Das AntikultiAtelier

Wir gestalten zusammen neue Interessen.

III. Kulturvermittlung als kollaborative, verändernde Praxis: Gedankensplitter

Nora Landkammer

Was bedeuten die Reflexionen im AntikultiAtelier für die Kunst- und Kulturvermittlung? Wie haben sie mein (persönliches) Nachdenken über Vermittlungsprojekte bewegt? Welche Entwürfe für die Kulturvermittlung lassen sich aus dieser Perspektive entwickeln?

Das AntikultiAtelier hat sich aus einem Vermittlungsprojekt an einem Museum zu einem Kollektiv entwickelt, das sich in ständiger kontroverser Diskussion eine Position zur Migrationspolitik, zu Formen der Zusammenarbeit und zum Kulturbetrieb und seinen Institutionen erarbeitet. Aus meiner Beteiligung an diesem Prozess, in dem die Rollen der TeilnehmerInnen und VermittlerInnen einer kollektiven Arbeitsstruktur gewichen sind, schaue ich auf mein Tätigkeitsfeld, die Kulturvermittlung, bzw. reflektiere die stattfindenden Prozesse aus kunstvermittelnder Perspektive.

Wir nehmen uns die nötigen Werkzeuge, wie die Sprache, und die nötigen Räume.

Gerade im Kontext von Migration prägen den Diskurs der Kunst- und Kulturvermittlung die Konzepte von Partizipation und Zugang. Vermittlung soll Schwellen abbauen und diejenigen, die sich nicht von selbst im Museum „zuhause fühlen“, zur Teilnahme anregen, Zugänge zur Kunst schaffen. „Zugang“ und „Partizipation“ sind dabei aus der Perspektive einer bereits bestehenden Struktur oder eines definierten Angebots gedacht. Wie Gabriele Stöger kritisiert: „Partizipation hat immer damit zu tun, dass man jemanden an etwas teilhaben lassen möchte, das ihm ursprünglich nicht gehört. Der Blickwinkel ist der von Besitzenden, die teilen möchten, ohne aber das Verfügungsrecht über den Besitz gänzlich aufzugeben.“ (Stöger 2002: 187)star (* 6 )

Was bedeutet es dagegen für die Vermittlungstätigkeit in Institutionen, wenn sich die nicht Besitzenden die Räume nehmen? Kulturvermittlung könnte dann heißen, Nutzungen, Aneignungen des Raums Museum als öffentlichen Ort zu unterstützen. VermittlerInnen können versuchen dazu beizutragen, dass verschiedene Personen und Gruppen das Museum – ausgestellte Inhalte, die in einem Museum geführten Debatten, oder aber auch einfach die Räumlichkeiten oder das symbolische Kapital einer Kunstinstitution – für sich nutzen können.

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Erdede, Niştiman/Ateliergruppe (2012): Kunst gegen die Fremdmacherei. In: Settele, Bernadett/Mörsch, Carmen et al.: Kunstvermittlung in Transformation. Perspektiven und Ergebnisse eines Forschungsprojektes. Zürich: Scheidegger & Spiess.

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Landkammer, Nora / Polania, Felipe (2012): Atelier. Ein Dialog über die Zusammenarbeit. In: Settele, Bernadett/Mörsch, Carmen et al.: Kunstvermittlung in Transformation. Perspektiven und Ergebnisse eines Forschungsprojektes. Zürich: Scheidegger & Spiess.

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Mörsch, Carmen (2009): Am Kreuzungspunkt von vier Diskursen: Die documenta 12 Vermittlung zwischen Affirmation, Reproduktion, Dekonstruktion und Transformation. In: Ebds. und das Forschungsteam der documenta 12 Vermittlung (Hg.): Kunstvermittlung 2. Zwischen kritischer Praxis und Dienstleistung auf der documenta 12. Ergebnisse eines Forschungsprojekts. Zürich/Berlin: diaphanes.

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Settele, Bernadett/Mörsch, Carmen et al.(2012): Kunstvermittlung in Transformation. Perspektiven und Ergebnisse eines Forschungsprojektes. Zürich: Scheidegger & Spiess.

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Sternfeld, Nora (2010): Das gewisse savoir/pouvoir. Möglichkeitsfeld Kunstvermittlung. In: Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine ADKV (Hg.), COLLABORATION. Vermittlung.Kunst.Verein. Köln: Salon Verlag.

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Stöger, Gabriele (2002): Wer schon Platz genommen hat, muss nicht zum Hinsetzen aufgefordert werden. In: Rollig, Stella/Sturm, Eva (Hg.): Dürfen die das? Kunst als sozialer Raum, Wien: Turia und Kant.

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Wieczorek, Wanda/ Güleç, Ayşe/Mörsch, Carmen (2012): Von Kassel lernen. Überlegungen zur Schnittstelle von kultureller und politischer Bildung am Beispiel des documenta 12 Beirat. Art Education Research No.6, online unter: http://iae-journal.zhdk.ch/files/2012/05/AER-no5-wieczorek_guelec_moersch.pdf

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Ahmad, Zuher Kara/Askar, Saleban Abdi/Ekator, Katy/Farzad, Tagharrobi/González, Fabiana/Haydari, Ibrahim/Hassan, Aras Hemn/Jafari Benjamin/Kengmoe, Marguerite /Khider, Karim/ Landkammer, Nora/Motina/ Njuguna, John Mwangi/ Polania, Felipe/Rose/ Shawkat, Nareeman/ Weibel, Marco (2010): Bleibeführer Zürich, Zürich: Institute for Art Education/ Bildung für Alle/Museum für Gestaltung Zürich. Online unter: http://antikultiatelier.blogspot.ch/p/blog-page.html

Forschungs- und Entwicklungsprojekt in Zusammenarbeit zwischen 4 Hochschulen und 6 Museen in der Schweiz, 2009-2011, gefördert vom Schweizerischen Nationalfonds. Vgl. die Publikation zum Projekt Settele/
Mörsch 2012, zur Arbeit des Ateliers insbesondere die Beiträge Landkammer/Polania und Erdede/Ateliergruppe.

An der Autonomen Schule Zürich finden Deutschkurse sowie Kurse in Informatik und im Kulturbereich statt, die mehrheitlich von Flüchtlingen – mit oder ohne Papiere – besucht werden. http://www.bildung-fuer-alle.ch/ (15.04.2012)

Skype-Gespräch und Videobeitrag zum Vortrag „Chewing the Borders, oder Kauen um wach zu bleiben, oder Widerstand im Widerspruch“ von Rubia Salgado, Chewing the Scenery, 54. Biennale di Venezia, 8.9.2011.

AntikultiAtelier ( 2013): Das AntikultiAtelier. Wir gestalten zusammen neue Interessen.. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 03 , https://www.p-art-icipate.net/wir-gestalten-zusammen-neue-interessen-das-antikultiatelier/