Kulturwissenschaft und Praxis entre-vue
Diese Lehrveranstaltung im Sommersemester 2014 ließ angewandte Kulturwissenschaft und die Praxis des Kunst- und Kulturbetriebs mithilfe der Befragungstechnik Interview aufeinandertreffen.
Fragend das Fragen befragen: Redundanter Zirkelschluss oder bereichernde Lernstrategie?
Zentrale Aufgabe an die Studierenden war, mehr über den Einsatz und die Funktion von Interviews und Befragungsformaten in unterschiedlichsten Arbeitsbereichen und professionellen Profilen des Kunst- und Kulturbetriebs herauszufinden. Nicht nur der Blick auf die Berufspraxis sollte damit geschärft und damit verbundene, eigene Vorstellungen einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. Auch über die Mechanismen und Wirkungsweisen dieser wenig beachteten aber doch omnipräsenten Wissenspraxis nachzudenken, war Ziel der Übung.
Entre-vue. Das Interview als Zusammenkunft
Das Interview wird als systematische Befragungstechnik in unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen und wissenschaftlichen Disziplinen verwendet. Ausgehend von der Tatsache des Noch-Nicht-Wissens liegt ihm stets ein gezieltes Erkenntnisinteresse zugrunde. Interviews dienen der Informationsbeschaffung, Vermittlung, Dokumentation, der Selbstdarstellung oder -reflexion und können als produktive, transdisziplinäre Scharniere verstanden werden, mit denen sich verschiedene Wissensfelder und Erkenntnisprozesse verschränken lassen.
Nach vorbereitenden Recherchen über spezifische Arbeitsfelder und Tätigkeitsbereiche im Kunst- und Kulturbetrieb führten die Studierenden in Salzburg sowie im Rahmen einer Wien-Exkursion selbst Interviews durch. Gefragt wurden JournalistInnen, LiteraturkritikerInnen, VerlegerInnen, AutorInnen, RegisseurInnen, DramaturgInnen, KuratorInnen und KulturwissenschaftlerInnen nach den Anwendungsbereichen und Funktionen von Interviews in ihrer jeweiligen Disziplin bzw. im Kontext des dazugehörigen Vermittlungsbetriebs. Durch diesen Austausch wurde die mediale und formale Erscheinungsvielfalt erkennbar, die Befragungen im Anwendungskontext des Kunst- und Kulturbetriebs annehmen können.
Ob Video, Audio oder Transkription: Einsatzspektrum sowie Funktionen des Interviews sind breit gefächert und in unterschiedlichster Weise mit Authentizitätsversprechen verbunden: KünstlerInnen- und SchriftstellerInneninterviews; Interviews als (künstlerische) Recherchepraxis; Interviews als Textsorte des Journalismus, der Kunstkritik, der Kunstwissenschaft; Interviews als Methode der Datengenerierung oder als gar Teil einer künstlerischen Intervention.
Der Umweg ist das Ziel
Letztendlich war es also die Praxis des Interviewens selbst, die es ermöglichte, sich detailreiche Kenntnisse über die Funktionsweisen des Betriebs sowie Kompetenzen in der Bearbeitung, Aufbereitung und Kommunikation der gewonnen Ergebnisse anzueignen. Diese Vorgehensweise eröffnete Orte für Neues, ebenso wie sie Werkzeuge für die kritische Hinterfragung unterschiedlicher Politiken der Wahrheit zur Verfügung stellte.
Sehr herzlich danken wir den Auskunftspersonen des Museums der Moderne Salzburg (Sabine Breitwieser), der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg (Hildegund Amanshauser), der Edition Atelier (Sarah Legler, Jorghi Poll), der Galerie Krinzinger (Barbara Pflanzner), der Wiener Festwochen (Elisabeth Schack), des Tanzquartier Wien (Sandra Noeth), von EduCult (Michael Wimmer, Anke Schad) und Theater Ortszeit (Ursula Reisenberger) sowie Ulrike Schmitzer, Silvana Steinbacher und Anton Thuswaldner. Vielen Dank für die gewinnbringende Zusammenarbeit, die für die Studierenden reservierte Zeit und Offenheit sowie die Bereitschaft, sich befragen zu lassen!
Antonia Rahofer ( 2014): Kulturwissenschaft und Praxis entre-vue. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 05 , https://www.p-art-icipate.net/kulturwissenschaft-und-praxis-entre-vue/