Introduction: INITIATE! I am a Cultural Producer
INITIATE! Dieser scheinbar so simple Imperativ beschreibt nicht nur treffend unseren als Erstausgabe gestalteten Themenschwerpunkt, sondern bedeutet auch einen, wenn nicht gar den wesentlichen Schritt im sogenannten „kulturellen Bedeutungskreislauf“ – vor allem, wenn ein aktives und bewusstes Mitgestalten dessen, was als Kultur verstanden wird, angestrebt wird. Da dieser Prozess der kulturellen Mitbestimmung oft von Einzelpersonen aktiviert bzw. in Gang gesetzt wird, haben wir bewusst den Untertitel „I Am A Cultural Producer“ gewählt.
Denn ob die von uns im Praxisteil („Practice“) vorgestellten kulturellen InitiatorInnen wie Chris Müller („Theater am Hausruck“), Dorit Ehlers („ohne titel“), Rainer Kern („Enjoy Jazz“), Daniel Friesenecker („JunQ.at“) und Sandra Chatterjee/ Cynthia Ling Lee („Initiate, Transform, Sustain, Reach Out“) als „Cultural Producer“ zu bezeichnen sind, ist eine der zentralen Fragestellungen, die wir seit Gründung unseres Programmbereichs „Contemporary Art & Cultural Production“ zu erforschen suchen. So haben auch unsere kurz vor dem Abschluss stehenden AbsolventInnen des ULG Lehrgangs „Cultural Production“ („MA Cultural Production“) in ihren Masterarbeiten Projekte entwickelt, die sich mit aktuellen kulturellen Phänomenen sowohl wissenschaftlich als auch künstlerisch auseinandersetzen und neue Sichtweisen etablieren wollen.
Wir sind überzeugt, dass „Kultur zu produzieren“ einerseits exakt jene Impulse erfordert, die – wie die von uns vorgestellten Initiativen kulturelle Phänomene auf- und in diese eingreifen. Andererseits sind Partizipation sowie Mitwirkung und -gestaltung zahlreicher und unterschiedlicher AkteurInnen notwendig, damit Prozesse der Neuausrichtung, Verschiebung und Veränderung von bestehenden kulturellen „Gepflogenheiten“ initiiert werden können. Wir versammeln diese Prozesse, die in einer Auffassung von Kultur als gelebte Alltagspraxis münden, unter dem Begriff der „Matrix of Cultural Production“ („The Matrix of Cultural Production“). Diese Matrix umfasst sowohl aktuelle Entwicklungen in der zeitgenössischen Kunst als auch kollaborativ produzierte kulturelle Bedeutungsverschiebungen (vgl. Cultural Hacking). Innerhalb der Matrix sehen wir auch neue Kompetenzprofile und Handlungsräume für KulturmanagerInnen entstehen: Denn der/ die KulturmanagerIn, der/ die an der Schnittstelle zeitgenössischer Kunst- und Kulturproduktion agiert, wird zukünftig verstärkt gefordert sein, Prozesse kultureller Produktion aktiv zu begleiten und als zentrale/ r KommunikatorIn einen offenen und vielschichtigen Ablauf zu moderieren („Art goes Culture“).
Daniela Prantl untersucht Strategien des „Culture Jammings“ und versucht, Impulse der von ihr untersuchten zeitgenössischen Kunstrichtung als Denkanstöße für andere Disziplinen fruchtbar zu machen. Inwiefern das kollektive Gestalten öffentlicher Räume eine zentrale Rolle für den gesellschaftlichen Wandel einnehmen kann, erforscht Laila Huber („Urban Gardening“) und Elke Zobl erläutert anhand des Beispiels Ladyfest, wie die Schaffung eigener niederschwelliger Kulturräume jungen Frauen neue Handlungsmöglichkeiten und -ermächtigungen erschließt („Zehn Jahre Ladyfest“).
Besonders freut uns, dass sich in der ersten Ausgabe von p/art/icipate Die Kulturproduzentinnen vorstellen und über ihre Aktivitäten berichten. Schon bei der Erstellung des Curriculums unseres Studienschwerpunktes war uns ein zentrales Anliegen, Studierende dabei zu unterstützen, selbst aktiv zu werden. Wir haben uns für die Lehre daher zum Ziel gesetzt, anwendungsorientierte Methoden mit theoretischer Interdisziplinarität zu verknüpfen, sodass nicht nur das Know-how, sondern auch Kompetenzen und die Lust an eigener Projektentwicklung erworben werden („Kultur kollaborativ produzieren“). Und exakt dies ist in und mittels der zweisemestrigen Lehrveranstaltung „I am a Cultural Producer“ geglückt: Über ihre Gründung als Die Kulturproduzentinnen, die Organisation eines von Interventionen begleiteten „Round Tables“ sowie einer Ausstellung berichtet jene Gruppe von engagierten Studierenden, die sich in einem Seminar des Moduls „Cultural Production“ kennengelernt und formiert hat („We are all Cultural Producers“).
Wer sich darüber hinaus inhaltlich in den Themenkomplex Cultural Production vertiefen möchte, dem sei unsere Rubrik „Recommended“ empfohlen, die weiterführende Lektüre und Links bietet. Besonders möchten wir unter dieser Rubrik Elke Zobls neu erschienene Publikation Feminist Media. Participatory Spaces, Networks and Cultural Citizenship empfehlen. „Open Space“ bietet den entsprechenden Raum, den die Themenvielfalt benötigt, die sich beim „Kultur produzieren“ auftut, und in „Notes“ fassen wir all das zusammen, was im Kunst- und Kulturbereich unsere besondere Aufmerksamkeit gewonnen hat.
Abseits des Themenfokus’ der ersten Ausgabe haben wir einige Rubriken zusammengestellt, die in allen Ausgaben ihren Fixplatz einnehmen: „Activities“ geben einen Rückblick auf Forschungs- und Lehraktivitäten des zurückliegenden Semesters und „Preview“ stellt kommende Gastvorträge, öffentliche Ringvorlesungen sowie empfehlenswerte Lehrveranstaltungen vor. Im „Forum“ werden zukünftige Rückmeldungen und Kommentare zu p/art/icipate ihren Platz finden. Wir hoffen auf zahlreiche ergänzende Diskussionsbeiträge!
Viel Vergnügen mit unserer Erstausgabe!
Herzlichst,
Siglinde Lang
Inhaltliche Koordination Ausgabe #01
Siglinde Lang ( 2012): Introduction: INITIATE! I am a Cultural Producer. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 01 , https://www.p-art-icipate.net/introduction/