„We don’t have to invent diversity, because diversity just is”

Stimmen und Perspektiven für mehr Diversität und Diskriminierungskritik im Kulturbetrieb

Diversität als kontinuierliche (Kunst-)Praxis

Hassan Mahamdallie benennt im bereits erwähnten Interview ebenfalls die intersektionale Verflechtung einzelner Diskriminierungskategorien und verweist auf die große Bedeutung von Diversität für die künstlerische Praxis: „In theoretical terms, you might call [my concept of diversity] intersectional: it covers a lot of different aspects of human life and the connections between them. […] As an artist myself I believe that diversity is one of the central elements in artistic practice and in the creative act itself. Quite often issues of diversity, equality and all the catch phrases or these artificial terms that we use – what they do not take account of is their relation to arts practice, the creation of art, creativity and human expression, and all those aspects. What concerns me most is the way we separate diversity from artistic practice.”

Wie ein diversitätsorientierter Arbeitsansatz in die künstlerische Praxis einfließen kann, erzählt die Künstlerin Natalia Hecht im Gespräch mit Gwendolin Lehnerer “I see a lot of changes, but I also see a lot of resistance“: „[…] you cannot work on diversity if you do not have diversity in the core team, this is essential. […] To understand, for example, when there is an event, how to involve different perspectives and how to take care of this process so that it’s really a sustainable process and not just avoiding things like silencing people. […] diversity is at the core of the human experience. It’s a permanent, ongoing process.”

Gin Müller gibt im oben angeführten Interview ebenfalls einen Einblick, wie eine Praxis diversitätssensiblen Kunstschaffens aussehen kann: „Für meine Arbeit bedeutet Diversität, mit einem breiten Spektrum an Menschen unterschiedlicher Hintergründe bzw. Backgrounds zu arbeiten, also intersektional sowohl in Bezug auf Gender und Migration als auch Klassen. Ich sehe den Begriff Diversity sehr stark auf diese Komponenten hin gedacht und natürlich auch mit dem Aspekt der Inklusion verbunden: Was heißt es, Zugänge zu schaffen zu verschiedenen Projekten und auch zur Teilnahme an verschiedenen Projekten?“

In eine ähnliche Richtung argumentiert der Theatermacher und künstlerische Geschäftsführer der Initiative Zirkus des Wissens Airan Berg im Gespräch mit Ielizaveta Oliinyk „Wenn die Gesellschaft an unserer Kunst nicht teilnimmt, dann arbeiten wir vergeblich“: „Ich arbeite gern mit Menschen, die verschiedene Geschichten zu erzählen haben, aus verschiedenen Blickwinkeln. Und je diverser und partizipatorischer die Prozesse, umso mehr Geschichten und Facetten kriegt man zu sehen.“ Für Veränderungen im Kulturbetrieb brauche es eine Bewusstseinsänderung, vor allem bei Theater leitenden Kolleg:innen, ein Umdenken in der Politik und bei den Journalist:innen, damit sie nicht den „Fehlschluss ziehen, dass nur, weil wir inklusiv sind, Inklusion und Diversität Sozialarbeit wäre, sondern dass wir Kunst machen.“

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Micossé-Aikins, Sandrine/Sharifi, Bahareh (2019): Kulturinstitutionen ohne Grenzen? Annäherung an einen diskriminierungskritischen Kulturbereich. In: KULTURELLE BILDUNG ONLINE:
https://www.kubi-online.de/artikel/kulturinstitutionen-ohne-grenzen-annaeherung-einen-diskriminierungskritischen-kulturbereich (11.09.2022)

Ar/ctivist ist eine Begriffsmelange aus Artivist und Activist und betont Gin Müllers Aktivismus in Bezug auf Kunst, aber auch in anderen gesellschaftlichen Feldern.

Elisabeth Bernroitner, Anita Moser, Ivana Pilić ( 2022): „We don’t have to invent diversity, because diversity just is”. Stimmen und Perspektiven für mehr Diversität und Diskriminierungskritik im Kulturbetrieb. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 13 , https://www.p-art-icipate.net/we-dont-have-to-invent-diversity/