„Alle arbeiten alleine an gleichen Problemstellungen dahin“
Diana Schmiderer im Gespräch mit Dilara Akarcesme über LEADER Saalachtal und die Rolle der Vernetzung in der ländlichen Kunst- und Kulturarbeit.
Welche Maßnahmen wurden getroffen, sodass es in den nächsten Runden besser funktioniert hat?
Bei Paroli den Parolen in Unken waren beim ersten Mal kaum Anmeldungen, sodass wir gemeinsam mit Andrea Folie von Querbeet überlegt haben, dass das für Ehrenamtliche im Flüchtlingsbereich spannend wäre. Ich habe den Workshop nämlich auch selbst besucht und mir gedacht, dass ich mir so ein Angebot für die Ehrenamtlichen wünschen würde, weil sie oft in Situationen kommen, in denen sie sachliche Argumente brauchen. Oder manchmal müssen sie auch einfach lernen zu sagen: „Nein, da diskutiere ich jetzt nicht. Die Meinungen gehen zu weit auseinander. Da rege ich mich nicht auf.“ Auch das lernt man nämlich in diesem Workshop. So konnten wir Ehrenamtliche gewinnen. Wir haben außerdem recherchiert, wo es in der Gemeinde Ansprechpersonen gibt, die das weiter streuen könnten. Manchmal funktioniert so etwas auch über Elternvereine von Schulen.
Gibt es in dieser Hinsicht große Unterschiede zwischen den Gemeinden?
In manchen Gemeinden sind Menschen daran gewöhnt, Angebote zu bekommen. Manchmal gibt es auch eine*n aktiven Bildungswerkleiter*in. Solche Gemeinden unterscheiden sich deutlich von jenen, in denen Menschen nicht an Angebote gewöhnt sind oder in denen die Bibliothek nicht so bekannt ist. In solchen Fällen versuchen wir, den*die Bildungswerk- oder Bibliotheksleiter*in zu unterstützen. Hier kommt wieder die Vernetzung ins Spiel, denn alle arbeiten in ihren Zellen an gleichen Problemstellungen dahin. Diese Personen untereinander zu vernetzen, tut oft ganz gut und ist in ländlichen Regionen auch oft erfolgreich. Darin besteht eines der Erfolgsrezepte von Querbeet. Querbeet hat 2015 begonnen und damals war das aktuelle Thema die Ankunft von Geflüchteten. Das musste thematisiert werden. Die Ehrenamtlichen zu vernetzen, war dabei etwas ganz Wichtiges, also dass die Saalfeldner Ehrenamtlichen die Loferer Ehrenamtlichen kennen, sich austauschen und sich gegenseitig helfen. Das war wirklich wertvoll.
Gibt es neben Jugendlichen und Ehrenamtlichen auch andere Gruppen, die erreicht werden sollen?
Ich glaube, es gibt in allen Gemeinden einerseits alteingesessene Menschen, die immer mitreden und bei den Vereinen, etwa bei der Feuerwehr oder bei der Musikkapelle, aktiv sind und sich gegenseitig kennen. Sie sind immer dabei, wenn es um Beteiligungsprozesse geht, oft sind sie auch in der Gemeindevertretung. Andererseits gibt es viele Menschen, die nicht gesehen werden, beispielsweise mit Migrationshintergrund, schon in zweiter, dritter Generation. Sie reden nicht mit, sind nicht in diesen traditionellen Vereinen und man muss gut aufpassen, dass die Gemeinden das nicht übersehen. Sie sagen zum Thema Jugend ganz oft: „Wir haben ohnehin so eine gute Vereinsarbeit.“ Aber es gibt ganz viele Familien, deren Kinder nicht in diesen Vereinen sind. Das ist schade und da muss man aufpassen. Es gibt auch so viel Traditionelles und wenn man als Familie ein bisschen moderner oder zeitgenössischer unterwegs ist, ist man in diesen Landgemeinden oft nicht so gut aufgehoben, denn es gibt dafür relativ wenig Angebot. Allen Menschen Teilhabe zu ermöglichen, das ist ein Thema, auf das man in jeder einzelnen Gemeinde achten muss. Es ist wichtig, sie nicht zu übersehen, weil sie so still sind oder das Gefühl haben, nicht das Recht zu haben, mitzureden. Wir haben zum Beispiel in den Agenda-21-Prozessen das schöne Instrument, dass mindestens ein Teil des Prozesses aus Menschen bestehen muss, die mit einem Zufallsgenerator herausgesucht und persönlich eingeladen werden. Bei uns in St. Martin – ich bin aus St. Martin bei Lofer – sind etwa 100 Personen eingeladen worden. 40 davon sind gekommen. Dann sind ganz andere Menschen dabei, die mitreden und das ist wertvoll. Dann sind auch mehr Frauen dabei. Bei uns ist immer noch der Frauenanteil in den Gemeindevertretungen ein Thema. Am Land wird der Frauenanteil in der Politik, glaube ich, mehr thematisiert als in der Stadt. In diesem Zusammenhang gibt es das Projekt Frauen gestalten, in dessen Rahmen es einen Politiklehrgang gab.
Dilara Akarçeşme, Diana Schmiderer ( 2020): „Alle arbeiten alleine an gleichen Problemstellungen dahin“. Diana Schmiderer im Gespräch mit Dilara Akarcesme über LEADER Saalachtal und die Rolle der Vernetzung in der ländlichen Kunst- und Kulturarbeit. . In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 11 , https://www.p-art-icipate.net/leader-saalachtal/