendkultur und wie kann diese gefördert werden?
Meines Erachtens richtet der Fernsehsender ATV derzeit mit seinen diversen Fernsehformaten, die Jugendliche fast ausschließlich beim Feiern zeigen, ziemlich viel Schaden an. Meine Erfahrung ist hingegen, dass viele Jugendliche so gar nicht in das medial vermittelte Bild passen, das auf diesem Weg propagiert wird. Und es gibt relativ viele Jugendliche, die einfach keine Stimme bekommen. Hier setzen wir mit unserer Arbeit an. Und wenn man unsere jugendlichen Mitglieder so ansieht, die z.B. einfach Spaß daran haben, den Auftritt einer Band zu filmen und als YouTube-Video zu veröffentlichen, dann erkennt man, dass sie bei uns weit mehr Möglichkeiten bekommen. Bei uns steht eine Community dahinter, bei der sie genau die Inhalte und somit auch ihr Verständnis von Jugendkultur nach außen tragen können, das ihnen entspricht. Das ist meiner Meinung nach genau das, was der Verein leisten soll – und kann: Jene Jugendlichen aktiv zu unterstützen, die etwas nach außen zu tragen haben, und ihnen ein Medium dafür zu bieten.

Versteht ihr euch folglich als Sprachrohr für jene Aktivitäten, die bereits in der Jugendszene stattfinden, oder schafft ihr zusätzlich Impulse, die mehr Aktivitäten ermöglichen?
Einerseits bilden wir ab, was schon passiert. Andererseits entdecken viele Jugendliche über die Plattform, dass sie auch andere Talente haben. Denn es gibt jede Menge Redakteure und Redakteurinnen, die z.B. damit angefangen haben, Artikel zu verfassen, und erst später erkannt haben, dass sie eigentlich Videoschnitt viel mehr interessiert und sie gerne Videos produzieren und herzeigen möchten. Wir brauchen also einerseits aktive Jugendliche, die andere begeistern können, aber darüber hinaus fördern wir auch jene, die erst im Laufe ihres Dabei-Seins ihre Interessen entwickeln und weiter entfalten.

Ihr habt seit 2008 viele Erfahrungen im Social Media-Bereich gemacht? Was hat sich rückblickend als wesentliche Chance und was als Herausforderung herausgestellt?
Die wesentliche Chance ist generell, dass man mit geringem bzw. keinem finanziellen Aufwand eine Hörerschaft oder Community aufbauen kann bzw. Gruppierungen erreichen kann, ohne dabei über klassische Medien wie Fernsehen, Radio oder Zeitung an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Herausforderung ist – und da ist natürlich auch uns bei junQ.at einiges nicht gelungen –, dass man zu Beginn manchmal gar nicht weiß, welche Ziele man mit all den Online-Angeboten überhaupt verfolgen kann. Bei uns ist relativ viel als Experiment passiert, vieles hat gut funktioniert. Aber z.B. unsere Twitter-Accounts liegen einfach völlig brach, sie verfolgen eigentlich kein Ziel. Und genau das ist die Herausforderung: Dass man sich diese Einzelziele wirklich genau überlegt. Bei uns koexistieren vier verschiedene Marken. Da gilt es zu fragen, was will welche Marke, und was ist das übergeordnete Ziel? Wollen wir zum Beispiel einfach viele Leser gewinnen oder ist das Ziel, dass wir darüber hinaus auch Werbeeinschaltungen generieren können?

… es fehlen also übergeordnete Kommunikationskonzepte?
Genau. Das ist einfach nicht passiert. Das ist generell auch eine der aktuellen Herausforderungen.

 

Du bist auch als Berater für Social Media-Kommunikation tätig und arbeitest bei der Konzeption und Realisierung von Onlineauftritten mit Klein- und Mittelbetrieben zusammen. Was gilt es bei der Erstellung eines Social Media-Konzeptes zu beachten?
Primär muss man auf die Unternehmenskultur achten, also ob in dieser die Idee von Social Media überhaupt verankert werden kann. Bei sehr vielen Betrieben korrelieren bestehende hierarchische Strukturen kaum mit der Philosophie von bzw. hinter Social Media. Es gilt erstmals, diese bestehenden Strukturen zu hinterfragen und zu erkunden, ob eine Bereitschaft zur Veränderung besteht, aber auch welches Ziel generell mit der Integration von Social Media in die Unternehmenskommunikation erreicht werden soll. Hauptaufgabe eines Konzeptes sollte immer sein, dass das Unternehmen mit seinen Kunden auf Augenhöhe spricht, diese ernst nimmt und mit ihnen in einen authentischen Dialog tritt – und nicht primär etwas zu verkaufen versucht. Oft erübrigt sich dann die Erstellung eines Konzeptes. Der äußere Schein und das innere Sein müssen zusammenpassen.

Welche Tipps kannst du generell kleinen Initiativen im Kulturbereich für ihren Social Media-Auftritt geben?
Ich würde damit beginnen, mir einen zentralen Platz im Netz zu suchen: einen Blog, einen Twitter-Kanal oder irgendeinen anderen Onlinedienst. Ich muss regelmäßig Informationen einstellen können. Das kann auch die eigene Website sein. Ich muss mir also eine Zentrale im Netz schaffen, die meine Hauptaktivität wiederspiegelt. Dann muss ich erkunden, wo bewegen sich jene, die ich erreichen möchte. Wenn ich z.B. eine Band habe, wird die zentrale Kommunikationsstelle wahrscheinlich Facebook sein. Wenn ich aber hauptsächlich professionelle Kommunikationsarbeit betreiben möchte, ist Twitter geeigneter, da dort vor allem viele Journalisten aktiv sind. Nach genau solchen Überlegungen muss ich mir dann meine weiteren Kanäle zusammenstellen. Ich finde es zu Beginn auch ratsam, einen kleinen Geldbetrag auszugeben, um Werbung auf Facebook, Google oder anderen Seiten zu schalten. Denn damit kann ich recht gut steuern, wie schnell sich meine Plattform etabliert.

Noch ein Tipp zum Start in die Social Media-Welt?
Sobald ich eine Website oder einem Blog betreibe, sollten jene Wörter oder Stichworte, mit denen ich arbeite, stets in den Artikeln, oder besser noch im Titel stehen. So können Suchmaschinen meine Seite besser finden bzw. auch listen. Wichtig zu Beginn ist auch, nicht zuviel zu wollen. Denn die Wunschvorstellung ist oft, gleich einmal tausend Fans zu haben. Aber die brauche ich, speziell zu Beginn, gar nicht. Wenn ich einmal mit zweihundert aktiven Fans starte, die wirklich über meine Aktivitäten sprechen, dann sind diese wertvoll genug. Ich muss sie als Unterstützer meiner Arbeit sehen.

Eine letzte Frage in Richtung Zukunft: Wie könnte eine Prognose über das zukünftige Verhältnis von Online- zu Offlinemedien lauten?
Ich glaube, dass wir in den nächsten Jahren die klassische Tageszeitung, die in der Früh vor der Tür liegt, verlieren werden. Die Aufgabe der aktuellen Nachrichtenübermittlung könnte von den Onlinemedien übernommen werden. Wochen- und Fachmedien, denke ich, werden weiterhin ihren Platz in der Medienlandschaft einnehmen. Das Haptische hingegen werden wir nicht verlieren wollen. Beim Fernsehen werden wir zukünftig mehr Angebote haben. Studien zeigen schon jetzt, dass der Trend zum „second screen“ geht, sprich: Ich sitze am Abend vor meinem Rechner, schaue fern und habe nebenbei meinen Twitterkanal offen, auf dem ich mich über das laufende Programm unterhalte oder Zusatzinformationen erhalte. On- und Offlinekanäle werden immer mehr miteinander verschmelzen, Eine Unterscheidung wird gar nicht mehr so klar getroffen werden können, die Trennung von Off- und Online-Kommunikation wird aufgehoben werden. Auch bin ich der Meinung, dass zukünftig mehr Inhalte aus dem Web in das Fernsehen einfließen werden. Ob das eine Banderole ist, die unten durchs Bild läuft, oder ob neue Formate entstehen, die eine crossmediale Aufbereitung forcieren, wird sich zeigen. Durch crossmediale Formate werden wir viel zielgruppenspezifischer und zeitnäher agieren können. Dadurch werden Detailkonzepte und Recherche im Vorfeld vermehrt an Bedeutung gewinnen.

Daniel Friesenecker ist Social Media-Berater, Blogger und Podcaster. 2008 war er Mitgründer und bis Ende 2011 Vorsitzender der Linzer Jugendkultur- & Medienplattform junQ.at, die mit ihren Projekten subtext.at (Onlinemagazin), frischluft (Printmagazin) und Qlash (Konzertreihe) versucht, eine aktive, kritische Jugendkultur zu fördern. Die Plattform hat sich mittlerweile zur größten unabhängigen Jugendredaktion Oberösterreichs entwickelt und wurde 2011 mit dem kleinen Landespreis für Initiative Kulturarbeit ausgezeichnet. Im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit beim Linzer Markenbüro Brands and Friends betreut Friesenecker Unternehmen bei der Konzeption und Umsetzung ihrer Social Media-Kommunikationsstrategien mit Fokus auf authentische Markenkommunikation.

Siglinde Lang ( 2012): Die Jugendplattform junQ.at. oder wie mit Social Media eine aktive und frische Jugendkultur gefördert werden kann. Interview mit Daniel Friesenecker. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 01 , https://www.p-art-icipate.net/die-jugendplattform-junq-at-oder-wie-mit-social-media-eine-aktive-und-frische-jugendkultur-gefordert-werden-kann/