Shut Down! Kunst- und Kulturpraxen unter veränderten Ausgangs_Bedingungen

Einleitung

 

ARTICLES – Künstlerische Praktiken und kritische kulturelle Produktion

 

Im Beitrag Kritische kulturelle Produktion im Kontext von Cultural Studies und Cultural Citizenship erläutern Elisabeth Klaus und Elke Zobl ausgehend vom offenen Kulturverständnis der Cultural Studies drei Schlüsselkonzepte, die die Grundlagen für die Auseinandersetzung mit kritischen kulturellen und künstlerischen Praktiken liefern: Kultur als „a whole way of life“, der Kreislauf kultureller Bedeutungsproduktion und Cultural Citizenship. Im Anschluss daran reflektieren sie die Konzepte hinsichtlich ihrer Bedeutung für eine kritische kulturelle Produktion, die auf Teilhabe der Menschen und Veränderung von Machtverhältnissen zielt.

Im Beitrag Kontext Kultur und Medien. Partizipative Kulturen von DIY und als informelle Lernorte gibt Elke Zobl einen kursorischen Überblick über das Konzept der partizipativen Kulturen im Kontext von Do-It-Yourself (DIY) und fasst sie als informelle Lernorte, an denen Wissen und Erfahrung Peer-to-Peer weitergegeben und ausgetauscht werden. Der Text geht davon aus, dass partizipative Kulturen in einem engen Zusammenhang mit der Geschichte und Entwicklung von DIY-Kulturen stehen, sodass es zwischen beiden vielfältige Bezüge gibt. Zobl verweist auf Theorien zu partizipativen Kulturen, die interdisziplinär ausgearbeitet wurden. Im Beitrag finden sich vielfältige Bezüge auf queer-feministische Zusammenhänge als Beispiele für diese kritischen kulturellen Praktiken.

Marcel Bleuler geht in seinem Text mit dem Titel Partizipation in der zeitgenössischen Kunst: Von der postmodernen Condition d’Être hin zu einer Destabilisierung der Kunstwelt von der Beobachtung aus, dass der Begriff der Partizipation im Kunstdiskurs Ende des 20. Jahrhunderts in erster Linie für eine Neukonzeption der Position von Betrachter*innen steht. Kunstbetrachtung wurde zunehmend als pluraler und kontingenter Vorgang verstanden. Der Verfasser erläutert die Debatten, die im Zusammenhang mit einer derart ausgerichteten Kunstproduktion Anfang des 21. Jahrhunderts vermehrt stattfanden. Sie führten zu einem Diskurs, der die Möglichkeiten einer Ermächtigung und Emanzipation von Kunstbetrachter*innen gegenüber der künstlerischen Intentionalität fokussiert, und in letzter Konsequenz – so die These des Textes – die Kunstwelt als ein abgegrenztes, privilegiertes Feld in Frage stellt.

Im darauffolgenden Beitrag Kulturarbeit in der ‚Migrationsgesellschaft‘. Ungleichheiten im Kulturbetrieb und Ansatzpunkte für eine Neuausrichtung setzt sich Anita Moser mit Ausschlüssen im öffentlichen Kulturbetrieb des deutschsprachigen Raums auseinander. Basierend auf einer Einführung in das Konzept der ‚Migrationsgesellschaft‘ geht die Autorin der Frage nach, welche grundlegenden strukturellen Veränderung es bräuchte, damit die ‚Normalität‘ migrationsgesellschaftlicher Vielheit im Kulturbetrieb zum Ausdruck kommen könnte. Sie plädiert für eine diskriminierungssensible Perspektive auf Personal, Programm und Publikum in etablierten Institutionen, in der freien Szene sowie in der Kulturpolitik und arbeitet konkrete Ansatzpunkte und Maßnahmen für eine migrationsgesellschaftliche Neujustierung heraus.

 

PRACTICE – Erfahrungen aus der Praxis, Projektbeispiele und Empfehlungen von Expert*innen

 

Für die Rubrik Practice wurden als Fortsetzung der Ausgaben #9 und #10 Gespräche mit Expert*innen, die im Rahmen des Projekts Kulturelle Teilhabe in Salzburg geführt wurden, aufbereitet. In diesen Interviews stellen Kulturarbeiter*innen verschiedene Initiativen bzw. Einrichtungen aus Salzburg und darüber hinaus vor und berichten von ihren aus der unmittelbaren Praxis stammenden Erfahrungen.

Was ist unter einem virtuellen Museum(sbesuch) zu verstehen? Was bedeutet das für die (ausgestellte) Kunst? Welche Möglichkeitsräume eröffnen Virtual oder Augmented Reality im Bereich der kulturellen Teilhabe? Diese und mehr Fragen stellt Dilara Akarçeşme dem Experten für Online-Kommunikation und Online-Bildung David Röthler im Beitrag „Enter now“: Digitalisierung, virtuelle Kunst und Partizipation.

Die in Wien lebende Regisseurin, Dramaturgin und Schauspielerin Aslı Kışlal spricht im Interview mit Dilara Akarçeşme über ihren beruflichen Weg in Österreich, die Verortung des Theaters in unserer Gesellschaft und über ihr Projekt diverCITYLAB. Sie beschreibt es als „ein kunstpolitisches Projekt, getarnt als Schule“, das die Möglichkeit einer Professionalisierung im Theaterbereich jenseits von Zugangsbarrieren bieten soll.

Der Zürcher Ausstellungsraum Shedhalle gilt seit den 1990er Jahren als Ort der Institutionskritik und aktivistischen Kunst. Mirjam Bayerdörfer und Franz Krähenbühl übernahmen Ende 2018 ad interim die künstlerische Leitung zu einem Zeitpunkt, als die Frage nach der Ausrichtung und Positionierung der Shedhalle zu Konflikten im Kuratorium und Vorstand geführt hatte. Mit Marcel Bleuler sprechen sie über diesen Prozess und darüber, wie sie den Ausstellungsraum zum Experimentierfeld machten: Den Ausstellungsraum und die Kunst sozial durchlässig machen: Shedhalle Zürich 2019-2020.

Katharina Anzengruber, Dilara Akarçeşme ( 2020): Shut Down! Kunst- und Kulturpraxen unter veränderten Ausgangs_Bedingungen. Einleitung. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 11 , https://www.p-art-icipate.net/shut-down-kunst-und-kulturpraxen-unter-veraenderten-ausgangs_bedingungen/