Arbeiten an der Öffentlichkeit

Radikalen „Eigensinn“ sichtbar machen

Warum sind wir rassistisch?

Nachdem Klub Zwei einige Projekte in Zusammenarbeit mit MigrantInnen zu den oben genannten Fragestellungen im öffentlichen Raum und in Ausstellungsräumen durchgeführt hatten, wurden wir 2006 eingeladen, im Rahmen des Programms Ortstermine der Stadt München ein Kunstprojekt im Stadtraum zu entwickeln.*3 *(3) Uns wurde vorgeschlagen, eine MigrantInnen-Organisation in München zu recherchieren und mit ihr im Rahmen des Projekts „zusammenzuarbeiten“. Wir gaben zu bedenken, dass egalitäre Zusammenarbeiten sowie deren Resultate und Veröffentlichungen von Anfang an gemeinsam geplant, ausgehandelt und entworfen werden müssen. In diesem Fall hätten wir uns jedoch in ein bereits feststehendes Konzept der KuratorInnen einpassen müssen. Daher entschieden wir uns für eine andere Herangehensweise und veranstalteten stattdessen einen Workshop mit SchülerInnen der Elly-Heuss-Realschule in München Giesing, in dem wir das Wissen, das sich Klub Zwei in den unterschiedlichen Zusammenarbeiten mit politischen MigrantInnen aneignen konnten, an die SchülerInnen weitergaben. In der Folge führten wir weitere Workshops durch, wie z.B. 2011 „Alle genießen das Recht, nicht gleich zu sein“ auf Einladung von Eva Lausegger am Borg3 in Wien, das den selbstorganisierten Widerstand der Borg3-SchülerInnen gegen die Abschiebung einer Mitschülerin reflektieren und die SchülerInnen in ihrem Engagement bestärken sollte. Oder das Projekt Work on/in (the) Public mit Studierenden der Universität Salzburg, das 2013 auf Einladung von Rosa Reitsamer und Elke Zobl im Rahmen des Symposiums Künstlerische Interventionen und Kollaboration in antirassistischen und feministischen Vermittlungsprojekten stattfand.

Anil Jain, den wir als Gast in unseren Workshop in München eingeladen hatten, stellte eine provokante Frage an die SchülerInnen: „Warum seid ihr rassistisch?“ Jede/r der SchülerInnen sollte schriftlich begründen, warum sie oder er eine Rassistin, ein Rassist ist und in welcher Weise sie oder er rassistisch agiert. Nach einer kontroversiellen Debatte über die Übung und die Begründungen (bzw. auch Verweigerungen) stellten die SchülerInnen in Gruppen rassistische Situationen nach und fotografierten sich in diesen Situationen. In der anschließenden Diskussion über die entstandenen Fotos entwickelten die SchülerInnen Fragen zu den dargestellten Problematiken, die direkt an mögliche BetrachterInnen der Fotos gerichtet waren. Ergebnis des Workshops in München war eine Kampagne für den öffentlichen Raum, die aus einer Postkartenserie, einem Plakat und einer Serie von Transparenten bestand. Die von den SchülerInnen entwickelten Slogans waren z.B. folgende: „Ist Rassismus angeboren?“, „Ist Zukunft angeboren?“, „Ist München angeboren?“

Plakat, Klub Zwei und SchülerInnen der Elly-Heuss-Realschule München, 2006

Plakat, Klub Zwei und SchülerInnen der Elly-Heuss-Realschule München, 2006

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Auerbach, Anthony (2005): „Hallo Wien“, Wien . Online unter http://aauerbach.info/research/urban/hallo_wien.html

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Fanon, Frantz (1985): Schwarze Haut, weiße Masken, aus dem Französischen von Eva Moldenhauer. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

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Fraser, Nancy (1992): Rethinking the Public Sphere: A Contribution to a Critique of Actually Existing Democracy. In: Calhoun, Craig (Hg.): Habermas and the Public Sphere, Cambridge, Mass. / London. Siehe auch: http://eipcp.net/transversal/0605/fraser/de

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Godard, Jean Luc (1981):, Liebe Arbeit Kino: Rette sich wer kann (das Leben), Berlin: Merve Verlag.

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Gutiérrez Rodríguez, Encarnación (2000): Seiltänzerinnen und Jongleurinnen. Antirassistische Öffentlichkeit von Frauen im Kontext von Diaspora, Exil und Migration. In: Marth, Gabriele/Schmeiser, Jo (Hg.): Antirassistische Öffentlichkeiten. Feministische Perspektiven, Vor der Information Nr. 99/00, Wien 2000; Siehe: http://www.no-racism.net/literatur/15#03

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Gutiérrez Rodríguez, Encarnación, und Steyerl, Hito (Hg.) (2012): Spricht die Subalterne deutsch? Migration und postkoloniale Kritik. Münster: Unrast Verlag.

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Jain, Anil (2012): Differenzen der Differenz – Umbrüche in der Landschaft der Alterität.n: Gutiérrez Rodríguez, Encarnación/Steyerl, Hito (Hg.): Spricht die Subalterne deutsch? Migration und postkoloniale Kritik, Münster: Unrast Verlag. Siehe: http://www.power-xs.net/jain/

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Kazeem, Belinda (2012): Ich bin viele. In: Rohlf, Sabine/Schmeiser, Jo (Hg.): Conzepte. Neue Fassungen politischen Denkens. Wien und Berlin: Online unter http://www.conzepte.org/home.php?il=50&l=deu

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Kowalska, Anna (2011): Betrachtungen zu einer Performance der dritten Art In: Rohlf, Sabine/ Schmeiser, Jo (Hg.): Conzepte. Neue Fassungen politischen Denkens, Wien und Berlin. Online unter http://www.conzepte.org/home.php?il=54&l=deu

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Klub Zwei/Bader, Simone/Schmeiser, Jo (2005): In Zusammenarbeit mit. Katalog zur Ausstellung von Klub Zwei in der Wiener Secession. Wien: Wiener Secession.

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Klub Zwei/maiz (2008):Who asks the Questions? Who is asked? In: Grzinic, Marina/Reitsamer, Rosa, (Hg.): New Feminism. World of Feminism, Queer and Networking Conditions. Wien: Löcker.

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maiz/Caixeta, Luzenir/Salgado, Rúbia: Wege durch die Öffentlichkeit. Migrantinnen entwerfen Perspektiven. In: Marth, Gabriele/ Schmeiser, Jo (Hg.): Antirassistische Öffentlichkeiten. Feministische Perspektiven, Vor der Information Nr. 99/00. Wien 2000. Online unter http://no-racism.net/literatur/15#04

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Marth, Gabriele/ Schmeiser, Jo (Hg.) (2000): Antirassistische Öffentlichkeiten. Feministische Perspektiven, Vor der Information Nr. 99/00. Wien 2000.

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Patulova, Radostina (2010): Missverstehen Sie mich richtig. In: Achola, Agnes/Bobadilla, Carla/Dimitrova, Petja/Güres, Nilbar/Sordo, Stefania Del (Hg.): Migrationsskizzen: Postkoloniale Verstrickungen, antirassistische Baustellen. Wien: Löcker.

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Reitsamer, Rosa/ Schmeiser, Jo (Hg.) (2005): Born to be white. Rassismus und Antisemitismus in der weißen Mehrheitsgesellschaft. Wien.

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Steyerl, Hito (1979): Eliminatorischer Exotismus. Besserweißi Fuck off! In: Zweite Hilfe. München:

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Tate, Shirley (2012): Die Realität des Schwarzseins: Die Psychodynamik weißer Mythen. In: Rohlf, Sabine,/Schmeiser, Jo (Hg.): Conzepte. Neue Fassungen politischen Denkens, Wien und Berlin. Online unter http://www.conzepte.org/home.php?il=93&l=deu

Wir verwenden hier, Encarnación Gutierréz Rodríguez folgend, den Begriff der politischen Migrantin, um eine  politische Positionierung zu beschreiben, die unseres Erachtens für die Herstellung einer zukünftigen egalitären Gesellschaft nach wie vor zentral ist. Klub Zwei plädieren also für ein gemeinsames Denken, Streiten und Handeln von Personen, die ihre Geschichten und gesellschaftlichen Positionen kritisch reflektieren und diese Reflexionen zum Ausgangspunkt ihrer Politiken nehmen. Dies gilt für MigrantInnen ebenso wie für Mehrheitsangehörige, wenn auch in unterschiedlicher Weise.

In der zweiten Generation von maiz-Mitarbeiterinnen gibt es politische Migrantinnen, die Kunst studiert haben bzw. als Künstlerinnen arbeiten.

„Gefährliche Kreuzungen. Die Grammatik der Toleranz“. Kuratiert von Farida Heuck, Ralf Homann und Pia Lanzinger, Colloquium: Gerald Raunig, München 2006

Siehe: www.tid.nextroom.at

Klub Zwei ( 2014): Arbeiten an der Öffentlichkeit. Radikalen „Eigensinn“ sichtbar machen. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 04 , https://www.p-art-icipate.net/arbeiten-an-der-offentlichkeit/