„Wir sind offen für alle.“

Das Futurium in Berlin als Erlebnisraum der Zukünfte.
Dr. Christian Engelbrecht im Gespräch mit Katharina Anzengruber und Elke Zobl

Ihr seid mit der Abteilung Strategie und Inhalte auch in die wissenschaftliche Erarbeitung der Inhalte involviert. Liegt hierin vielleicht auch ein Aspekt, der euch von klassischen Museen unterscheidet?

Ja, ich denke schon. Aber wir haben auch einen Programmrat, der unsere Themen und unsere jeweiligen Themenzuschnitte kritisch prüft und uns fachlich berät, wenn wir beispielsweise ein neues Schwerpunktthema wie „Mobilität“ haben. „Ist unser Zuschnitt angemessen?“, „Fehlt noch etwas?“, „Wo haben wir blinde Flecken?“ Vom Programmrat erhalten wir Einschätzungen in Bezug auf Fragen wie diese.

Sehr spannend! Besonders interessieren würde uns nun das Bildungs- und Vermittlungsprogramm deiner Abteilung Bildung und Partizipation. Welche Formate umfasst es beispielsweise?

Zum einen gibt es ein Workshop-Programm für Schulklassen. Dreimal in der Woche bieten wir Workshops an, seit Corona auch digitale Workshops und Live-Webinare. Da haben wir aufgrund der Pandemie einen Schritt hin zum digitalisierten Lernen und Arbeiten gemacht. An den Wochenenden, samstags und sonntags, finden Drop-In-Formate statt. Das heißt, man kann ohne Anmeldung dazustoßen, kleine Experimentier- und Tüftelaufgaben machen, sei es einen Roboter zu programmieren oder in Virtual Reality eine „Stadt der Zukunft“ zu bauen. Das ist kostenlos und wir bieten dieses Format für Familien an. Dann haben wir dieselbe Option im Erwachsenenbereich immer donnerstags, von siebzehn bis zwanzig Uhr, im Rahmen des sogenannten Open-Lab-Abends. Dort bieten wir ein vielfältiges Programm an, das von Zukunftsforschung über Design Thinking bis hin zur Arbeit mit den Exponaten, die wir im Lab haben, reicht. Hier wird beispielsweise mit unserer senseBox gearbeitet. Das ist eine Art Wetterstation, die die Beteiligung vieler an der Forschung ermöglicht – ein sogenanntes Citizen Science-Projekt. Wenn wir besondere Anfragen kriegen, haben wir darüber hinaus auch die Möglichkeit, im Erwachsenenbereich Workshops zu machen, zu spezifischen Themen, die in unserem Portfolio sind. Meistens sind das Themen, die sich um die Zukunft der Städte, der Ernährung, der Gesundheit, der Energie, der Arbeit drehen. In diesen Bereichen haben wir viele Möglichkeiten, auch Sonderworkshops zu machen.

Da gibt es auch diese Zukunftsboxen, die sich auf diese genannten Themen beziehen. Worum handelt es sich dabei?

Die Zukunftsboxen sind unser erstes Lernformat. Wir haben sie zu den fünf Gründungs- oder Startthemen erstellt, zusammen mit dem Education Innovation Lab, wo sehr viele innovative Lernansätze entwickelt werden. Man kennt ja aus der Zukunftsforschung diese Szenariotechnik, dass man sich verschiedene Zukunftstrends in einer STEEP-Analyse anschaut und verschiedene Zukunftsoptionen durchgeht. Wir wollten genau das für den Schulbereich adaptieren. Mit den Zukunftsboxen kann man mit Trendkarten wirklich Szenarien ‚legen‘ – Wunschszenarien oder auch Albtraumszenarien – und darüber gemeinsam diskutieren. Die Zukunftsboxen sind die Basis für unsere Workshops, weil sie einen guten Startpunkt dafür darstellen, um jenseits von Zukunftsklischeevorstellungen miteinander über verschiedene zentrale gesellschaftliche Herausforderungen unserer Zeit zu diskutieren. Zusätzlich zu den Boxen haben wir auch kostenlose Open Educational Ressources. Das sind Unterrichtsmaterialien, die von Unterrichtseinheiten bis hin zu ganzen Projektwerkstätten reichen. Diese können wir Lehrkräften an die Hand geben, wenn sie das Futurium besuchen und den Besuch vor- oder nachbereiten wollen. Was in diesem Zusammenhang auch noch wichtig ist: Die Boxen sind unter Creative Commons-Lizenz gestellt, sodass jede:r eine eigene Zukunftsbox erstellen kann, beispielsweise zum Thema „Tourismus“ oder zum Thema „CO2-Nutzungsstrategien“ etc. Man kriegt also unsere offenen Dateien und kann eine eigene Zukunftsbox erarbeiten. Wir hoffen, dass in den nächsten Jahren auf diese Weise weitere Zukunftsboxen entstehen werden.

Du hast gerade gesagt, dass ihr mit den Boxen auch jenseits von zukunftsklischeehaften Vorstellungen einsteigen wollt. Wir haben beobachtet, dass es sehr schwierig ist, in der oft kurzen Zeit, die man zur Verfügung hat, jenseits von Stereotypen oder stark vereinfachten Vorstellungen von Zukunft, ins Thema einzusteigen. Wie ist dazu eure Position? Und: Was ist euer Zugang – in Bezug auf die Boxen, aber auch ganz generell?

Die Boxen haben quasi schon so eine Methodik, die darauf abzielt, dass man einfach nicht nur das wiedergibt, was man weiß, sondern dass man mit Trends konfrontiert wird, die man im ersten Moment vielleicht gar nicht beispielsweise mit dem Thema „Zukunft der Arbeit“ in Verbindung bringen würde. Es geht uns darum, dass man sich beispielsweise nicht einfach damit zufriedengibt, zu sagen: „Eines Tages werden die Roboter unsere Arbeit übernehmen“. Es geht uns darum, dass man erst mal schaut: „Was gäbe es denn für alternative Trends?“ Und da hilft es Schüler:innen genauso wie Erwachsenen erst mal sehr, dass wir konzentriert ausgewählt haben. Wir haben also nicht hundert Trends zur Verfügung gestellt, sondern nur die vier wichtigsten, die oft in einem großen Kontrast zueinander stehen. Und dadurch gelingt das, dass wir zum Beispiel mit Schüler:innen dann relativ gut jenseits von Klischeevorstellungen Zukunftsvisionen entwickeln können.

In den Denkräumen Mensch, Technik, Natur, steht das zukünftige Verhältnis von Menschen zu diesen drei Bereichen im Mittelpunkt. In je einem Denkraum werden Themen rund um die Schwerpunkte Mensch, Technik oder Natur behandelt. Unter anderem werden dort Fragen zum Wohnen, Arbeiten, Leben in der Zukunft aufgeworfen und ausgehandelt.
Mehr dazu unter: https://futurium.de/de/ausstellung

Christian Engelbrecht, Katharina Anzengruber, Elke Zobl ( 2021): „Wir sind offen für alle.“. Das Futurium in Berlin als Erlebnisraum der Zukünfte.
Dr. Christian Engelbrecht im Gespräch mit Katharina Anzengruber und Elke Zobl. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 12 , https://www.p-art-icipate.net/wir-sind-offen-fuer-alle/