„We are all Cultural Producers“

Die Lehrveranstaltung – wie alles begann

Dabei hat alles eher theoretisch begonnen. Im Wintersemester lag der Schwerpunkt der Lehrveranstaltung auf der theoretischen Einführung in die Termini „Cultural Production“ und kultureller Bedeutungszyklus („Circuit of Culture“). Durch zahlreiche Beispiele von Kulturdefinitionen wurde die unglaubliche Vielfalt jenseits der üblichen Konnotation aufzeigt und die Studierenden wurden dafür sensibilisiert. Der Erklärungsansatz „Kultur ist die Gesamtheit einer Lebensweise“ von Raymond Williams gab Anlass zu einer umfassenden Diskussion. Als universelle Definition diente jene der UNESCO: „Kultur ist die Gesamtheit der einzigartigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen und schließt nicht nur Kunst und Literatur ein, sondern auch Lebensformen, die Grundrechte des Menschen, Wertesysteme, Traditionen und Glaubensrichtungen.“ Der „Circuit of Culture“ (vgl. Stuart Hall 1980)star (* 1 ) beschreibt Kulturproduktion als einen zyklischen Kreislauf, der sich in Produktion, Zirkulation, Distribution/ Konsum und Reproduktion unterteilt. Dabei wird veranschaulicht wie öffentliche Kommunikationsprozesse entstehen und kulturelle Bedeutungen verfestigt werden.

Mit Strategien der DIY-Kultur wurde den Studierenden gezeigt, dass und vor allem auf welch kreative Weise Menschen ihre Umwelt, die Öffentlichkeit, aktiv gestalten können und damitselbst Kultur produzieren. In der Auseinandersetzung mit vielen Erklärungsansätzen und Definitionen von Kultur waren sich alle einig, Kultur möglichst breit zu fassen und als Bestandteil des täglichen Lebens zu sehen, wozu jeder Mensch seinen Teil beitragen kann. Nach einer theoretischen Einführung in das Thema Culture Jamming und Participatory Culture gingen die Studierenden noch im Wintersemester bei einem Zine-Workshop in medias res. Workshops in den Bereichen Plakatgestaltung und Radioproduktion ergänzten das Angebot, um selbst Kultur zu gestalten.

Der Entstehungs- und Entwicklungsprozess – von der Idee zur Realisierung

Was als kleiner Funke in der Lehrveranstaltung „I am a Cultural Producer“ am Ende des Wintersemesters 2011/12 begonnen hatte, entflammte große Leidenschaft bei den Studentinnen. Getragen von kreativen Einfällen, viel Eigeninitiative und großem Interesse wurde die Idee einer kulturellen Intervention im öffentlichen Raum dann von den Kulturproduzentinnen im Folgesemester (Sommersemester 2012) realisiert.

„‘I am a Cultural Producer‘ war eine großartige Erfahrung. Es ermöglichte uns nicht nur bei einem kulturellen Projekt mitzuarbeiten, sondern wir durften es selbst initiieren, wir durften selbst gestalten; selbst entscheiden! Das Durchleben des gesamten Prozesses (von der Planung bis hin zur Umsetzung und Nachbearbeitung) war nicht immer einfach, aber dennoch großartig! Das Wissen, bereits ein Projekt erfolgreich organisiert zu haben, macht Mut und Lust auf mehr!“ Julia Jung

Die beiden Leiterinnen der Lehrveranstaltung „I am a Cultural Producer“ Elke Zobl und Siglinde Lang präsentierten am Ende des Wintersemesters die Idee des „Tisch im Raum“-Konzepts zum Jubiläumsfest der Universität. Was damals noch wie eine Vision aus der Zukunft klang, nahm im Sommersemester von Woche zu Woche immer konkretere Formen an. Das Offene, Unkonventionelle und Ungezwungene amn dem Konzept des Round Table begeisterte sofort die Studentinnen. Gleich zu Beginn stand fest, dass sich das Organisationsteam einen Namen geben möchte, um nach außen als Einheit auftreten zu können. In Anlehnung an den Titel „I am a Cultural Producer“ fiel die Wahl recht rasch auf: „die Kulturproduzentinnen“. Um in der Öffentlichkeit für Wiedererkennungswert zu sorgen, entstand der Wunsch nach einem eigenen Logo.

Die Kulturproduzentinnen

Hinter den Kulturproduzentinnen stecken neun engagierte Studentinnen, die sich in der Lehrveranstaltung „I am a Cultural Producer“ im Wintersemester 2011/12 kennengelernt haben. Sie verfolgen eigentlich ganz unterschiedliche Studienrichtungen, aber sie werden durch ein gemeinsames Interesse vereint: den Studienschwerpunkt „Cultural Production & Arts Management“. So stellen die Kulturproduzentinnen eine sehr heterogene und interdisziplinäre Gruppe dar, die von den jeweiligen Fähigkeiten und Kenntnissen ihrer Mitglieder bereichert wird. Zusammen mit den Lehrveranstaltungsleiterinnen Siglinde Lang und Elke Zobl entstand die Idee des Round Tables, die am 2. Juni 2012 ihre Vollendung fand.
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Die Organisation ließ schnell den üblichen Rahmen der Lehrveranstaltung hinter sich und in vielen Treffen und unzähligen E-Mails rückten die Kulturproduzentinnen immer näher zusammen. Aus neun unterschiedlichen Persönlichkeiten mit ihren jeweiligen Interessen und Fähigkeiten entwickelte sich ein starkes, kompetentes Team, das lernte, die Hürden des Kultur- und Projektmanagements zu bezwingen, sich gegenseitig zu motivieren und einander auszuhelfen.

Die Sprechblase als zentrales Gestaltungselement – pink & auffällig

Die Idee, den Round Table zu bewerben, brachte den Wunsch nach Interventionen in Salzburg hervor. So wurde im Plenum beschlossen, Plakate, Sticker, Flyer, Luftballone, einen Radiojingle und eine eigene Facebook-Seite zu kreieren. Als Basis hierfür dienten an die hundert Statements, die im Vorfeld von SalzburgerInnen, Studierenden wie auch Kunst- und Kulturschaffenden gesammelt wurden. Alleine diese Sammlung bestätigte die Meinung der Kulturproduzentinnen und die Wichtigkeit von Kultur als Alltagskultur.

Eine Auswahl der Statements

Kultur produzieren bedeutet …

… stereotype Meinungen aufzubrechen.
… der Kreativität freien Lauf lassen.
… Kunst schaffen, sich die Welt aneignen und vervollständigen.
… Sprache und Symbole einer Kultur zu verwenden, Traditionen erzeugen und reproduzieren.
… in einer Band zu spielen.
… kreativer Austausch, Mut zur Veränderung, Aktivität, Projekte und Initiativen durchführen.
… eigene Ideen zu entwickeln.

Ich mache Kultur …

… indem ich Raum zulasse, Raum nütze und Raum entdecke.
… wenn ich in meinem Atelier mit Alltagsgegenständen experimentiere.
… daher bin ich.
… um die Leute zum Tanzen zu bringen.
… indem ich mich so kleide, wie ich will.

Die ursprüngliche Idee, Statements zu sammeln und Kulturdefinitionen in Salzburg zu verbreiten, brachte die Kulturproduzentinnen auf die Idee der Sprechblase, ein Tool, das auch in der Zine-Produktion Verwendung findet. Das Gestaltungselement der Sprechblase zog sich durch alle Interaktionen. Nicht aus der Tatsache heraus, dass es sich um eine reine Frauenrunde handelte, sondern eher um mit einer kräftigen Farbe aufzufallen, entschieden sich die Kulturproduzentinnen für ein poppiges Magenta. Von Anfang an war klar, die Plakatwände nicht mit „more of the same“ auszustatten, sondern einen Eyecatcher zu kreieren, der sich von anderen Veranstaltungsankündigungen abhebt.

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Hall, Stuart (1980): Cultural Studies: two paradigms. In: Media, Culture and Society. vol.2, S. 57–72.

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Göttlich, Udo (2006): Raymond Williams: Materialität und Kultur. In: Hepp, Andreas/ Krotz, Friedrich/ Thomas, Tanja (Hg).: Schlüsselwerke der Cultural Studies, Wiesbaden: VS Verlag, S. 94-103.

Eva Kraxberger ( 2012): „We are all Cultural Producers“. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 01 , https://www.p-art-icipate.net/we-are-all-cultural-producers/