Das Regionalmuseum als lokaler Treffpunkt und Ort mutiger, kritischer Fragen

Museumsleiterin Ingrid Weydemann spricht mit Anita Moser über die Rolle von Regionalmuseen, Beispiele kultureller Teilhabe und kulturpolitische Forderungen

„Wir brauchen Empfehlungen für die Kommunalpolitiker“

Gibt es weitere Forderungen oder konkrete Empfehlungen von Ihnen an die Kulturpolitik?

Ich glaube, am wichtigsten wäre eine Hilfestellung für AnfängerInnen, wenn sie das erste Mal einreichen. Man müsste die Menschen einladen, Projekte einzureichen, und mit ihnen gemeinsam diesen ersten Schritt machen, damit sie nicht von vornherein wegen formaler Fehler ausgeschlossen werden. Dafür braucht es aber Personal und das ist schlichtweg nicht da. Das heißt, Einsparungen beim Personal hemmen die Kreativität und künstlerische Tätigkeit eines Bundeslandes und der Menschen, die darin wohnen. Da glaube ich, wird am falschen Fleck gespart. Das zieht sich durch viele Abteilungen, nicht nur durch die Kultur.

Wir brauchen auch Empfehlungen für die Kommunalpolitiker. Ich bin im Vorstand des österreichischen Museumsbundes und dort gibt es derzeit die Empfehlung für Kommunalpolitiker, die im Kulturausschuss oder als Kultursprecher tätig sind, im Zuge eines Lehrgangs in einer Kulturinstitution, in einem Museum hinter die Kulissen zu schauen, damit sie sehen, was diese Arbeit beinhaltet. Durch die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollte auch das Verständnis für die Geldsorgen größer werden – und vielleicht wird dann mehr Geld für Kulturarbeit zur Verfügung gestellt.

Welche anderen Hürden und Schwierigkeiten sehen Sie in Bezug auf Kulturarbeit in ländlichen Räumen?

Da gibt es ein Stichwort: Ehrenamtlichkeit. Ich bin schon lange eine Verfechterin dessen, dass es hauptamtliche Mitarbeiter geben muss. Vereine sind wichtig, ehrenamtliche Mitarbeit ist wichtig, aber es gibt Muss-Aufgaben und Qualitätsstandards in der Kultur, die zu erfüllen sind und die man ehrenamtlich nicht mehr schafft. Da geht es vielfach um Ausbeutung der Menschen, der AkteurInnen, der KünstlerInnen. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden, indem man hauptamtliche MitarbeiterInnen installiert.

Wir sind gerade im Salzburger Landeskulturbeirat dabei, mit verschiedenen Institutionen in den Regionen, dem Salzburger Bildungswerk und dem Dachverband Salzburger Kulturstätten für die Regionen Kulturkoordinationsstellen aufzubauen. Dort soll man sich beraten lassen können und Know-how bekommen. Dort sollte es jemanden geben, der Marketing für mehrere Museen macht, und wo Fortbildungen stattfinden. Diese Hilfestellungen sind wichtig, damit Projektideen professionell umgesetzt werden können. Die Ehrenamtlichen könnten sich dann auf ihre Talente und Interessen konzentrieren. In den Gemeinden gibt es inzwischen schon ein Umdenken, weil die GemeindemitarbeiterInnen diese Hilfestellung nicht leisten können. Es braucht eine Mischform und daran arbeiten wir.

Es gibt bereits Beispiele im Land Salzburg, wo das funktioniert. In Mittersill gibt es für drei Museen eine hauptamtliche Mitarbeiterin. Beim internationalen Museumstag hatten diese mit ihren Programmen ganz andere Besucherzahlen als bisher. Das ist natürlich nicht das Wichtigste, aber in diesem Fall ist diese Außenwirkung ein wichtiger Faktor. Das erste Querbeet-Projekt, das in Salzburger Gemeinden umgesetzt wurde, ist ein weiteres Beispiel. Diese Gemeinden haben das Projekt inklusive Mitarbeiter oder Mitarbeiterin übernommen und gemerkt, wie gewinnbringend es für eine Region sein kann, wenn man so ein Projekt auch wirklich ernst nimmt.

Wir arbeiten daran, für alle LEADER-Regionen im Land Salzburg einen Kulturmanager zu installieren. Dafür haben wir den Namen Drehscheibe Kultur gewählt. Man muss Schnittmengen in der Infrastruktur herausarbeiten, also schauen, wo es zum Beispiel bereits Einrichtungen gibt, an die man sich anhängen könnte.

Räumlichkeiten sind auch ein wichtiges Thema am Land. Man muss sich auch einmal trauen, etwas Neues zu bauen oder ein Gebäude für Kunst und Kultur zu adaptieren. Der Mut zur Kultur ist ein wichtiger Faktor. Da rede ich jetzt nicht nur von Neumarkt, sondern auch von anderen Orten. Was könnte man schaffen, um gemeinsam Kulturräume zu eröffnen?

Die Ethischen Richtlinien für Museen des International Council of Museums (ICOM) bilden eine zentrale Grundlage der professionellen Arbeit von Museen und Museumsfachleuten. Man kann sie hier downloaden: http://icom-oesterreich.at/publikationen/icom-code-ethics (20.9.2019)

Anita Moser, Ingrid Weydemann ( 2019): Das Regionalmuseum als lokaler Treffpunkt und Ort mutiger, kritischer Fragen. Museumsleiterin Ingrid Weydemann spricht mit Anita Moser über die Rolle von Regionalmuseen, Beispiele kultureller Teilhabe und kulturpolitische Forderungen. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 10 , https://www.p-art-icipate.net/das-regionalmuseum-als-lokaler-treffpunkt-und-ort-mutiger-kritischer-fragen/