Können wir es „Zusammenarbeit“ nennen?
„Arbeiten an der Öffentlichkeit“, das bedeutet also eine dominante Öffentlichkeit zu kritisieren und zu bearbeiten, um sie schließlich zu verändern. Andererseits verweist der Titel unserer immer noch andauernden Projektreihe Arbeiten an der Öffentlichkeit aber auch auf das öffentliche Sicht- und Hörbarmachen von möglichst egalitären Zusammenarbeiten zwischen MigrantInnen und Mehrheitsangehörigen in einem Kunstprojekt im öffentlichen Raum. Eine solche öffentliche Repräsentation des „gemeinsamen“ Tuns erfordert zuallererst ein selbstkritisches Nachdenken über Formen von „Zusammenarbeit“, wie Luzenir Caixeta von maiz in einem provokanten Statement bereits am Anfang des ersten Projektes mit Klub Zwei – einer Plakatserie und einem Video mit dem Titel Arbeit an der Öffentlichkeit – im Jahr 2000 formulierte. „Man kann nicht einfach von ,Zusammenarbeit‘ sprechen“, sagte sie damals, wenn die Bedingungen dieser „Zusammenarbeit“ bereits vorgegeben sind und auf unhinterfragten asymmetrischen Macht- und Herrschaftsstrukturen gründen, die im beschönigenden Gerede von „gemeinsam“ und „zusammen“ ausgeblendet und dadurch ungebrochen reproduziert werden. Luzenir Caixeta nahm damit vorweg, was sich heute, vierzehn Jahre später, als das Grundproblem der sogenannten „partizipativen Kunst“ erweist: In jenen Kooperationen von politisch ungleichen und gesellschaftlich asymmetrisch positionierten AkteurInnen geht es meist nur um eine Repräsentation im ersten Sinn des Wortes: Ein Darstellen von Minorisierten, nicht aber um die zweite Bedeutung, ein Vertreten-Sein im Sinne politischer Teilhabe entsprechend ihrer realen Anwesenheit in der Gesellschaft.
Was heißt „künstlerische“ Interventionen?
Der Begriff der Intervention bereitet leichtes Unbehagen und es stellt sich die Frage, was er, mit dem Attribut des Künstlerischen versehen, für die Praxis von Klub Zwei, die sich als politische versteht, bedeutet. Jean Luc Godard (1981) (*4) hat einmal dafür plädiert, Filme zu realisieren, „die politisch gemacht sind“, und keine „politischen Filme“. So verstehen auch wir unsere künstlerische Praxis. Als eine Praxis, die ihre strukturellen Bedingungen reflektiert und die Bilder und Begriffe, mit denen gearbeitet wird, auf ihre dominanten politischen Bedeutungen untersucht, um diese zu irritieren und in ein Anderswo zu verschieben. Vielleicht würden wir also lieber von Verschiebungen und Unterbrechungen reden, als von Interventionen, mit denen wir eine konventionalisierte Machtposition verbinden. Wer kann intervenieren? Und von wo aus? Intervenieren können AkteurInnen, die gehört und gesehen werden. Die legitimiert sind zu handeln. „Der Minister interveniert.“ „Der Künstler interveniert.“ Gehört und gesehen werden also im Allgemeinen AkteurInnen, deren Artikulationen die Dominanzgesellschaft Bedeutung und Wert beimisst. Besser gefallen würde uns: „Der Migrant interveniert“ oder „Die Migrantin interveniert“. Was wäre dann die konventionalisierte Machtposition, von der aus sie intervenieren würden? Solche Machtpositionen zu denken und herzustellen ist für eine zukünftige egalitäre, nicht-hierarchische Gesellschaft grundlegend.
Anders betrachtet könnte man auch sagen, maiz hat in die Arbeit von Klub Zwei „interveniert“. Unsere Zusammenarbeit wird auf Basis dieser Interventionen immer wieder hinterfragt und neu ausgehandelt. Außerdem hat maiz zunehmend auch in das Kunstfeld als solches „interveniert“ und politische Positionen in diesem Feld „erobert“. Mittlerweile lädt maiz Klub Zwei zur Mitarbeit bei Kunstprojekten wie etwa zum Projekt Terra Secura beim Festival der Regionen 2007 ein, während es sich im Jahr 2000 noch umgekehrt verhielt. Durch die Appropriation und Performation des Künstlerischen für die Arbeit von maiz, durch die öffentliche Sichtbarmachung radikalen „Eigensinns“ im künstlerischen und politischen Feld, durch das Künstlerinnen-Werden und Agieren als Künstlerinnen*2 *(2) hat maiz sich eine gewisse Machtposition geschaffen, von der aus interveniert werden kann – und die von offizieller Seite (Ministerien, Galerien, Festivals, Universitäten, …) auch gehört und gesehen wird. Zum Beispiel erhielten maiz den Outstanding Artist Award des BMUKK für Frauenkultur 2012 .
Klub Zwei ( 2014): Arbeiten an der Öffentlichkeit. Radikalen „Eigensinn“ sichtbar machen. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 04 , https://www.p-art-icipate.net/arbeiten-an-der-offentlichkeit/