„Crazy Little Thing Called Love“

Bericht zum Workshop mit Janna Graham und Nicolas Vass

Das Symposium mit Janna Graham und Nico Vass unter dem Motto “What We  Didn’t Learn at Art School: The Politics of  Solidarity“ und der Workshop “Crazy Little Thing Called Love: The Ethics of Solidarity“ veranlassten uns TeilnehmerInnen, solidarisch etwas in unserer oft stillstehenden, ver- und beharrenden Gesellschaft zu bewegen. Neben den lehrreichen Inhalten im Symposium, welches uns anregende Beispiele zu unterschiedlichen Projekten im Themenfeld politischer Interventionen aus dem angelsächsischen Raum näherbrachte, bemerkten wir auch auf persönlicher Ebene, dass un-sere Gruppe in den zwei Tagen durch die solidarische Arbeit im Workshop zusammenwuchs. Solidarität zu zeigen, macht also glücklich! Soviel zu meinem ersten Fazit.

In der Kennenlernrunde des Workshops und im Ideenfindungsprozess wurden wir erstmals befragt, ob wir denn schon einmal politisch interveniert hatten. Die meisten kamen zu dem Schluss, dass bereits jede/r Erfahrungen mit Interventionen gemacht hat, jedoch diese Erfahrungen bis dato nicht wirklich bewusst waren und nur latent in unseren Köpfen steckten. Unsere Erfahrungen notierten wir auf mehreren Flipcharts. Anschließend versuchten wir Missstände in der Stadt Salzburg aufzudecken und Themenfelder zu erkunden, welche durch solidarische Maßnahmen verbessert werden könnten. Diese notierten wir ebenfalls auf Flipcharts und versuchten sie zu Hauptagenden zu verdichten: Die Wohnungsnot in Salzburg, die Verdrängung der einkommensärmeren Bevölkerung (bzw. bereits des Mittelstandes) an den Rand der Stadt und das Betteln stellten sich als die Hauptagenden in unserem Brainstorming-Prozess heraus. Vor allem das Auseinanderklaffen von zwei Welten erregte unsere Gemüter: Einerseits präsentiert sich die Stadt Salzburg als Bühne der Welt, die sich mit jeder Menge Sehenswertem für TouristInnen inszeniert, andererseits werden die Missstände in der Bevölkerung verdrängt, um die Stadt sauber zu halten (wie dies bspw. die fortwährende Diskussion über ein Bettelverbot zeigt).

Aufgrund dieser Erkenntnisse entwickelten wir einen Stadtplan der anderen Art. Wir bewegten uns hinaus in die Stadt und versuchten Orte zu finden, die uns ein alternatives Stadtbild liefern können. Dieser Spaziergang war sehr spannend, da wir im Kollektiv fruchtbringende Ideen vereinen konnten. Jeder und jede ging mit weit geöffneten Augen und kritischem Verstand durch die Stadt und so entstand eine alternative City-Tour durch Salzburg. Wir hielten unterschiedliche Orte mit der Fotokamera fest und setzten uns, wenn es für die Übermittlung der Botschaften nötig war, auch selbst in Szene. Wir zeigten Orte, welche ein normaler Stadtplan nicht als sehenswert bezeichnen würde. Salzburg ist jedoch eine Stadt mit verschiedenen Gesichtern und versteckten Konflikten, welche wir in unserer Stadtkarte sichtbar gemacht haben. Hier sind ein paar Orte beispielhaft erwähnt:
– Liefering – Ein Stadtteil am Rande Salzburgs ohne Kitsch und ohne Schönheits-OPs
– die Wirtschaftskammer – als Versinnbildlichung der Ökonomisierung von Bildung
– der Bahnhof – wo nicht alle Menschen das Recht haben, sich aufzuhalten
– nicht leistbare Plätze wie zum Beispiel die Getreidegasse und die Altstadt, wobei sich hier die Frage stellt, ob höhere Preise auch mehr Lebensqualität versprechen?

Die Stadtkarte ermöglicht es den BetrachterInnen, eine andere Sichtweise ganz nach dem Motto „Um klar zu sehen, genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung“ einzunehmen und ihre verinnerlichte Vorstellung des Raumes Salzburgs zu hinterfragen und neu zu ordnen. Bei einer solch großen Diversität der Menschen ist es wichtig, für Solidarität einzutreten, anderen eine Stimme zu geben bzw. noch viel wichtiger diese selbst zu ermächtigen. In diesem Sinne kann ich nur raten, einen Workshop in dieser Art und Weise wieder zu veranstalten bzw. diesen selbst zu besuchen.

Zu den Fotos vom Workshop

Nadja Hafez ( 2014): „Crazy Little Thing Called Love“. Bericht zum Workshop mit Janna Graham und Nicolas Vass. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 05 , https://www.p-art-icipate.net/crazy-little-thing-called-love/