„It’s not a refugees’ orchestra. It’s Syrian Expat Philharmonic Orchestra“
Analyse eines Gesprächs mit dem Orchestergründer Raed Jazbeh: erste Einblicke
Die (europäische) mediale Berichterstattung über Syrien war für Raed Jazbeh ein Grund, das SEPO ins Leben zu rufen. Er möchte mit dem Orchester den medialen Syrien-Bildern von Krieg, Zerstörung und Flucht ein ‚anderes Gesicht von Syrien’ entgegensetzen. Eines, das seiner Meinung nach hierzulande (weitgehend) unbekannt ist und das er mit den Begriffen Kunst, Kultur, Musik, aber auch mit Leben, Frieden und Liebe beschreibt.
I noted that the media, the TV and radio journalists, every day say news about Syria. But all these news are about the war, about the fighting, destruction. And they don’t know […] our other face of Syria like culture, music, arts. (B2, Z.12-15) (*7)
Auffallend ist eine an dieser Stelle veränderte Intonation, wodurch der Klang der Wörter „our other face of Syria“ weicher sowie etwas leiser ausfällt und möglicherweise Jazbehs emotionale Betroffenheit zum Ausdruck bringt. Wichtig scheint es ihm in diesem Zusammenhang zu sein, speziell die syrische Kultur und Musik einem europäischen Publikum näher zu bringen, was unter anderem in seiner häufigen Verwendung des Adjektivs ‚syrisch‘ deutlich wird.
Then when we do a symphonic orchestra for the Syrian musicians and introduce our Syrian symphonic music then the world understands that we are not just war. We are also for the life, for the peace, for the love, for the culture and arts and music. (B2, Z.17-19) (*7)
Dieser Bezug des ‚Syrischen‘ zur syrischen Kultur wird in einem späteren Textabschnitt von Jazbeh explizit hergestellt. Er argumentiert das Adjektiv ‚syrisch‘ zunächst ex negativo, insofern es ihm zufolge weder eine syrische Nationalität noch syrische (Landes-) Grenzen bezeichne. Vielmehr rekurriere er damit auf die bereits mehr als 7000 Jahre alte syrische Kultur.
[…] when I say Syrian musicians or Syrian music or Syrian orchestra I don’t mean Syrian nationality and I don’t mean Syrian borders – I mean Syrian culture! (B2, Z.92-94) (*7)
Dadurch deutet Jazbeh sein Kulturverständnis implizit an, das jedoch insoweit vage bleibt, als dass es wiederum ex negativo anklingt. Es ist ihm zufolge nicht in Verbindung mit Nationalität, Grenzen und – wie er später hinzufügt – Ländern, Visa und Religion zu deuten. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Jazbeh – wie bereits dargelegt – den Begriff ‚(Syrian) Expat‘ hingegen gerade mit national-eingrenzenden Kategorien (Europa, Heimatland) argumentiert und dadurch einen Widerspruch zu dem hier von primär nationalen Kategorien abgegrenzten Kulturbegriff aufwirft. Jazbehs Kulturbegriff bedarf daher einer weiteren Untersuchung.
Magdalena Marschütz ( 2017): „It’s not a refugees’ orchestra. It’s Syrian Expat Philharmonic Orchestra“. Analyse eines Gesprächs mit dem Orchestergründer Raed Jazbeh: erste Einblicke. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 08 , https://www.p-art-icipate.net/its-not-a-refugees-orchestra-its-syrian-expat-philharmonic-orchestra/