„In einer Gesellschaft, in der sich Weltbilder schließen, muss man auf Öffnung setzen“

Sebastian Linz im Interview mit Dilara Akarçeşme

 

Bevor du nach Salzburg gekommen bist, warst du lange in Deutschland, vor allem in Bayern tätig. Kannst du aus vergleichender Perspektive beschreiben, wie du die Kulturlandschaft in Stadt und Land Salzburg erlebst?

Ich habe natürlich eher eine Salzburg-Stadt-Perspektive. Die freie Kulturszene hat ihren historischen Ursprung in der großen ARGE-Rainberg-Bewegung, die zum jetzigen Haus geführt hat. Die Geschichte der ARGEkultur ist die einer beinahe klassischen Institutionalisierungs- und Professionalisierung. Eine basisdemokratische Bewegung, die sich irgendwann zu einer Immobilie mit einer Chefetage entwickelt hat. Ein Übergang von mobil zu immobil. Am Rainberg hatte die ARGE 24.000 Quadratmeter, die alte ARGE (Kulturgelände Nonntal) hatte 1100  und wir haben 2100 Quadratmeter. Das Haus und das gesamte „Projekt“ ist insgesamt signifikant kleiner als das Ursprungsprojekt. Das heißt, der erste Institutionalisierungsschritt, also die Gründung der alten ARGE war gleichzeitig für die absolute Mehrzahl der damaligen Protestierenden ein Exklusionsmechanismus, weil sie einfach nicht hineingepasst haben. Das war gleichzeitig ein weiterer Gründungsmoment für die Salzburger Kultur. Als Resultat haben sich nämlich all diese Kulturschaffenden seit den 80er Jahren über die ganze Stadt verstreut und eigene Institutionalisierungsprozesse in Gang gesetzt. Das heißt, dass Salzburg eine stark institutionalisierte, man könnte auch fast sagen festgefahrene Kulturlandschaft hat. Das Publikum ist dahingehend auch sehr ausdifferenziert und segmentiert. Wir versuchen dem ein Stück weit entgegenzuwirken, einen anderen Kurs zu fahren, indem wir sagen, dass wir die ARGEkultur als Third Space weiterentwickeln wollen und nicht nur ein Konsumations- und Abspielhaus sein wollen. Das steht natürlich ein bisschen quer gegen die Spezialisierung.

 

Was sind deine Visionen für die Zukunft der ARGEkultur?

Wissend darum, dass es dazu viel Arbeit, Geld und bauliche Veränderungen braucht, wäre meine Vision die eines offenen Hauses, das eine inhaltliche Schärfe hat und möglichst vielen Leuten einen Ort bietet, der frei von Konsumationszwang ist. Sowohl im Gastronomie- als auch im Kulturbereich. Es soll ein Third Space sein, der eine gute Balance zwischen einem betriebswirtschaftlichen Konzept und einer Öffnung in die Stadt hat. Meine Vision wäre, die ARGEkultur als ein Haus zu etablieren, in der Gesellschaft und Stadtgesellschaft verhandelt werden.

Dilara Akarçeşme, Sebastian Linz ( 2020): „In einer Gesellschaft, in der sich Weltbilder schließen, muss man auf Öffnung setzen“. Sebastian Linz im Interview mit Dilara Akarçeşme. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 11 , https://www.p-art-icipate.net/in-einer-gesellschaft-in-der-sich-weltbilder-schliessen-muss-man-auf-oeffnung-setzen/