Pinpointing Workshops

2. Beispiele

AG Arbeit: Absahnen

AG Arbeit ist eine Gruppe, die sich als „heterogene Konstellation aus Aktivist_innen, Schriftsteller_innen, Bildner_innen und Künstler_innen“ beschreibt. Die Gruppe hat in Leipzig zwei Veranstaltungsreihen durchgeführt: 2011 „AbArbeit“, in mehreren (hauptsächlich) Off-Spaces im Leipziger Westen und 2012 „Absahnen – eine Qualifizierungsmaßnahme der AG Arbeit“ in der Projekt- und Hörgalerie A und V (Kunst- und Kulturraum im Leipziger Westen) und in der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig. Ein großer Teil der Veranstaltungen besteht aus Workshops in Form von experimentellen Anordnungen zur Artikulation von Sprecher_innen zu einem Thema.

Die Reihe „Absahnen“ bestand aus fünf Veranstaltungen zum Thema Arbeit als ein „Instrument gesellschaftlicher und individueller Zurichtung“*2 *( 2 ). Da ökonomische Logiken in alle Lebensbereiche eindringen, versuchen sie Zusammenhänge und unsichtbare Ausbeutungsverhältnisse aufzuspüren, sowie nach einem „subversiven Potential von Arbeit“ zu fahnden.

Der Workshop „Das bisschen Haushalt … Domestic labour – Willkommen im fünften Sektor!“ in der Reihe „Absahnen“ bestand aus einem Impulsvortrag über Sorgearbeit bzw. reproduktive Arbeit, einem Video über den radikalen Protest einer alleinstehenden Mutter und, nach Aufteilung in kleinere Runden, einer Reihe von Fragen zum Thema domestic labour, die jede_r Teilnehmer_in erst für sich auf einem Blatt Papier beantworten sollte. Gefragt wurde zum Beispiel, wann die Teilnehmenden zuletzt gegessen hatten; was und mit wem; wer es zubereitet hatte, wer und wie es finanziert worden war. Die Antworten auf die einzelnen Fragen wurden nacheinander in der Runde vorgelesen, dann wurde darüber diskutiert. Hier wird also nach Verantwortung gefragt, aber nicht auf einer abstrakten Ebene, sondern es wird versucht, ein Netz von Beziehungen und Abhängigkeiten beispielhaft am eigenen Leben herauszuarbeiten.

In einem weiteren Workshop aus der Reihe „Absahnen, Klasse Bewusstein!“ (Teil 2, Fishbowl), war das dominanteste Element ein innerer und einen äußerer Stuhlkreis, zwischen denen für den Akt des Zuhörens und dem Akt des Sprechens der Platz getauscht werden sollte, die sogenannte Fishbowl-Methode.

In den Workshop-Einladungen zur Reihe „Absahnen“ spielen AG Arbeit ironisch mit der Sprache von neoliberalen Softskill-Workshops. Die Einladung zum Serviettenfalt-Workshop lockt mit einer „Erweiterung der persönlichen Netzwerke und der Auffrischung von Kreativität und Performativität“. In den Workshop-Einladungen ist der Konflikt zwischen der ökonomisch angeeigneten, ausgebeuteten Form der Kommunikation und ihrem Potential als Quelle politischen Handelns spielerisch auf die Spitze getrieben.

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Bennett, Tony (2010): Der bürgerliche Blick. in:  von Hantelmann, Dorothea/ Meister, Carolin (Hg.). Die Ausstellung. Politik eines Rituals. Zürich, Berlin: diaphanes.

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Miessen, Markus (2012): Albtraum Partizipation. Berlin: Merve-Verlag.

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Latour, Bruno (2001): Das Parlament der Dinge: Für eine Politische Ökologie. 1. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

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Latour, Bruno (2005): Von der Realpolitik zur Dingpolitik oder Wie man Dinge öffentlich macht. Berlin: Merve.

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Schlieben, Katharina (2004): Dispositive Workshop. in: Lind, Maria (Hg.): Gesammelte Drucksachen. Spring 02 – Fall 04. Frankfurt a. M.: Revolver Verlag.

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Bhabha, Homi K. (1998): Conversational Art. In: Jacobs, Mary Jane/Brenson, Michael (Hrsg). Conversations at The Castle: Changing Audiences and Contemporary Art. Cambridge, Mass.: M.I.T. Pr.

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Doherty, Claire (Hg.) (2004): Contemporary Art: from studio to situation. London: Black Dog Publ.

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Bishop, Claire (2012): Artificial Hells. Participatory Art and the Politics of Spectatorship. London; New York: Verso.

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Virno, Paolo/Neundlinger, Klaus (2008): Grammatik Der Multitude: Öffentlichkeit, Intellekt und Arbeit als Lebensformen. Mit einem Anhang: Die Engel und der General Intellect: Individuation bei Duns Scotus und Gilbert Simondon. Wien: Turia & Kant.

Seit Ende 2012 agieren sie nun unter dem Namen Klasse Bewusstsein. http://klasse-bewusstsein.de/

Auszug aus der Veranstaltungseinladung

Eine Reflexion über den Workshop „Arbeitslose als Avantgarde“ ist nachzulesen in: Buurman, Nanne (2009): „Picknick im Palmenhain“. In: Mörsch, Carmen (Hg.): Kunstvermittlung Bd. 2. Zwischen kritischer Praxis und Dienstleistung auf der documenta 12. Zürich, Berlin: diaphanes.

Auszug aus der Veranstaltungseinladung – http://www.kdk-leipzig.de/well-connected.html

Lena Brüggemann ( 2013): Pinpointing Workshops. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 03 , https://www.p-art-icipate.net/pinpointing-workshops/