Friends Quartett
Ein Projekt im Rahmen von „900 Million Friends? Social Media im Kunst- & Kultursektor“ (Florian Bettel gemeinsam mit ohnetitel – Netzwerk für Theater- und Kunstprojekte)
5. Das Spiel „zu Hause“ bei IKEA. Ergebnisse und Reaktionen
Das Friends-Quartett erwartet wie beim Glücksspiel von seinen Teilnehmern einen Spieleinsatz, dementsprechend sollten sie auch einen Gewinn erhalten können. Da das Spiel in den IKEA-Schauräumen stattfand, erschien es naheliegend und auch für die Teilnahme förderlich, Gutscheine des Möbelhauses zu vergeben. Dieses Angebot war in der Tat ein Anreiz für viele, sich das Spiel anzusehen, die Regeln wurden aber von den meisten abgelehnt. Einen Freund zu löschen, war für viele ein absolutes No-Go. Die Reaktionen reichten von „nein, das mache ich nicht“, bis zu einem entsetzten „das geht doch nicht, die kenne ich doch alle“. Doch warum? Der durchschnittliche Facebook-User hat etwa 120 Freunde, aber es ist nur ein kleiner Bruchteil der Menschen, mit denen der User wirklich in regem Kontakt steht, oder deren Aktivitäten er verfolgt (vgl. Jolmes 2009: 1f. (* 17 )). Malcolm Gladwell ermittelte in einer Studie, dass jeder Mensch ungefähr 12 richtige Freunde hat, darunter werden jene Personen verstanden, die einem sehr nahe stehen und deren Verlust uns wirklich in Verzweiflung stürzen würde (vgl. Sack 2007: o.S. (* 8)). Demnach können nur etwa zehn Prozent der Kontakte wirklich zum engsten Umfeld gezählt werden, der Rest ergibt sich aus Bekannten, Bekannten von Bekannten usw. Auch Graham Smith stellte im Laufe seines Projektes fest, dass er viele „Freunde“ auf Facebook hatte, die eigentlich mehr Fremde waren. Wenn dem so ist, warum stellt es dann so ein Problem dar, eine Person zu defrienden? Liegt es daran, dass sich einige über die Anzahl der Freunde definieren, oder wollen sie niemanden verletzen? Vielleicht war aber auch die Aussicht auf einen IKEA Gutschein im Wert von 20 Euro zu wenig, für den möglichen Verlust von „Freunden“. Es gab aber auch zwei Spieler, die sich bereit erklärten, jemanden aus ihrer Liste zu löschen. Da aus den ersten drei Kontakten gewählt werden muss, die mit einem Posting auf der Startseite aufscheinen, kam es bei einem Spielteilnehmer dazu, dass er eine Person löschen musste, die er gut kannte.
Eine Überraschung war es, dass auch der zweite Spieleinsatz, den die Teilnehmer wählen konnten, nur begrenzt angenommen wurde. Für die Möglichkeit, einen 10 Euro Gutschein zu gewinnen, musste der Spieler etwas an seine Pinnwand posten. Es handelte sich dabei um Sätze mit Bezug zu IKEA, wie z.B. „ich sitze auf KIVIK“, „CYLINDER steht neben mir“ oder „Ich lehne an INGOLF“. Im Prinzip nichts, dass in irgendeiner Weise als rufschädigend einzustufen wäre, dennoch wollten es die meisten nicht tun. Postings sind auf Facebook dazu da, sich anderen mitzuteilen und es geht manchmal sogar so weit, dass alles, selbst noch so Belangloses mit allen geteilt wird (vgl. Simons 2009: o.S. (* 19 )). Die Sätze ergeben, aus dem direkten Zusammenhang mit Ikea gerissen, keinen wirklichen Sinn. Auf der Pinnwand ist es eine der vielen belanglosen Statusmeldungen, die der Facebook-Nutzer täglich zu lesen bekommt. In einer mehrfachen Wiederholung kann und soll das Statement als nervig empfunden werden, denn die Intention dahinter ist eine bewusste Produktion von Informationsmüll. Dies könnte ein Grund dafür sein, warum eine Teilnahme abgelehnt wurde. Es dürfte wohl ein unangenehmes Gefühl hervorgerufen haben, dass andere vielleicht negativ über einen denken könnten.
Birgit Ortner ( 2013): Friends Quartett. Ein Projekt im Rahmen von „900 Million Friends? Social Media im Kunst- & Kultursektor“ (Florian Bettel gemeinsam mit ohnetitel – Netzwerk für Theater- und Kunstprojekte) . In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 02 , https://www.p-art-icipate.net/friends-quartett/