Culture Jamming

Ein Blick hinter das Spektakel

Détorurnement und Dérive als zentrale Einflussfaktoren

Die SituationistInnen entwickelten zwei zentrale Methoden, mit denen das Spektakel solange aufgehalten werden könne, dass ein kritischer Blick dahinter möglich werde. Beim Détournement geht es darum, Elemente aus ihrem ursprünglichen Kontext herauszulösen und neu zu kombinieren. Diese neuen Kombinationen bringen dann eine neue Beziehung zwischen den Elementen hervor, auch wenn sie ursprünglich nichts gemeinsam hatten. (Vgl. Debord/ Wolman 1989: 9star (* 8 ) und Klein 2005: 293star (* 18 )) Culture Jammer können dadurch eine Botschaft in ihre eigene Anti-Botschaft verwandeln und die Werbeindustrie mit ihren eigenen Waffen schlagen. Denn die Methode des Détournement wird von den Jammern überwiegend beim Verändern von Werbeplakaten angewandt, wenn sie Elemente der Plakate vertauschen, abändern und in neuen Kontexten zusammen setzen, um somit eine subversive Botschaft zu erzeugen.

Die zweite zentrale Methode der SituationistInnen ist das Dérive. Dies bezeichnet ein „mit der Suche nach anziehenden und abstoßenden Zeichen verbundenes Umherschweifen durch die Straßen der Stadt” (Greil 1992: 172)star (* 15 ). Mit diesem Umerschweifen werden Situationen konstruiert: „As a dériviste, you float through the city, open to whatever you come in contact with, thus exposing yourself to the whole spectrum of feelings you encounter by chance in everyday life. […] You embrace whatever you love, and in the process, you discover what it is you hate.” (Lasn 2000a: 416 f.)star (* 22 ) Charakteristisch für diese Methode ist also die Fortbewegung im urbanen Umfeld ohne Ziel. Im Kern steht die Offenheit für Neues, Erwartungsmuster werden abgelegt zu Gunsten eines subjektiven Erlebens des eigenen urbanen Umfeldes. Ein ungelenktes Umherschweifen in einer Stadt ohne Wegweiser und ohne bekannte Elemente aus der Welt des Konsums könnte, so die These, zu einer neuen Selbstfindung und zu einem neuen Erleben der Stadt führen. Das Dérive kann somit aus heutiger Sicht auch aufgefasst werden als ein Versuch der Wiederaneignung öffentlicher Räume, welche durch Konzerne und ihre Werbebotschaften vereinnahmt worden sind.

star

Arns, Inke (2002): This is not a toy war: Politischer Aktivismus in Zeiten des Internet. In: Münker, Stefan/ Roesler, Alexander (Hg.): Praxis Internet. Kulturtechniken der vernetzten Welt. Frankfurt a. Main: Suhrkamp, 37-60.

star

Baudrillard, Jean (1978): Kool Killer oder Der Aufstand der Zeichen. Berlin: Merve.

star

Behnke, Christoph (2003): Culture Jamming und Reklametechnik. Online: http://www.republicart.net/disc/artsabotage/behnke01_de.pdf, aufgerufen am 09. Juli 2012.

star

Blissett, Luther/ Brünzels, Sonja/ autonome a.f.r.i.k.a. gruppe (2001): Handbuch der Kommunikationsguerilla. 4. Auflage. Berlin; Hamburg; Göttingen: Assoziation A.

star

Conrads, Martin (2005): William S. Burroughs: Die elektronische Revolution. Cut-Ups als subversive Waffe. Online: http://www.fluter.de/de/medien/lesen/3741, aufgerufen am 09. Juli 2012.

star

Dawkins, Richard (1978): Das egoistische Gen. Berlin; Heidelberg; New York: Springer.

star

Debord, Guy (1996): Die Gesellschaft des Spektakels. Wien: Revolutionsbräuhof.

star

Debord, Guy/ Wolman, Gil J. (1989): Methods of Detournement. In: Knabb, Ken (Hg.): Situationist International Anthology. California: Bureau of Public Secrets, 8-14.

star

Dery, Mark (1993): Culture Jamming. Hacking, Slashing and Sniping in the Empire of Signs. Online: http://project.cyberpunk.ru/idb/culture_jamming.html, aufgerufen am 03. Juli 2012.

star

Duncombe, Stephen (1997): Notes from Underground. Zines and the Politics of Alternative Culture. London; New York: Verso.

star

Eco, Umberto (1987): Über Gott und die Welt. Essays und Glossen. München: DTV.

star

Eco, Umberto (1972): Einführung in die Semiotik. München: Wilhelm Fink.

star

Englert, Carina Jasmin/ Roslon, Michael (2010): Gemeinschaft für lau. Der Flashmob als kurzzeitige Form der Vergemeinschaftung. In: merz. Medien + Erziehung. Zeitschrift für Medienpädagogik, 54. Jg., Nr. 1, S. 64-68.

star

Fabo, Sabine (2008): Parasitäre Strategien. In: Richard, Birgit/ Ruhl, Alexander (Hg.): Konsum Guerilla. Widerstand gegen Massenkultur? Frankfurt; New York: campus, 69-81.

star

Greil, Marcus (1992): Lipstick Traces. Von Dada bis Punk – kulturelle Avantgarden und ihre Wege aus dem 20. Jahrhundert. Hamburg: Rogner & Bernhard.

star

Groß, Melanie (2003): Von riot grrrls, Cyberfeminismus und Kommunikationsguerilla – Postfeministische Strategien. In: Widersprüche, H. 87, 23/1, 81-91.

star

Jordan, Tim (2002): Activism! Direct Action, Hacktivism and the Future of Society. London: Reaktion Books.

star

Klein, Naomi (2005): No Logo! Der Kampf der Global Players um Marktmacht. Ein Spiel mit vielen Verlierern und wenigen Gewinnern. 2. Auflage. München: Wilhelm Goldmann: 289-319.

star

Knabb, Ken (1989) (Hg.): Situationist International Anthology. California: Bureau of Public Secrets.

star

Lasn, Kalle (2005): Culture Jamming. Die Rückeroberung der Zeichen. Freiburg: Orange press.

star

Lasn, Kalle (2000): Culture Jam. How to reverse America’s suicidal consumer binge – and why we must. New York; London; Toronto; Sydney: Harper.

star

Lasn, Kalle (2000a): Culture Jamming. In: Schor, Juliet B. / Holt, Douglas B. (Hg.): The Consumer Society Reader. New York: The New York Press, 414-432.

star

Liebl, Franz/ Düllo, Thomas/ Kiel, Martin (2005): Before and After Situationism – Before and After Cultural Studies: The Secret History of Cultural Hacking. In: Düllo, Thomas/ Liebl, Franz (Hg.): Cultural Hacking. Kunst des Strategischen Handelns. Wien: Springer, 13-46.

star

o.V. (2012): Oh, wer liegt da? In: EMMA, Frühling 2012, S. 60 f.

star

Rubenstein, Hannah (2012): The future of culture jamming. Online: http://www.washingtonpost.com/blogs/innovations/post/the-future-of-culture-jamming/2012/05/21/gIQAtw3KfU_blog.html, aufgerufen am 8. Juli 2012.

star

Ruhl, Alexander (2008): Die hohe Kunst der Streetart: Inszenierung des Urbanen im virtuellen Raum. In: Richard, Birgit/Ruhl, Alexander (Hg.): Konsum Guerilla. Widerstand gegen die Massenkultur? Frankfurt; New York: campus, 207 – 224.

Daniela Prantl ( 2012): Culture Jamming. Ein Blick hinter das Spektakel. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 01 , https://www.p-art-icipate.net/culture-jamming/