Nicht wie ein UFO in einer Region landen

Andrea Hummer im Gespräch mit Anita Moser über Möglichkeiten und Grenzen kultureller Teilhabe beim Festival der Regionen

Seit 1993 findet das oberösterreichische Festival der Regionen alle zwei Jahre außerhalb städtischer Ballungsräume zu jeweils wechselnden Themen statt. Mit dem Ansatz, soziale Fragen und alltägliche Lebenswelten mit zeitgenössischer Kunst zu bearbeiten, zielt das Festival auf den Dialog zwischen der Bevölkerung vor Ort und lokalen, regionalen und internationalen Künstler*innen ab. Wie werden solche Dialoge in Gang gesetzt? Und wodurch verhindert? Andrea Hummer, seit 2018 kaufmännische Leiterin des Festivals, spricht über verschiedene Ansätze, kulturelle Teilhabe zu ermöglichen, Menschen in der Region für Kunst- und Kulturprojekte zu begeistern und in diese einzubinden. Dabei betont sie, dass ein Festival versuchen kann, breite Zugänge zu schaffen, es notgedrungen aber auch immer wieder scheitert, weil vielfach umfassendere politische Lösungen fehlen.

 

Welche Rolle kann – oder sollte – ein Format wie das Festival der Regionen in ländlichen Regionen haben?

Unser Ziel war von Anfang an, die kulturellen Initiativen am Land zu stärken. Das war die Gründungsidee des Festivals der Regionen vor etwa 26 Jahren. Wir versuchen seither, vor allem auch Gegenwartskunst und neue Kulturformate in ländliche Regionen zu bringen. Es soll auch Kunst und Kultur jenseits der traditionellen Einrichtungen und Initiativen ihren Platz finden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig festzuhalten, dass ländliche Regionen keine Wüsten sind, was Kunst und Kultur betrifft. Das ist uns bei unserer Arbeit auch immer bewusst. Kulturschaffende und Kulturinitiativen am Land leisten wertvolle Arbeit. Sie sind die kulturellen Nahversorger und bringen unter anderem neue künstlerische und kulturelle Impulse in den ländlichen Raum. Sie initiieren inhaltliche Auseinandersetzungen mit verschiedensten Themen und binden die lokale Bevölkerung ein. Am Land haben traditionelle Kunst- und Kulturvereine einen viel höheren Stellenwert als im urbanen Raum. Kulturelle Initiativen, die sich auf politische und inhaltliche Auseinandersetzungen sowie neue künstlerische Formate konzentrieren, haben es in diesem Umfeld oft schwer. Das ist eine große Herausforderung für das Festival, aber gleichzeitig unser Ziel, neue Impulse zu setzen bzw. zu verstärken.

Als Festival könnte man leicht Gefahr laufen, wie ein UFO in einer Region zu landen, wenn die – die bestehenden Ansätze und die vielfältigen kulturellen Aktivitäten vor Ort ignorierende – Devise lauten würde, Kultur in die Region bringen zu wollen. Genau das wollen wir nicht. Wir wollen das, was vor Ort ist, aufgreifen und gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung weiterentwickeln. Aber wir wollen auch Impulse von außen in die Regionen bringen.

 

„Was sind die Besonderheiten einer Region? Wo liegen besondere Bedürfnisse? Ausgehend von solchen Fragen entwickeln sich Ideen für das Thema.“

 

Das Festival findet zu jeweils unterschiedlichen Themen statt. Wie kommt ihr zu diesen?

Das jeweilige Thema hat in unterschiedlicher Intensität mit der Region zu tun. Der erste Schritt, unmittelbar nach jedem Festival, ist sich zu überlegen, wo das nächste Festival stattfinden soll. Dann beginnt eine Phase der Netzwerk- und Recherchearbeit. Was sind die Besonderheiten einer Region? Wo liegen besondere Bedürfnisse? Ausgehend von solchen Fragen entwickeln sich Ideen für das Thema. Darauf folgt ein interner Diskussionsprozess der künstlerischen Leitung mit dem Vorstand und der Geschäftsführung und anschließend wird das Thema in Zusammenarbeit mit den wichtigsten Playern vor Ort, Bürgermeistern und Initiativen, weiterentwickelt und endgültig festgelegt.

 

Anita Moser, Andrea Hummer ( 2020): Nicht wie ein UFO in einer Region landen. Andrea Hummer im Gespräch mit Anita Moser über Möglichkeiten und Grenzen kultureller Teilhabe beim Festival der Regionen. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 11 , https://www.p-art-icipate.net/nicht-wie-ein-ufo-in-einer-region-landen/