Prinzip der Verfremdung bricht konventionelle Wahrnehmungsstrukturen auf
Beiden Beispielen inhärent ist das Prinzip der Verfremdung, welches von Culture Jammern, neben dem Prinzip der Überidentifikation, häufig in ihren Arbeiten eingesetzt wird. Dabei wird versucht, „Distanz zu den herrschenden Verhältnissen zu schaffen und so deren scheinbare Natürlichkeit in Frage zu stellen” (Blisset et al. 2001: 54) (* 4 ). Die kulturelle Grammatik, also das „Regelsystem, das gesellschaftliche Beziehungen und Interaktionen strukturiert” und die „Gesamtheit der ästhetischen Codes und der Verhaltensregeln” (ebd.: 17) umfasst, wird gestört. Konsequenzen aus dieser Störung des gewohnten Ablaufes können Verwirrung, Überraschung oder Schock auf Seiten der RezipientInnen sein. Durch diese Reaktionen wird eine Distanz ermöglicht, die wiederum zulässt, einen kritischen Blick hinter das Spektakel zu werfen, die gewohnten Wahrnehmungsmuster zu durchbrechen und sich dadurch selbst ein Bild zu machen. Das Prinzip der Verfremdung oder Distanzierung funktioniert also vor allem durch die „Störung des gewohnten Ablaufs” (Groß 2003: 87) (* 16 ).
Mit ihren künstlerischen Strategien und Taktiken wollen Culture Jammer aktiv in die kulturelle Bedeutungsproduktion eingreifen und außerdem eine Verlagerung von passiven KonsumentInnen hin zu aktiven ProduzentInnen (von Kultur) erreichen. „Make your own culture and stop consuming that which is made for you!” (Duncombe 1997: 2) (* 10 ), lautet daher auch das Credo vieler Culture Jammer. Dieser DIY (Do-It-Yourself)- Gedanke ist vielen Culture Jamming -Projekten inhärent – denn politischer und / oder künstlerischer Aktivismus kann nur im Kollektiv entstehen. Alle sind aufgefordert, selbst aktiv zu werden und durch viele gezielte Angriffe „von innen heraus“ in einer Art Guerilla-Taktik eine Untergrabung der bestehenden Machtverhältnisse zu forcieren und den Kampf um Bedeutungen aufrecht zu erhalten. Culture Jammer dringen in die Welt der Medien ein und versehen die verbreiteten Botschaften immer wieder mit subversiven Bedeutungen. Mit ihren Projekten stellen Culture Jammer eine „permanente Korrektur der Perspektiven, eine laufende Überprüfung der Codes, eine ständig erneuerte Interpretation der Massenbotschaften” (Eco 1987: 155 f.) (* 11 ) sicher.
Daniela Prantl ( 2012): Culture Jamming. Ein Blick hinter das Spektakel. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 01 , https://www.p-art-icipate.net/culture-jamming/