Schulische Experimentierräume im Spannungsfeld von Kunst und Wissenschaft

Ein interdisziplinärer Ansatz zur Vermittlung experimenteller Musik im Unterricht der Sekundarstufe II: Pädagogische Leitideen und Einblicke in das Projekt KLANGKÖRPER – KÖRPERKLANG

III. Einblicke in die Praxis: Das Projekt KLANGKÖRPER – KÖRPERKLANG

Im Rahmen des Projektes *4 *(4) widmen sich etwa 50 SchülerInnen im Alter zwischen fünfzehn und achtzehn Jahren (in insgesamt vier Phasen) folgenden Fragen:

  • Welche Klänge können auf/ mit/ durch verschiedene/n ‚Körper/n‘ erzeugt werden?
  • Was kann zum Klangkörper werden? Wie ‚klingt‘ der menschliche Körper?
  • Wie entstehen Klänge?
  • Was klingt an verschiedenen Körpern?
  • Was versteht man unter dem Begriff des Experiments?
  • Wie wird in verschiedenen Disziplinen experimentiert?
  • Was ist experimentelle Musik?

Steht also inhaltlich die Auseinandersetzung mit verschiedenen Klangerzeugern und Klängen aus künstlerischer und aus naturwissenschaftlicher Perspektive im Zentrum des Interesses – die Klangkörper und Körperklänge bilden sozusagen die materielle Grundlage –, so wird in Bezug auf die Methode das Experiment in seinen unterschiedlichen Bedeutungen und Verwendungsweisen zum zentralen Handlungsprinzip. Aufgrund der Anlage des Projektes werden die Lernenden in zweierlei Hinsicht selbst forschend tätig: zum einen im experimentierenden Umgang mit verschiedenen Klangerzeugern und Klängen; zum anderen – auf einer Metaebene – als Personen, die die Aufgabe haben, sämtliche Arbeitsphasen, die sie im Zuge des Projektes durchlaufen, mittels eines Prozess-Portfolios zu dokumentieren und reflektieren.

Ziel der ersten drei, gegenwärtig bereits abgeschlossenen Projektphasen ist es, die Lernenden an die dem Projekt zugrundeliegende Methode, das Experiment, heranzuführen.

PHASE I:

Der Start ins Projekt erfolgte im Jänner 2017 mit einer Kick-off-Veranstaltung. Im Sinne einer Einstimmung besuchten die SchülerInnen gemeinsam zunächst das Museum der Moderne Salzburg. Im Anschluss daran wurde ihnen erstmals der Projektverlauf im Detail vorgestellt und sie wurden anhand von Warm-ups mit methodischen und thematischen Details vertraut gemacht.

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Bacon, Francis (1620): Neues Organon: lateinisch–deutsch. Herausgegeben von Wolfgang Krohn (1990). Hamburg: Meiner.

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Blumröder, Christoph von (1981): Experiment, experimentelle Musik. In: Eggebrecht, Hans Heinrich (Hg.): Handwörterbuch der musikalischen Terminologie. Wiesbaden: Franz Steiner Verlag.

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Brandstätter, Ursula (2011): Experimentelle Musik braucht experimentelle Didaktik. Das Projekt „QuerKlang“ an der Universität der Künste Berlin. In: Diskussion Musikpädagogik, Heft 51. Hamburg: Hildegard Junker Verlag, S. 12–16.

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Brandstätter, Ursula (2013): Erkenntnis durch Kunst. Theorie und Praxis der ästhetischen Transformation. Wien u.a.: Böhlau.

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Brockhaus(Hg.) (2006): Experiment. In: Brockhaus. Enzyklopädie in 30 Bänden. Band 8. Mannheim u.a.: Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, S. 648.

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Handschick, Matthias (2014): Künstlerische Freiheit pädagogisch anleiten? Überlegungen zum Problem der Betreuung individueller und kollektiver schöpferischer Prozesse im Musikunterricht sowie zum didaktischen Potential offener Wahrnehmungssituationen. In: Schwarzbauer, Michaela/ Hinterberger, Julia (Hg.): Individuum – Collectivum. Dokumentation eines Projekts im Rahmen des Forschungsprogramms „Sparkling Science“. Wien: UE, S. 297–309.

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Langbehn, Andreas (2001): Experimentelle Musik als Ausgangspunkt für Elementares Lernen. Saarbrücken: Pfau.

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Langer, Armin (2008): Stell dir vor, es wird Musik vermittelt, aber keiner macht mit. Aspekte zu einem häufig verwendeten Begriff. In: Malmberg, Isolde/ Wimmer, Constanze (Hg.): Communicating Diversity. Musik lehren und lernen in Europa. Festschrift für Franz Niermann. Augsburg: Forum Musikpädagogik, S. 187–193.

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Schulz, Andreas/Wirtz, Markus/Starauschek, Erich (2012): Das Experiment in den Naturwissenschaften. In: Rieß, Werner/Wirtz, Markus/Barzel, Bärbel/Schulz, Andreas (Hg.): Experimentieren im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht. Schüler lernen wissenschaftlich denken und arbeiten. Münster u.a.: Waxmann Verlag, S. 15–38.

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Schwarzbauer, Michaela (2014): „Individuum – Collectivum“: der Forschungsprozess. In: Schwarzbauer, Michaela/Hinterberger, Julia (Hg.): Individuum – Collectivum. Dokumentation eines Projekts im Rahmen des Forschungsprogramms „Sparkling Science“. Wien: UE, S. 47–100.

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Stiller, Barbara (2008): Erlebnisraum Konzert. Prozesse der Musikvermittlung in Konzerten für Kinder. Regensburg: ConBrio.

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Thiers, Bettina (2016): Experimentelle Poetik als Engagement. Hildesheim: Georg Olms Verlag.

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Wieneke, Julia (2016): Zeitgenössische Musik vermitteln in Kompositionsprojekten an Schulen. Hildesheim u.a.: Georg Olms Verlag.

Vermittlung verstehe ich im Sinne von Barbara Stiller und Armin Langer als einen kommunikativen Prozess, an dem Lernende gleichermaßen wie Lehrende und KünstlerInnen aktiv beteiligt sind (vgl. Stiller 2008: 41; Langer 2008: 187–193).

Ich meine damit experimentelle Kunst aus den Bereichen der Musik, des Tanzes, der bildenden Kunst sowie der Literatur sowie auch intermediale Kunst.

„Es bleibt die reine Erfahrung, die, wenn sie zustößt, Zufall, wenn sie gesucht wird, Experiment heißt“ (Übersetzung zit. nach Langbehn 2001: 38).

Dieses Projekt ist nur aufgrund von Sondergenehmigungen durch den Schulgemeinschaftsausschuss sowie Kooperationspartner und finanzieller Unterstützung durch das Land Salzburg, Kulturkontakt Austria und den Programmbereich ConTempOhr. Vermittlung zeitgenössischer Musik auf die in diesem Abschnitt skizzierte Weise realisierbar. So kann es als Wahlpflichtfach – in den Regelunterricht integriert – stattfinden, es besteht die Möglichkeit, die vorgegebenen Unterrichtszeiten flexibel zu gestalten und die Unterrichtsorte dürfen variieren. Alle Kosten (Eintritte, Personal-, Material-, Fahrt- und Werbekosten) können mittels der finanziellen Zuwendungen abgedeckt werden und die benötigten Räumlichkeiten werden von der Paris Lodron Universität sowie der Universität Mozarteum Salzburg (welche als Kooperationspartnerinnen gewonnen werden konnten) zur Verfügung gestellt.

Folgende Kriterien haben mich bei der Auswahl dieser Beispiele geleitet: Die Werke werden in der Fachliteratur explizit dem Genre experimentelle Poesie beziehungsweise experimentelle Musik zugeordnet (vgl. Blumröder 1981; Thiers 2016: 70–80). Sie eignen sich für eine Betrachtung im Rahmen des schulischen Unterrichts. Zudem sind sie in ihrer Konzeption sehr unterschiedlich, beziehen sich aber alle auf unterschiedliche Weise auf das meinem Projekt zugrundliegende Thema KLANGKÖRPER – KÖRPERKLANG.

Katharina Anzengruber ( 2017): Schulische Experimentierräume im Spannungsfeld von Kunst und Wissenschaft. Ein interdisziplinärer Ansatz zur Vermittlung experimenteller Musik im Unterricht der Sekundarstufe II: Pädagogische Leitideen und Einblicke in das Projekt KLANGKÖRPER – KÖRPERKLANG. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 08 , https://www.p-art-icipate.net/schulische-experimentierraume-im-spannungsfeld-von-kunst-und-wissenschaft/