„Wir sind offen für alle.“

Das Futurium in Berlin als Erlebnisraum der Zukünfte.
Dr. Christian Engelbrecht im Gespräch mit Katharina Anzengruber und Elke Zobl

Ja, da müssen sich Museen sehr verändern und eben das Öffnen nach außen ist da sicher ein wichtiger Aspekt. Wir entwickeln im Räume-Projekt einen Rucksack, den man aufklappen kann, der dann Tisch ist oder Labor, aber auf jeden Fall tragbar, sodass wir damit mobil sind.

Ja, ich finde das ist ein schönes Bild. „Was packen wir alles in so einen Vermittlungs-Rucksack – und was ist neben Ausstattung und Materialien an Werten und Zielen wirklich zentral?“ Vielleicht ist noch wichtig zu sagen, dass wir, was unsere Herangehensweise betrifft, eben nicht ein Ort sind, wo man leise sein muss, nichts anfassen darf, bedächtig gehen muss. Wir haben ein Exponat, das nennt sich der Innere Schweinehund. Das ist ein sprechendes Sofa, das einem erzählt, warum man nicht in die Veränderung kommt. Denn den eigenen Konsum nachhaltig zu reduzieren, ist keine leichte Aufgabe. „Sollen sich doch erst mal die anderen verändern, mit den Geschäftsreisen, bevor ich mich verändere“, sagt es einem beispielsweise. Ich habe dann mal beobachtet, wie Schüler:innen auf diesem Sofa saßen und eine Schülerin hielt einen Impulsvortrag dort, mitten in der Ausstellung. Das spiegelt exemplarisch die Art und Weise wider, wie ich unsere Ausstellung wahrnehme. Man hat dort verschiedene Bereiche, wo man diskutiert, dann geht man zu einem Exponat hin, schaut: „Wie haben die das eigentlich gemacht?“, lässt sich inspirieren, kehrt zurück, entwirft erste Prototypen und diskutiert weiter. Das alles findet mitten zwischen den Exponaten statt.

Wichtiger Aspekt in Bezug auf die Öffnung bzw. das Signalisieren des Offen-Seins ist da sicher auch, dass der Eintritt frei ist. Das kann ja doch auch eine große Hürde sein.

Im ökonomischen Sinne barrierefrei zu sein, das war mit Sicherheit eine sehr wichtige politische Entscheidung. Das kann man gar nicht hoch genug einschätzen.

Ja, das glaube ich auch. Da wäre es sehr interessant, genauer hinzuschauen, inwiefern sich das auswirkt. Du hast ja vorhin den digitalen Raum angesprochen. Du hast ja schon gesagt, ihr habt im vergangenen Jahr viele Erfahrungen mit dem digitalen Raum als Vermittlungsraum gemacht. Wie schätzt du den digitalen Raum ein? Welche Potenziale bietet er? Wo liegen hingegen die Nachteile? Wie wichtig ist der digitale Raum für das Futurium?

Er ist sehr wichtig für uns, wobei wir wirklich noch am Entdecken sind, was geeignete Hybridformate sein könnten. Wir haben gelernt, dass das reine Abfilmen einer zweieinhalbstündigen Veranstaltung kein geeignetes und zukunftsfähiges Digital-Format sein sollte. Das muss anders gehen und geht auch anders. Wir haben gelernt, wie digital-kollaboratives Arbeiten möglich sein kann. Mit Erwachsenen, mit Schüler:innen. Wir haben beispielsweise einen Online-Workshop entwickelt. Remote Coding heißt er und es geht um das ferngesteuerte Programmieren von Robotern, die sich im Futurium befinden. Das ist, glaube ich, ein sehr innovatives Format, auch methodisch. Wir sind absolut überzeugt, dass trotz wachsender Bedeutung des Digitalen haptische Elemente, also das Lernen durch Begreifen, ein wesentlicher Bestandteil der Vermittlungs- und Bildungsarbeit sind – und auch bleiben werden. Und unsere Ausstellung selbst ist ja sehr interaktiv und lädt zum Diskutieren ein, zum Ausprobieren, zum Szenarien-Durchspielen. Das alles kann und soll nicht durch das reine Online-Stellen von Content ersetzt werden. Wir brauchen auch öffentliche Orte, wo die Leute zusammenkommen. Darüber hinaus ist dieser Ort, an dem das Futurium steht, ja mitten im Regierungsviertel, mit Blick auf die Spree, auf den Mauerweg, auf das Kanzleramt, auf den Bundestag. Das ist auch ein symbolischer Ort, an den man als Bürger:in hinkommt, durch das Panoramafenster schaut und dadurch vielleicht auch nochmal einen anderen Bezug hat als in einer Zoom-Konferenz, wo man auf den Bildschirm starrt. Aber das sage ich heute natürlich auch unter dem Eindruck einer Zoom-Fatigue, die uns alle seit Corona getroffen hat.

In den Denkräumen Mensch, Technik, Natur, steht das zukünftige Verhältnis von Menschen zu diesen drei Bereichen im Mittelpunkt. In je einem Denkraum werden Themen rund um die Schwerpunkte Mensch, Technik oder Natur behandelt. Unter anderem werden dort Fragen zum Wohnen, Arbeiten, Leben in der Zukunft aufgeworfen und ausgehandelt.
Mehr dazu unter: https://futurium.de/de/ausstellung

Christian Engelbrecht, Katharina Anzengruber, Elke Zobl ( 2021): „Wir sind offen für alle.“. Das Futurium in Berlin als Erlebnisraum der Zukünfte.
Dr. Christian Engelbrecht im Gespräch mit Katharina Anzengruber und Elke Zobl. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 12 , https://www.p-art-icipate.net/wir-sind-offen-fuer-alle/