Zweite und dritte Durchführungsphase
Ob diese (für DBR-Prozesse charakteristische) Rückkoppelung an die Theoriebildung und die damit einhergehende kritische Reflexion der ersten Phase sich tatsächlich positiv auf die Praxis ausgewirkt hat, ist schwer festzustellen. Faktum ist aber, dass die im Wintersemester 2015/16 (mit einer anderen SchülerInnengruppe und teilweise von anderen KünstlerInnen) abgehaltenen Workshops bedeutend besser verliefen als jene zuvor. Die teilnehmenden Jugendlichen waren beträchtlich motivierter, engagierter und v.a. selbstständiger, den KünstlerInnen machte die Tätigkeit sichtlich mehr Spaß und auch die Endprodukte waren qualitativ um einiges hochwertiger.
Ein wichtiger Grund für diesen Fortschritt bestand in den vorteilhafteren Zugangsweisen der KünstlerInnen in Hinblick auf die zweite Forschungsfrage – jener danach, welche Lehr- und Lernformen sowie Methoden sich als zielführend für ihre Vermittlungsarbeit erweisen. Das hing beim ersten Workshop in diesem Semester damit zusammen, dass er von jenem Künstler geleitet wurde, dessen Computermusikprojekt beim Durchlauf davor scheiterte. Aus der Erfahrung heraus und eventuell auf Basis der Reflexionsgespräche mit dem Projektleiter agierte er diesmal völlig anders. Z.B. führte er seine Klangwerke nicht nur in Form von Ton- und Videobeispielen vor, sondern veranstaltete eine Liveaufführung – und das in einem Schulraum, der sich bedeutend besser als die Klasse dafür eignete. Außerdem regte er die SchülerInnen viel intensiver (und erfolgreicher) zum eigenständigen Entdecken von Klängen und zum Experimentieren damit an. Die beiden LeiterInnen des zweiten Workshops (die im weiteren Verlauf auch intensiv in die konzeptionelle Arbeit eingebunden wurden) setzten noch mehr auf explorative und selbsttätigkeitsorientierte didaktische Verfahren. Sie gaben lediglich eine Grundtechnik vor und animierten die SchülerInnen dazu, sowohl in Hinblick auf die Inhalte als auch die Umsetzung das gesamte Projekt eigenverantwortlich zu gestalten. Einer der entsprechenden Ansätze bestand darin, dass die Jugendlichen in Kleinstgruppen unter Zuhilfenahme der eigenen Smartphones selbstständig Videoaufnahmen in ihrem Stadtteil durchführten, die in das Endprodukt – ein interaktives, mithilfe einer Handy-App erstelltes Computerspiel – integriert wurden. Darin war auch eine Annäherung an die Antwort auf die dritte Forschungsfrage zu erkennen, die darauf abzielte, Möglichkeiten der Erweiterung von Handlungsräumen der Jugendlichen im schulischen Kontext zu erschließen.
In der dritten, mit einer weiteren Klasse durchgeführten Projektphase im Sommersester 2016 war jedoch (wieder) ein Abfall der Motivation und des Engagements der SchülerInnen zu beobachten. Das hatte u.a. damit zu tun, dass diesmal eine Umsetzung mit einer 7. Schulstufe versucht wurde, während die Arbeit bisher mit SchülerInnen der 8. Schulstufe stattfand. Dabei agierten die Jugendlichen bedeutend „kindlicher“, was nicht zuletzt zu einem merklichen Abfall der Motivation und des Engagements der an der Etappe beteiligten KünstlerInnen selbst führte. Als ein weiterer Grund für die Schwierigkeiten konnte der Mangel an einem Austausch zwischen allen KünstlerInnen, die im Rahmen des Vorhabens bereits Workshops abgehalten hatten, festgestellt werden. Denn die drei WorkshopleiterInnen in diesem Semester hatten (bis auf einen, der bereits in der ersten Phase ein Projekt gestaltete) kaum die Möglichkeit, vorangehende Arbeitsweisen kennen zu lernen. Das machte es ihnen z.B. unmöglich, von den positiven Erfahrungen der KollegInnen aus der zweiten Etappe des Vorhabens zu lernen und verhinderte folglich den Projektfortschritt. Das Problem ist durchaus auf der konzeptionellen Ebene angesiedelt. Denn der Projekteiter war sich von Anfang an der – in der Literatur ausführlich behandelten (vgl. z.B. Mörsch 2005: 17) (*14) – Notwendigkeit eines Austausch aller Beteiligten bei solchen Vorhaben bewusst. Aufgrund von Ressourcenknappheiten, unter denen derartige Unternehmungen meistens leiden (vgl. ebd.), hoffte er aber, mit Kosten verbundene größere Meetings vermeiden zu können. Stattdessen setze er auf – auf seinen eigenen Beobachtungen basierende und mit Projektbeispielen unterstützte – Beratungen der KünstlerInnen. Da der Plan nicht aufging, werden in Zukunft – u.a. mit Hilfe einer Budgetumschichtung – regelmäßige Treffen sämtlicher in das Vorhaben involvierter KünstlerInnen und des Obmanns von subnet sowie des Projektleiters veranstaltet. Das erste davon wurde bereits im Juni 2016 abgehalten. Dabei fand neben dem Erfahrungsaustausch ebenfalls die Besprechung möglicher Verbesserungen hinsichtlich der gesamtkonzeptionellen Ausrichtung statt, womit die KünstlerInnen auch in den Forschungsprozess eingebunden wurden.