Kultur für alle: Wozu?

Zur Karriere einer kulturpolitischen Leitformel

Schlussbemerkung: ein Fazit

Unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung zeigt sich, dass die Anlässe, die zu der Formulierung der Leitformel geführt haben, keineswegs verschwunden sind: Nach wie vor gibt es erhebliche Probleme in Bezug auf die Teilhabe. Die Geschichte ihrer Implementierung zeigt jedoch, dass möglicherweise am Anfang vorhandene Vorstellungen, es gäbe die eine Kultur, die nunmehr für alle relevant sei, falsch ist. Es sollte sich vielmehr die Erkenntnis durchsetzen, dass Kultur ein Pluralitätsbegriff ist, man also nicht von Kultur, sondern vielmehr von Kulturen reden muss. In dieser Hinsicht ist das Konzept einer Kultur für alle also nicht veraltet: Die Politik muss sich bemühen, gerade auch bei Fragen der Kulturfinanzierung diese Pluralität zu respektieren.

Einen Kritikpunkt an diesem Konzept könnte man in einer gewissen paternalistischen kulturellen Missionierung sehen. Möglicherweise spielte dies in der Anfangszeit auch eine gewisse Rolle. Doch inzwischen wird seit vielen Jahren der Aspekt der Partizipation diskutiert: Die anvisierten Nutzer/innen von Kulturangeboten sollen auch in die Gestaltung der Angebote einbezogen werden. In Gesetzen, die die Weiterbildung regeln, ist dies in Deutschland inzwischen sogar vorgeschrieben.

Nun spielt im Rahmen einer solchen Kulturpolitik auch eine entsprechende Bildungspolitik eine wichtige Rolle. Ein erweitertes Verständnis von Bildung („Bildung ist mehr als Schule und Schule ist mehr als Unterricht!“; Münchmeier 2002) nimmt alle Bildungsinstanzen in die Pflicht, gute Bildungsmöglichkeiten für alle zu schaffen. Dies betrifft die außerschulische Bildung ebenso wie die Schule oder andere Bildungsorte. Sinnvoll ist es, eine Zusammenarbeit aller Einrichtungen zu ermöglichen – etwa durch das Konzept einer kommunalen Bildungslandschaft. Denn beide Leitformeln: „Bildung für alle“ und „Kultur für alle“, haben nicht bloß dieselbe emanzipatorische Stoßrichtung, sie sind beide noch relevant und ergänzen sich.

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Max Fuchs ( 2018): Kultur für alle: Wozu?. Zur Karriere einer kulturpolitischen Leitformel . In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 09 , https://www.p-art-icipate.net/kultur-fuer-alle-wozu/