„Lokale Kunst sollte gefördert werden wie regionale Nahrungsmittelherstellung auch.“

Ein Interview von Dilara Akarçeşme mit Young Krillin.

Was denkst du zum Thema Digitalisierung und Teilhabe? Auch in Hinblick auf virtuelle Museumsbesuche zum Beispiel?

Ich bin ein großer Fan davon. Wenn ich jetzt die Gelegenheit hätte, virtuell in einen Raum zu gehen, wäre das toll. Die Qualität entspricht mittlerweile mit 4K oder 8K ja fast der Realität. Wenn ich im Museum bin, darf ich die Exponate ohnehin nicht anfassen. Warum sollte man also die Umwelt verschmutzen und irgendwo hinreisen, wenn man diese Erfahrung auch vor Ort machen kann? Da bin ich überhaupt nicht dagegen. Ich habe auch den Eindruck, dass sehr viel verschwendet wird. Gerade diese gedruckten Infomaterialien, die überall herumhängen ‑ mir kommt vor, die wenigsten Leute nutzen das. Man könnte dafür die gegenwärtigen Formate wie Instagram oder andere Soziale Medien nutzen. Natürlich hat das nicht jeder, aber ich denke, verhältnismäßig gehen die meisten Leute gut mit so etwas um. Außer vielleicht ältere Leute, aber für sie gibt es trotzdem immer noch andere Formate, und viele benutzen Soziale Medien mittlerweile auch regelmäßig.

Heißt das, man könnte Printsachen ein bisschen reduzieren, sodass sie noch existent sind für Leute, die darauf angewiesen sind, und dafür mit neuen Medien intensiver arbeiten?

Ich denke, gerade für Menschen mit Behinderungen ist es so am einfachsten, auf Inhalte zuzugreifen. Personen, die blind sind oder Lernschwierigkeiten haben, haben meistens spezielle Software auf ihren Handys, die perfekt für sie abgestimmt sind, sodass nicht eine extra Broschüre auf dickem Papier in leichter Sprache ausgedruckt werden muss. Die meisten Leute mit Behinderungen, auch Menschen mit Lernschwierigkeiten sind sehr Handy-versiert. Ich denke, dass man mehr auf so etwas schauen muss. Man könnte vielleicht auch einmal die Bevölkerung befragen oder eine öffentliche Umfrage machen, um zu erheben, was mehr erwünscht ist und was weniger.

Wie würde kulturelle Teilhabe in Salzburg für dich aussehen, wenn das Finanzielle kein Problem beziehungsweise keine Hürde wäre?

Man muss viel lokaler arbeiten. Wenn du musikalisch ein bisschen anspruchsvoll arbeiten willst, bist du immer von jemand anderem abhängig und dieser jemand ist dann kein Salzburger. Du hast dann entweder ein Label oder einen Vertrieb irgendwo in Deutschland oder in Wien, was wiederum mit viel Reisen und Kosten verbunden ist. Es muss immer ausgelagert werden, obwohl es in Salzburg extrem viele Leute gäbe, die sehr gute Videos schneiden und Künstler sind. Es gibt Dancer, Malerinnen und Maler und Musiker. Tonstudios gibt es in Salzburg ja auch. Wäre man zum Beispiel von der Stadt oder vom Land gefördert, könnte man jeden Arbeitsschritt in Salzburg behalten. Das wäre natürlich optimal, finde ich. In Salzburg musst du immer sehr viel Glück haben und zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, um etwas auf die Beine zu stellen. Mir ist wirklich sehr oft aufgefallen, dass es sehr viele Leute in Salzburg gibt, die sehr gute Videos schneiden. Sie haben aber nicht die Gelegenheit und die Zeit, diese Arbeit zu machen.

Es gab damals die Idee von MUFA – Musikfabrik, aus der dann nie etwas geworden ist. So etwas in der Art wäre super. Ein Ort mit Probe- und Aufnahmeräumen, in die man sich kurz einmieten, beziehungsweise dort zur Verfügung gestellte Instrumente oder Video-Equipment verwenden kann. Das stelle ich mir sehr cool vor.

Ich weiß nicht, ob das zur Kultur zählt, aber ein Grillplatz in Salzburg wäre auch nice. Das kann so etwas sein wie der Volksgarten, wo man problemlos grillen könnte und wo Anrainer nicht gestört wären. Vielleicht könnte man dort sogar spielen oder musizieren.  So ein öffentlicher Ort, das wäre ganz fein.

Es wäre auch toll, wenn in Salzburg die Technik mehr genützt werden würde. So etwas wie ein virtuelles Museum wäre natürlich der Hammer. Man könnte auch Theaterstücke wie zum Beispiel vom Landestheater aufnehmen, die man sich dann on-demand ansehen kann, wenn man Zeit und Lust hat. Auch deshalb, weil man so oft gehemmt ist, in ein Theater zu gehen. Man fragt sich, was man anziehen muss, um dorthin zu gehen zum Beispiel. So könnte man es einfach mal ausprobieren, von zuhause aus ein Theaterstück anzusehen.

Also damit die Hemmschwelle geringer wird, weil man soziale Ängste hat, weil man vielleicht nicht weiß, wie man sich in einem Theater verhalten muss, oder die Codes nicht kennt?

Ja, genau, oder in einer Oper. Ich war eigentlich nie so ein Opern-Fan. Ich weiß nicht wieso, ich habe irgendwie nie einen Zugang gefunden. Letztens habe ich aber im Fernsehen etwas gesehen und auf einmal hat es mir sehr gefallen. Dann habe ich mir gedacht: „Wow, das würde ich mir gerne live anschauen.“ Ich hoffe, dass es etwas in Salzburg gibt, das leistbar ist.

Gibt es etwas, das wir noch nicht angesprochen haben?

Nein, eigentlich nicht. Wenn ich meine Gedanken noch einmal zusammenfasse, fällt die meiste Gewichtung eigentlich auf das Einbeziehen von lokalen Künstlern in öffentliche Projekte und Veranstaltungen sowie die Förderungen. Man sollte lokale Kunst fördern, wie man eben auch regionale Nahrungsmittelherstellung fördert. Dass es im Kulturaspekt auch in diese Richtung geht, wäre mein Wunsch.

Vielen Dank für das Interview!

Dilara Akarçeşme, Young Krillin ( 2019): „Lokale Kunst sollte gefördert werden wie regionale Nahrungsmittelherstellung auch.“. Ein Interview von Dilara Akarçeşme mit Young Krillin.. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 10 , https://www.p-art-icipate.net/lokale-kunst-sollte-gefoerdert-werden-wie-regionale-nahrungsmittelherstellung-auch/