Ein Jahr Kulturentwicklungsplan (KEP) Land Salzburg

W&K-Forum zu Bestandsaufnahme, Erfahrungen und Ausblicken

Im März 2018 wurde der Kulturentwicklungsplan des Landes Salzburg von der Landesregierung beschlossen. Wie sieht es nun – ein Jahr später – mit der Umsetzung der in einem partizipativen Prozess entwickelten Visionen, Ziele und Maßnahmen aus? Werden die Erwartungen der Salzburger Kunst- und Kulturschaffenden erfüllt? Welche Maßnahmen konnten bereits umgesetzt werden und wie schlägt sich der KEP im Kulturbudget nieder? Diesen und weiteren Fragen wurde in einem W&K-Forum*1 *(1), durchgeführt in Kooperation mit dem Dachverband Salzburger Kulturstätten und der Initiative Kulturstadt Salzburg, am 14. März 2019 im Salzburger Landestheater im Rahmen eines Kulturfrühstücks nachgegangen.

Der Gastgeber, Carl Philipp von Maldeghem vom Salzburger Landestheater, begrüßt die Gäste. Fotos: Fabian Schober

Der Gastgeber, Carl Philipp von Maldeghem vom Salzburger Landestheater, begrüßt die Gäste. Foto: Ute Brandhuber-Schmelzinger

Am Podium waren Martin Hochleitner (Salzburg Museum), Angela Glechner (SZENE Salzburg), Bashir Khordaji (Regisseur, Schauspieler, Theater bodi end sole), Diana Schmiderer (LEADER Management Saalachtal) sowie Eva Veichtlbauer (Land Salzburg). Anita Moser (Wissenschaft & Kunst) führte durch den Vormittag und ließ zu Beginn den KEP-Prozess Revue passieren.

Auf dem Podium v.li.: Anita Moser, Bashir Khordaji, Eva Veichtlbauer, Diana Schmiderer, Martin Hochleitner, Angela Glechner. Foto: Fabian Schober

Auf dem Podium v.li.: Anita Moser, Bashir Khordaji, Diana Schmiderer, Eva Veichtlbauer, Martin Hochleitner, Angela Glechner. Foto: Ute Brandhuber-Schmelzinger

Gemeinsam mit Bürger*innen, Kunst- und Kulturschaffenden sowie Politiker*innen wurde der KEP als Grundlage für das künftige kulturpolitische Handeln in einem dialogischen Prozess entwickelt. In Workshops, Diskussionen und Expert*innen-Runden arbeiteten rund 600 Personen an Leitlinien, Schwerpunkten, Visionen und Maßnahmen für Kunst und Kultur im Bundesland Salzburg. Entstanden sind so eine Richtschnur für die Politik und eine handlungsanleitende Vorgabe für die Kulturverwaltung, darüber hinaus soll der KEP Motor für kultur- und gesellschaftspolitisches Engagement sein. Zentrale inhaltliche Schwerpunkte und Ziele sind dabei die Förderung und Unterstützung von zeitgenössischer Kunst, die Ermöglichung einer breiten kulturellen Teilhabe, die Förderung kultureller Freiräume für Kinder und Jugendliche sowie inter- und transkultureller Ansätze und insbesondere auch die Stärkung der Kulturarbeit im ländlichen Raum. Der KEP enthält die Rahmenbedingungen für die Entwicklung des Kunst- und Kulturbereichs für die nächsten zehn Jahre und soll bestehende wie künftige Potenziale für künstlerische und kulturelle Leistungen im Bundesland Salzburg sichtbar machen sowie deren Entfaltung als strategisches Entwicklungsprogramm festschreiben. Wie dies in der Praxis aussieht und was davon bereits realisiert werden konnte, wurde im Kulturfrühstück offen diskutiert.

Auswirkungen des Kulturentwicklungsplans

Die erste Frage an das Podium widmete sich den Zielen und Maßnahmen aus dem KEP und welche Wirkung bzw. Veränderungen bereits spürbar sind.

Angela Glechner führt als erste erfolgreiche Maßnahme und Erfolg die Neuausrichtung des Festivals für zeitgenössische Kunst in den Regionen, ORTung, an. Eva Veichtlbauer, die verantwortliche Leiterin des KEP in der Regierung verwies auf die Verankerung innerhalb der Landesregierung und die Bedeutung des KEP als Handlungsanleitung, auch für die Budgetierung. Allerdings, wie auch später in der offenen Diskussionsrunde kritisiert wurde, findet sich der KEP nicht als eigene Position im Kulturbudget wieder. Wichtig war Veichtlbauer, dass der KEP lebendig ist und als Richtschnur für die Salzburger Kulturentwicklung dient, deren Zugkraft allerdings nur dann seine volle Wirkung erzielt, wenn er auch von der breiten Masse in der Umsetzung mitgetragen und unterstützt wird. Um die entwickelten Strategien auch umsetzen zu können, wurden in der Landesregierung ein Projektteam, eine Steuerungsgruppe und ein Projekt-Controlling eingerichtet. Hier erfolgen beispielsweise Priorisierung und Evaluierung von Projekten.

Eva Veichtlbauer. Foto: Fabian Schober

Diana Schmiderer. Foto: Ute Brandhuber-Schmelzinger

Diana Schmiderer lobte den Prozess und die Wirkung, dass Menschen dadurch miteinander zu reden beginnen, ein Austausch stattfindet und eine Annäherung von Stadt und Land Salzburg entstehe. Der Künstler Bashir Khordaji setzt große Hoffnungen in den KEP und ortet dies auch bei anderen Künstler*innen und Vereinen, denn seiner Meinung nach werden zur Zeit Künstler*innen am Land noch nicht so gut gefördert.

Martin Hochleitner sieht den Gewinn des KEP-Prozesses auch darin, dass ein neues kulturpolitisches Denken und eine gemeinschaftliche Atmosphäre entstehen. Im KEP wurden Gesellschafts- und Sozialpolitik in den Prozess eingebunden sowie Sichtbarkeit und klare, transparente Schritte in der Maßnahmenplanung, Kontrolle und Evaluierung gesetzt. Die Bedeutung zahlreicher Themen wie Inklusion und Barriereabbau wird durch den KEP verstärkt und die Zusammenarbeit zwischen Institutionen und Salzburger Regionen erhöht.

Martin Hochleitner. Foto: Fabian Schober

Martin Hochleitner. Foto: Ute Brandhuber-Schmelzinger

Herausforderungen in der Realisierung

Als Nächstes wurden die Evaluation des KEP und Herausforderungen in der Umsetzung behandelt. Eva Veichtlbauer informierte über eine breit aufgestellte Steuerungsgruppe, welche für die Evaluation verantwortlich ist. Sie unterstrich, dass es ein Prozess des Lernens und Zuhörens sei, dass nicht alles auf einmal möglich sei und das verantwortliche Team Stück für Stück an der Umsetzung arbeite. Ihr Ziel ist es, die Kunstproduktion im ländlichen Raum zu stärken und Projekte zu priorisieren, wie beispielsweise den Leitfaden für Barrierefreiheit, der sich bereits in Entwicklung befindet. Sie grenzte aber ein, dass aufgrund personeller Ressourcen gewisse Vorhaben noch nicht möglich waren, wie beispielsweise die Initiierung von Kooperationen oder Diskussionsformaten gemeinsam mit Tourismusverbänden oder eine verstärkte Kulturvernetzung.

Aus dem Publikum kamen ebenfalls viele Diskussionsbeiträge und Fragen. Foto: Fabian Schober

Aus dem Publikum kamen ebenfalls viele Diskussionsbeiträge und Fragen. Foto: Ute Brandhuber-Schmelzinger

Martin Hochleitner erklärte als Mitglied des Landeskulturbeirats, dass dieser die Umsetzung des KEP begleitet und dabei als wesentlich erachte, Maßnahmen projektorientiert zu diskutieren und nicht spartenorientiert.

Bashir Khordaji forderte mehr Unterstützung für kleine Initiativen auf dem Land, um diese weiterhin am Leben zu erhalten. Wichtig ist für ihn, mit den Leuten vor Ort Kontakt aufzunehmen, um ein positives Bild in der Gesellschaft zu erzeugen. Auch Angela Glechner beklagte, dass für darstellende Kunst (Tanz, Performance, Theater) keine Produktionsbudgets vorhanden seien und betonte, dass die Regierung verstehen müsse, dass freie Kunst- und Kulturschaffende nicht einfach happy seien, weil sie ihrer Passion nachgehen: „Kunst darf auch etwas kosten!“ Sie sieht eine Gefahr in der Selbstausbeutung von Künstler*innen und verwies auf eine Veranstaltung zu den Themen fair pay, Produktionsbudgets und ähnliche am 8. und 9. April 2019 in Wien.

Bashir Khordaji. Foto: Fabian Schober

Bashir Khordaji. Foto: Ute Brandhuber-Schmelzinger

Eva Veichtlbauer erläuterte, dass Machbares vorangestellt wurde und es wichtig sei, eine Professionalisierung im Kunst- und Kulturbereich zu erlangen: „Es braucht professionelle Strukturen“, dafür seien auch schon einige Voll- und Teilzeitstellen ermöglicht worden.

Kulturentwicklung auf dem Land

Auf die Frage der Moderatorin, wie der KEP im ländlichen Raum wahrgenommen wird und was benötigt würde, antwortete Diana Schmiderer, dass beispielsweise in Saalfelden schon viel erfolgt sei, doch kleinere ehrenamtliche Initiativen es weit schwerer haben. Hier braucht es Vernetzungsstellen und die Nutzung vorhandener Strukturen, beispielsweise in Zusammenarbeit mit LEADER-Teams. Wichtig ist ihr dabei, keine ‚Entwicklungshilfe‘ von außen zu betreiben, denn Projekte müssen aus der Region entstehen und dort wachsen, indem etwa ein Regisseur in einer Gemeinde mit den Personen vor Ort arbeitet und nicht ein ganzes Stück hineinplatziert wird. Partizipation innerhalb der Gemeinden und mit ehrenamtlichen Teilnehmer*innen und deren Vernetzung untereinander sei wichtig.

Diana Schmiderer. Foto: Fabian Schober

Eva Veichtlbauer. Foto: Ute Brandhuber-Schmelzinger

Auch dem Publikum war dieses Thema ein Anliegen und es wurde die Frage gestellt, wie man der Gefahr der „Kunstvermittlung“ mit vordefinierten Ergebniszielen entgehen kann. Man müsse sich die Frage stellen, wo das Vertrauen in zeitgenössische Kunst entstehe, welche Projekte dies bereits schaffen und erfolgreiche Initiativen als Beispiele heranziehen. Für Martin Hochleitner ist Vertrauen auch ein Schlüsselbegriff beim KEP. Jetzt sei es nötig, eine offene Kommunikation auch über die Umsetzung, Budgets und Personal zu betreiben. Einige Teilnehmer verwiesen darauf, dass Vertrauen erst verdient werden müsse. Eva Veichtlbauer räumte ein, dass man bei der Kommunikation landesweit besser werden müsse, um zu zeigen, was passiert – und verdeutlichte nochmals, dass die Umsetzung nur dann erfolgreich stattfinden könne, wenn auch hier wieder viele mitarbeiten und sich beteiligen. Es gebe einen konkreten Umsetzungsplan und mittelfristig wurden die Fördervereinbarungen bereits um 46 Prozent erweitert. Allerdings ist für sie die Umsetzung des KEP nicht nur eine Bringschuld.

Thomas Friedmann vom Salzburger Literaturhaus saß im Publikum. Foto: Ute Brandhuber-Schemlzinger

Thomas Friedmann vom Salzburger Literaturhaus saß im Publikum. Foto: Ute Brandhuber-Schemlzinger

Zentrale Themen und Wünsche

Abschließend wurden von Anita Moser die Themen Intensivierung der Kommunikation, Finanzierung und Transparenz in der KEP-Umsetzung als Kernthemen zusammengefasst und die Podiumsteilnehmer*innen gebeten, einen knappen Ausblick auf 2025 zu geben und ihren Wunsch an den KEP mit dem Publikum zu teilen:

Angela Glechner. Foto: Fabian Schober

Angela Glechner. Foto: Ute Brandhuber-Schmelzinger

Angela Glechner wünscht sich, dass es mit dem KEP weitergeht und es 2025 bereits einen neuen gibt. Martin Hochleitner erwartet die Entstehung eines weiten Kulturentwicklungsbegriffs durch den KEP, den es in den kommenden Jahren zu vermitteln gilt. Bashir Khordaji appelliert an alle: „Lebt den KEP!“ 2025 sollte er weitergekommen und mutig sein sowie Mut machen. Khordaji hofft, dass der KEP die Gemeinden ins Boot geholt und Breitenwirkung erzielt hat sowie den Kulturbegriff mit Leben befüllt hat. Sein Wunsch: „Miteinander kommunizieren auf Augenhöhe!“ Diana Schmiderer wünscht sich ein kulturelles Selbstverständnis, die Einbeziehung von Regionalentwicklungsthemen und eine gemeinschaftliche Umsetzung des KEP. Eva Veichtlbauer streicht die Bedeutung von Kunst und Kultur für die Gesellschaft heraus und erhofft sich die Weiterführung von Kulturentwicklungsplänen.

Der Raum im Landestheater wurde beinahe zu klein. Foto: Ute Brandhuber-Schmelzinger

Der Raum im Landestheater wurde beinahe zu klein. Foto: Ute Brandhuber-Schmelzinger

Wünschenswert ist darüber hinaus, dass die zentralen Kriterien der Erarbeitung des Kulturentwicklungsplans – wie politische Verantwortung und Gestaltungwille, Nachhaltigkeit, Transparenz und Partizipation – auch zukünftig angewendet werden, damit die Förderung und Unterstützung von Kunst und Kultur wie eine vernetzte Denk- und Handlungsweise erfolgen. Zu hoffen gilt es, dass die Visionen des KEP Realität werden und eine gemeinsame, lebendige und nachhaltige Kulturentwicklung in den kommenden zehn Jahren stattfindet, die sich stets kritisch hinterfragt und erneuert: für ein gesellschaftliches und kulturelles Miteinander in einer offenen wertschätzenden Umgebung.

Als Folgeveranstaltung an das W&K-Forum zum Auftakt des KEP-Prozesses im November 2016.

Anita Bruckschlögl ( 2019): Ein Jahr Kulturentwicklungsplan (KEP) Land Salzburg. W&K-Forum zu Bestandsaufnahme, Erfahrungen und Ausblicken. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 10 , https://www.p-art-icipate.net/ein-jahr-kulturentwicklungsplan-kep-land-salzburg/