ohnetitel – netzwerk für theater und kunstprojekte

Von der Konzeption zur Realisierung

Finanzierung

Jedes der drei vorstadt vor ort-Projekte wurde im Rahmen des vom Land Salzburg initiierten Wettbewerbs Podium prämiert und konnte erst dadurch realisiert werden. Dieser Wettbewerbssieg – dreimal in Folge, bei einer jeweils neu besetzten und unabhängigen Jury – hat die Umsetzung ermöglicht. Der gewohnte Weg über die öffentlichen Förderungen wäre wohl weniger erfolgreich gewesen und scheint auch in Zukunft fragwürdig, obwohl die Reihe bereits einen besonderen Beitrag für die Stadtteilkultur von Itzling geleistet hat. Der enge Kontakt, den ohnetitel sich zur Bevölkerung (Vereinen, Institutionen und Anwohnenden) aufgebaut hat, wären beste Grundlage für weitere Projekte in und mit Itzling, für einen weiteren starken kulturellen und sozialen Impuls in einem nach wie vor vernachlässigten salzburger Stadtteil. Das für ein Projekt dieser Art grundsätzliche Prinzip des freien Eintritts wird allerdings von der öffentlichen Förderung nicht unterstützt und ist damit nur bei Sonderausschreibungen und Wettbewerben umsetzbar. Damit ist eine Fortsetzung der Reihe, obwohl bereits konzipiert, zur Zeit nicht finanzierbar.

Vorbereitung

Jedes einzelne Projekt bedarf einer zeitintensiven Vorbereitung und Konzeption, von der Erstellung des Konzepts zur Einreichung bis zur konkreten Umsetzungsphase. Der jeweilige Vorlauf hängt von der konkreten Projektidee ab. So gehörte zum Beispiel zum Grand Hotel Itzling  eine zweimonatige Recherchephase in und über Itzling, mit zahlreichen Interviews und Gesprächen mit Bewohnern. Aus diesen lebendigen Erinnerungen erhielten die mitwirkenden Filmemacher/ -innen ihre Anregungen für ihre Kurzfilme.
Zu jedem einzelnen Projekt gehören: die Neugestaltung des Geschäftslokals, die Zusammenstellung aller Mitwirkenden sowie der Entwurf des öffentlichen Auftritts – insgesamt ein Vorlauf von mindestens zwei bis drei Monaten. Die konkrete Planung, Gestaltung und Umsetzung beginnt dann ab ca. vier bis sechs Wochen vor der „Eröffnung“.

Team und Budget

Projektträger ist immer ohnetitel mit dem Kernteam von fünf Personen, wobei die künstlerische Leitung jeweils zwei Personen übernehmen, plus eine technische Leitung. Obwohl über Wettbewerb prämiert, bleiben alle Projekte im „Low-Budget-Bereich“ – bei Förderungen zwischen 14.000 Euro und 18.000 Euro (die eingereichten Budgets wurden jeweils stark gekürzt!). Alle Honorare, vor allem die des Leitungsteams, sind weit unterhalb einer dem Aufwand und der Leistung entsprechenden Höhe. Das bedeutet, dass alle Beteiligten aus persönlichen/ künstlerischen Gründen mitwirken, was alle vorstadt vor ort-Projekte auch spürbar als besondere „Herz“-Projekte auszeichnet.

Öffentlichkeit und Publikum
Die drei veranstalteten vorstadt vor ort-Projekte haben mit ihrem jeweils unterschiedlichen Schwerpunkt einen jeweils unterschiedlichen Pool an Ansprechpartner/ -innen mit sich gebracht. Im Warteraum waren es vorrangig Kunstschaffende aus Salzburg (und darüber hinaus), die in das Projekt miteinbezogen wurden, mit einem klaren Auftrag: eine wiederholbare Sequenz von ca. zehn Minuten zu entwickeln, die für das Publikum als „Wunder“ während der Wartezeit zwischen zwei Bussen erlebt werden konnte. Für vierundzwanzig Tage eine stattliche Anzahl an eigenständig mitwirkenden Künstler/ -innen/ -gruppen, die durch ihre Mitarbeit auch für einen großen Verbreitungssradius gesorgt haben.
Beim Postamt Mitzi war der Mitarbeiterstamm einerseits aus dem Bereich der „Wortexperten“ (für den Schalterdienst), andererseits aus der Bildenden Kunst (für Postshop-Artikel) – damit waren neben künstlerischen auch ganz andere Berufsfelder in das Projekt involviert, wie JournalistInnen, PhilosophInnen, BuchhändlerInnen.
Im Lauf dieser beiden ersten „Geschäfte“ entstanden zunehmend Begegnungen mit der lokalen Bevölkerung – Laufkundschaft, interessierte Vereine und Institutionen – und mit dem dritten Teil Grand Hotel Itzling – Broadway Itzling wurde der Kontakt in den Ort schließlich zu einem besonderen Bestandteil des Projekts.
Ausgehend von der Anfrage der „Kaufmannschaft Itzling“, eine Idee für die Gestaltung der leeren Schaufenster zu entwickeln, entstand das Konzept für das Hotel mit den ausgelagerten Zimmern, die Geschichte des Ortes in Filmen und Erinnerungen.
Damit war das dritte Projekt ganz nah bei den Menschen angesiedelt und wurde während der Durchführung auch mit besonders starkem Interesse, gerade von der lokalen Bevölkerung, besucht. Jeder Veranstaltungstag wurde von einem Itzlinger Stammtisch eröffnet („Damen-“ und „Herrenrunde“, Junioren, GärtnerInnen…) Im anschließenden „Hotelbetrieb“ (mit Barmusik und Service) führten sowohl der Zimmerrundgang (Führung entlang der Filme mit Audiosoundtrack) als auch das „Gästebuch“ an der Rezeption zu regem Erinnerungsaustausch.
Gerade mit diesem letzten Projekt ist eine enge Verbindung zum Ortsleben entstanden – über die Beteiligung der Geschäfte, von denen etliche ihr Schaufenster auch bei laufendem Betrieb für die abendliche Filmprojektion zur Verfügung gestellt haben, Vereine wie das ABZ Itzling oder die „Kinderfreunde Keck“, GastwirtInnen, Privatpersonen und öffentlich engagierte Persönlichkeiten Itzlings.
Eine weitere große Öffentlichkeit entstand natürlich über zahlreiche Presseberichte in Zeitung, Fernsehen und Radio, regional und überregional, sowie über eigene Werbemittel wie Postkarten, Plakate und einen für jedes Projekt speziell konzipierten Internetauftritt.
Aus der für das Postamt Mitzi gestalteten siebenteiligen Plakatreihe wurde eines mit dem ersten Preis beim Salzburger Kulturplakatpreis ausgezeichnet.

Kommunikationsprozesse

Projektplanung und -durchführung mit einem kleinen Team ohne betriebliche Infrastruktur unter den Bedingungen der freien Szene bedeutet immer eine immense Herausforderung und ein Überstrapazieren der Kräfte aller Beteiligten. Ohne die ständige Bereitschaft für kreative Lösungen bei spontanen Veränderungen undenkbar. Grundsätzlich findet die gesamte Projektplanung und -präsentation im Kernteam von ohnetitel statt, von wo aus die Fäden nach außen gespannt werden, zum erweiterten bis schließlich zum ganz großen Kreis der Beteiligten.
Die stattfindenden Kommunikationsprozesse sind dabei sehr unterschiedlich, je nach Ansprechpartner und Inhalt, eine Einbindung von anderen Personen kann von einer sehr klar eingegrenzten bis zu einer flexiblen und stark eigenverantwortlichen Struktur reichen.
Mit den künstlerisch Beteiligten werden nach Möglichkeit ein bis zwei gemeinsame Termine vor Ort organisiert, um Projekt und Ambiente ausführlich vorzustellen. Es gibt jeweils eine präzise thematische Vorgabe; für die künstlerische Umsetzung steht das Team bei Bedarf zur Verfügung, ansonsten findet keine inhaltliche Einmischung statt. Wichtig ist hier die dramaturgische Gesamtübersicht- und koordination. Die technische Planung und Einrichtung läuft parallel, unter Einbeziehung aller Kontakte innerhalb der Salzburger Veranstaltungsszene – ohne deren Unterstützung derartige Projekte finanziell nicht umsetzbar wären. Im Fall des Grand Hotels wurden für den Kontakt mit den Privatpersonen und den Kaufleuten eigene Briefe entworfen, in denen wir uns als Gruppe vorgestellt haben und unser Anliegen und die Projektidee zum Nachzulesen präsentiert wurde.

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Mandel, Birgit (2010): PR für Kunst und Kultur. Handbuch für Theorie und Praxis, 3. Aufl., Bielefeld: transcript Verlag.

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Zobl Elke/Lang, Siglinde (2012): P/ART/ICIPATE– The Matrix of Cultural Production. Künstlerische Interventionen im Spannungsfeld von zeitgenössischer Kunst, partizipativer Kulturproduktion und kulturellen Managementprozessen. Ein Werkstattbericht über ein Forschungsprojekt. In: kommunikation.medien, Ausgabe 1. Online unter: http://www.journal.kommunikation-medien.at

ohnetitel – Netzwerk für Theater- und Kunstprojekte ( 2012): ohnetitel – netzwerk für theater und kunstprojekte. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 01 , https://www.p-art-icipate.net/ohnetitel-netzwerk-fur-theater-und-kunstprojekte/