Friends Quartett
Ein Projekt im Rahmen von „900 Million Friends? Social Media im Kunst- & Kultursektor“ (Florian Bettel gemeinsam mit ohnetitel – Netzwerk für Theater- und Kunstprojekte)
4.2.2. Die Spielregeln
Nach Caillois gibt es zwei Arten des Spiels: Zum einen das intuitive, unbekümmerte, das er paidia nennt, es ist durch das Prinzip des Vergnügens gleichzeitig auch der Antrieb für jedes Spiel. Diesem spontanen Spieltrieb entgegengesetzt ist ludus, die durch ein Regelwerk disziplinierte Form des Spiels (vgl. Caillois 1082: 19–21 (* 2)). In diese Kategorie fällt auch das Friends-Quartett, es basiert auf einer Spielvariante des Quartetts, dem Supertrumpf. Die Karten werden nach dem Mischen gleichmäßig an die Spieler verteilt und in einem Stapel untereinander gehalten. Die Partie beginnt der Spieler zur linken Hand des Gebers. Er darf eine Kategorie der obersten Karte nennen, z.B. die Anzahl der Freunde. Gewonnen hat jener Teilnehmer, der die geringste Anzahl hat. Dies entspricht nicht den herkömmlichen Regeln des Supertrumpfs, denn dort gewinnt die Karte mit der höchsten Punktezahl. Im Friends-Quartett zählen die niedrigsten Werte – nicht der User mit den meisten Freunden, Fotos oder Likes ist der beste, sondern das eher passive Facebook-Mitglied. Eine Abweichung bildet die Kategorie „Letztes Posting“, hier sollen die Spieler diskutieren, welches Posting für sie am besten bzw. sinnvollsten ist. Dabei dürfen die Teilnehmer nicht ihre eigene Karte bewerten, sondern nur die der anderen, der Kandidat mit den meisten Stimmen hat die Runde gewonnen. Eine Differenzierung der Richtlinien schien an dieser Stelle dahingehend sinnvoll, als die Wertung eines Posts schwieriger ist als die einer Zahl, die entweder höher oder niedriger ist. Die Diskussion bietet auch die Möglichkeit der Reflexion. Die Teilnehmer müssen sich fragen, wie eine Statusmeldung, die sie als gut bewerten, aussehen muss – soll sie informativ sein oder doch eher lustig? Davon abgesehen wird an dieser Stelle die Gelegenheit offeriert, das Spiel zu beeinflussen. Während in allen anderen Kategorien der Erfolg vom Glück abhängt, kann hier auch zu eigenen Gunsten oder zum Nachteil eines anderen strategisch agiert werden.
Der Gewinner einer Spielrunde bekommt die Spielkarten der anderen Teilnehmer und legt sie unter seine. Haben zwei oder mehr Spielteilnehmer die gleiche Zahl, legen alle Teilnehmer die Karten in die Mitte und die Spieler mit den gleichen Werten spielen eine Entscheidungsrunde. Die Kategorie wird dabei von jenem Kandidaten gewählt, der auch zuvor angesagt hat. Der Gewinner bekommt die Karten aus der Mitte und die der Entscheidungsrunde.
Nach jeder Runde müssen die Spieler, die eine Karte verloren haben, eine Aufgabe erfüllen. Jeder Spielteilnehmer muss sich am Beginn entscheiden, ob er nach einer verlorenen Runde einen seiner Facebook-Kontakte „defrienden“ oder etwas auf seiner Pinnwand posten möchte. Entscheidet sich jemand dafür, einen Freund zu löschen, muss er auf die Facebook-Startseite gehen und unter der Sortierung „Neueste Meldungen“ einen der ersten drei Kontakte, die aufscheinen „defrienden“. Dies kann kommentarlos oder begleitet von einer Verabschiedung erfolgen. Wählt der Kandidat das Posting, zieht er am Anfang des Spieles eine „Arschkarte“, auf dieser befindet sich ein Satz, den der Spieler nach jeder verlorenen Runde an seine Pinnwand posten muss. Das Spiel endet, wenn ein Teilnehmer alle Karten gewonnen hat.
Birgit Ortner ( 2013): Friends Quartett. Ein Projekt im Rahmen von „900 Million Friends? Social Media im Kunst- & Kultursektor“ (Florian Bettel gemeinsam mit ohnetitel – Netzwerk für Theater- und Kunstprojekte) . In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 02 , https://www.p-art-icipate.net/friends-quartett/