Im Gespräch mit Oliver Parodi vom Quartier Zukunft

In unserem Projekt Räume kultureller Demokratie arbeiten wir gerade mit einer Gruppe von ungefähr 30 Personen zusammen. Im Moment entwickeln wir in Arbeitsgruppen Ideen für Experimentierräume im Kontext von Klimawandel und Nachhaltigkeit. Das Interessante ist, dass es im Rahmen dieses Prozesses von Anfang an den Konsens gab, dass es um einen positiven Wandel gehen müsse. Dass es darum gehen müsse, positive Geschichten des Wandels und eine Vision der Zukunft zu skizzieren, die wünschenswert ist. Prägt dieser Gedanke, also dieser Wunsch nach Optimismus, auch Ihre Arbeit?

 

Ja, durchaus. Ich muss sagen, dass ich in dieser Hinsicht hybrid bin. Ich weise schon auch gerne auf die globalen Defizite, die es gibt, hin. Ich glaube, die darf man – bei allem Positiven – auch nicht vergessen. Viele Dinge liegen global gesehen einfach sehr im Argen. Aber letztlich schöpft man die Kraft schon aus dem Positiven. Daraus, zu wissen, dass man auch anders und anders gut leben kann. Dazu gibt es viele schöne Beispiele. Es kommen junge Menschen mit Ideen zu uns, zum Beispiel zu Kleidern aus Recyclingmaterialien oder was auch immer. Sie laufen bei uns auf und man merkt, dass sie so richtig dafür brennen, etwas zu verbessern. So etwas aufzugreifen und zu unterstützen, tut einem selber auch gut. Man profitiert selber auch dabei, wenn man in diesem positiven Strom Richtung Zukunft schwimmt. Wenn Sie auf den Blog von Quartier Zukunft schauen, sehen Sie, dass wir oft Beispiele veröffentlichen, wie man Sachen auch anders gut machen kann. Es steht nicht im Vordergrund, dass die Elefanten in Simbabwe ausgestorben sind, sondern geht eher in die andere Richtung.

Kommen wir kurz zu Ihrer wissenschaftlichen Arbeit zurück. Wie legen Sie die Begleitforschung an? Wie sieht die Balance zwischen der Praxisarbeit und der Begleitforschung aus?

Wir arbeiten auf unterschiedlichen Ebenen und betreiben Forschung auf unterschiedliche Arten und Weisen. Es gibt Projekte, in denen Sachwissen produziert wird. In diesem Fall sind z.B. technische Kolleg*innen, also Wissenschaftler*innen und Ingenieur*innen mit uns am Werk. Es geht dann zum Beispiel darum, wie man eine Gebäudesanierung in Karlsruhe durchführen kann, die nach Gebäudetypen vorgeht. Es gibt also Projekte, in deren Rahmen Werkzeuge entwickelt werden, in denen Ingenieurswissenschaft betrieben wird, die wir begleiten und gemeinsam mit der Stadt durchführen, um sie leichter realisierbar zu machen. Darunter sind eher gängige wissenschaftliche Projekte. Dann gibt es aber auch viele Projekte, die wir wissenschaftlich begleiten und dahingehend auswerten, wie Transformation funktioniert. Zum Beispiel analysierten wir vor einiger Zeit alle unsere Veranstaltungen hinsichtlich des Grades der Partizipation. Haben wir nur informiert? Haben wir kooperative Veranstaltungen gemacht? Haben wir Empowerment durchgeführt? Es war sehr spannend, herauszufinden, dass bei diesen Veranstaltungen, im Rahmen derer wir nur auf eine gewisse Stufe der Partizipation abgezielt hatten, auch andere Stufen implizit oder nebenbei bedient worden waren. Es passiert öfter, dass wir solche Dinge im Zuge einer Studie herausfinden. Wir können diese Begleitung nicht für alle Projekte und Aktivitäten leisten, aber wenn es möglich ist, tun wir es. Wir machen das meistens selber und schauen dann aber auch, dass wir noch einen externen oder halb externen Blick dazu holen. Zum Beispiel jemand aus dem Institut, der nicht im Team rund um das Quartier Zukunft dabei ist. Das machen wir, um nicht Gefahr zu laufen, aus unserem eigenen Tun heraus auf einem Auge blind zu sein. Auch waren wir schon vielfach selber Gegenstand der Forschung anderer. Uns haben inzwischen aus allen Kontinenten Wissenschaftler*innen besucht, um sich anzusehen, was wir machen, oder um Forschung über uns zu betreiben. Im Zuge der BaWü-Labs, einer Reallaborförderlinie des Landes Baden-Württemberg von 2015 bis 2018, wurden darüber hinaus die gesamten 14 BaWü-Labs wissenschaftlich begleitet. Es gab eine Gruppe von externen Personen, die die stattfindenden Prozesse beforscht haben. Im Zuge dessen wurden auch an uns Fragen gestellt, etwa: „Wie habt ihr Transformationsprozesse angestoßen?“

Was Sie beschreiben, klingt alles sehr ‚groß‘. Wie groß ist das Team des Quartier Zukunft und wie ist es zusammengesetzt?

Wir sind momentan etwa zwölf wissenschaftliche Mitarbeiter*innen, die im Kontext Quartier Zukunft forschen und agieren. Allerdings nicht in Vollzeit, sondern viele in Teilzeit, dazu noch einmal so viele Hilfskräfte. Das ist unser Kernteam. Einige sind schon seit 2012 dabei, also seit dem Beginn. An Fachrichtungen haben wir Architektur, Stadtplanung, Umweltwissenschaften, Geoökologie, Psychologie, Wirtschaftswissenschaft und Landschaftsarchitektur. Ich bin Bauingenieur und Philosoph und decke sozusagen zwei Disziplinen ab. Unser Team ist also wirklich gemischt.

 

War das konzeptionell als Voraussetzung angelegt oder hat sich das mit der Zeit so ergeben?

Ein Stück weit liegt es im Konzept begründet, weil wir nachhaltige Entwicklung über alle Lebensbereiche hindurch betreiben und beforschen möchten. Das heißt, wir können nicht nur Philosoph*innen oder nur Naturwissenschaftler*innen im Team haben, sondern wir brauchen tatsächlich eine Mischung. Man muss aber auch sagen, dass mein Heimatinstitut, das Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse, dafür einen guten Rahmen bietet, weil dort eine multidisziplinäre Mannschaft zusammensitzt, von Politikwissenschafter*innen bis hin zu Biolog*innen. Deshalb habe ich auch einen guten Nährboden für eine multidisziplinäre Zusammensetzung des Teams.