Die Stiftung FUTURZWEI: „Wie wollen wir gelebt haben?“

Wie groß ist FUTURZWEI?

 

Zuerst waren wir nur zu zweit, Harald Welzer und ich. Wir hatten die Idee und wir bauten die Stiftung gemeinsam auf. Unterstützt hat uns am Anfang ein privates Stifterehepaar. Im Laufe der Zeit hat sich das Personal verändert. Derzeit sind wir fünf Festangestellte und eine Praktikantin. Wir haben noch freie Mitarbeiter*innen und kleine Satelliten. Wir nennen sie liebevoll ‚Satelliten‘, aber es sind junge Engagierte, die uns aus anderen Städten zuarbeiten. Meist ehrenamtlich. Wir sind so froh und dankbar darüber. So kommt es auch, dass wir in der Außenwirkung größer erscheinen, als wir tatsächlich sind.

Seit zwei Jahren geben wir zusammen mit der taz ein Printmagazin heraus, das sich thematisch mit Zukunft und Politik auseinandersetzt. Es war immer ein Traum von uns, ein eigenes Medium zu haben. Deshalb war es wirklich ein Glücksfall, dass wir diese Kooperationsmöglichkeit gefunden haben, denn die gesamte Logistik und den Vertrieb einer Zeitschrift hätten wir alleine nicht geschafft. Das Magazin erscheint vierteljährlich in einer Auflage von rund 20.000 Exemplaren. Das ist eine Reichweite, über die wir uns sehr freuen.

Ein weiteres Thema, mit dem wir uns mittlerweile beschäftigen, ist das der Digitalisierung. Wir hätten uns niemals gedacht, dass das unser Beritt ist, weil bei FUTURZWEI eigentlich nicht technische Lösungen, sondern das menschliche Handeln im Mittelpunkt stehen. Es ging uns immer um Verhaltensveränderungen. Jetzt widmen wir uns sowohl auf wissenschaftlicher als auch auf journalistischer Ebene aber auch diesem Themenbereich. Das hat den Grund, dass wir festgestellt haben, dass Digitalisierung in den letzten Jahren in bestimmten Sektoren sehr euphorisch begrüßt und bejubelt wird. Aber Interdependenzen werden zu wenig diskutiert. Damit meine ich gegenseitige Beeinflussungen von gesellschaftlichen Bereichen des Sozialen und des Miteinanders, aber auch die Fragen darüber, was es bei uns als Menschen auslöst, dass immer mehr digitalisiert wird. Es wird auch zu wenig darüber diskutiert, ob wir in Zukunft wirklich alles smart und durchdigitalisiert haben wollen. Wo bleibt eigentlich der gesellschaftliche Diskurs darüber, außerhalb von Interessensgruppen, Hersteller*innen oder Leuten, die an der Digitalisierung verdienen?

 

In meiner Recherche bin ich auf den Rat für digitale Ökologie gestoßen, der sich mit solchen Fragen beschäftigt. Können Sie zu diesem Rat mehr erzählen?

 

Der Rat für digitale Ökologie hat sich vor ungefähr eineinhalb Jahren gegründet und ist ein Think Tank – tatsächlich nur ‚think‘, kein ‚do‘. Der Rat oder Beirat setzt sich aus Expert*innen aus ganz unterschiedlichen Disziplinen zusammen, zum Beispiel sind ein Menschenrechtler, ein Informatiker, ein Ökonom, Sozialwissenschaftlerinnen, eine Netzpolitikerin und eine Politikberaterin dabei. Es ist also ein sehr divers zusammengesetzter Rat, der sich regelmäßig trifft und dezidiert versucht, den gesellschaftlichen und medialen Diskurs dahingehend zu beeinflussen, dass Digitalisierung auch anders diskutiert wird. Das ist der eine Teil dieses Projekts. Im zweiten Teil ist jetzt geplant, einen Jungen-Rat der nächsten Generation zu gründen, weil im Rat für digitale Ökologie tatsächlich ganz schön alte Zöpfe sitzen. Das meine ich natürlich mit einem liebevollen Augenzwinkern. Die junge Generation, und zwar die ganz junge, also nur bis 30, soll einen ähnlichen Kreis bilden, in dem Digitalisierung im Hinblick auf ihre gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen diskutiert wird. In einem weiteren Teil dieses Digitalisierungsprojektes gehen wir forschend vor. Wir initiieren derzeit Diskussionen in unterschiedlichen Kontexten, meistens aber in Arbeitskontexten und bringen potenzielle Diskussionspartner*innen zusammen. Beispielsweise gehen wir in ein Sanatorium und initiieren eine Diskussion zwischen Pflegepersonal, Ärzt*innenschaft, Angehörigen und Kranken: etwa darüber, was die Einführung eines bestimmten digitalen Elements für alle gemeinsam bedeuten wird. In solchen Diskussionen treffen ganz unterschiedliche Perspektiven aufeinander. Die Ergebnisse werten wir dann sozialwissenschaftlich aus.