BK: Ich habe Ihre Zuordnung der Landschaft zu einem vertikalen Bildsystem im Vergleich zur Karte und dem Feld als horizontale Bildsysteme als interessant empfunden, denke jedoch, dass sich speziell die Karte durch die fortschreitende Digitalisierung extrem verändert hat. Wenn man google maps aufmacht und sofort den eigenen Standort als zentralsten Punkt auf der Karte sieht, dann ändert sich auch die Rezeption der Karte und damit die Raumwahrnehmung.
EB: Dann hat sich aber auch die Landschaft verändert. Man hat auf google maps gleich eine dreidimensionale Darstellung. Die Landschaft ist nicht mehr ein Gegenüber. Man kann den Adlerblick haben, aber gleichzeitig auch hineingehen. Da kommen verschiedene Darstellungsverfahren stärker zusammen.
BK: Ich habe mich mit dem Verhältnis von Landschaft und Feld intensiv beschäftigt, als ich letzten Sommer eine Serie von Colour Walks unternommen habe. Ich bin dabei durch landwirtschaftlich genutzte Felder in der Umgebung meines Heimatorts gegangen und habe versucht, Farben und Formen fotografisch in verschwommenen Bildern festzuhalten. Diese Bilder wurden dann kontrastierend zu einem wissenschaftlichen Vortrag präsentiert. Vom Publikum bekam ich die Rückmeldung, dass die Fotografien so wahrgenommen wurden, als gäbe es keine klar definierten Wege und als ob man sich permanent im und durch das Feld bewegen würde, währenddessen der Vortrag einem gezielten Pfad/Aufbau folgte. Der wissenschaftliche Teil entsprach somit eher einer Perspektive von außen – auf das Feld blickend, während der künstlerische Teil meine Erfahrungen im Feld widerspiegelte.
Ich muss nun noch einmal nachfragen, was macht für Sie genau den Unterschied zwischen Landschaft und Feld aus?
EB: Wenn man wie bei Barnett Newman im Farbfeld steht, dann steht man in einem Raum. Der Feldbegriff ist wirklich eher ein Raumbegriff.
BK: Wie wichtig ist der physische Raum, den man schafft, wenn man Felder zeichnet? Wie wichtig ist die Raumerfahrung? Es wird ja tatsächlich ein Raum konstruiert.
EB: Für mich ist Raum sehr wichtig. Wenn ich etwas begreifen möchte, versuche ich es mir räumlich vorzustellen. Das mache ich sehr schnell, wenn ich lese oder auch in der Lehre versuche ich abstrakte Zusammenhänge in ihrer räumlichen Dimension begreifbar zu machen. Es ist für mich eine Form der Konkretisierung.
BK: Ich beschäftige mich auch mit der Methode ‚Loci‘, einer Erinnerungstechnik.
EB: Ich hatte mich in meiner Magisterarbeit damit befasst. Es ging dabei um Fragen der Erinnerung. Man kann sich besser erinnern, wenn man Informationen mit spezifischen Orten verbindet.
BK: Sie haben vorher Barnett Newman erwähnt. In Ihrem Text beginnen Sie Ihre Abhandlung im 17. Jahrhundert und kommen bis in die 1960er Jahre. Können Sie das Thema des ‚Felder Zeichnens‘ auch in der zeitgenössischen Kunst, sagen wir im 21. Jahrhundert, festmachen?
EB: Schwierig.
Brigitte Kovacs, Elke Bippus ( 2017): Felder zeichnen als künstlerisch-wissenschaftliche Praxis. Elke Bippus im Gespräch. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 08 , https://www.p-art-icipate.net/felder-zeichnen-als-kunstlerisch-wissenschaftliche-praxis/