So kompliziert wie Situationen sind
Temporäre Eingriffe im Spannungsfeld zwischen Verunsicherung und Ermächtigung
„So wie ich will!“ – „Ist das so?“ – „Was heißt alle?“ – „Und was hat das mit mir zu tun?“ lauten einige Projektnamen der Forschungs- und Vermittlungsarbeit von trafo.K und der mitschwingende Unterton verrät bereits das emanzipatorische Begehren – das Infragestellen von bestehenden Selbstverständlichkeiten und die damit einhergehende Durchkreuzung von dominanzkulturellen Diskursen und normativen Größen. trafo.K ist ein institutionsunabhängiges Wiener Büro für Vermittlung und kritische Wissensproduktion. Dazu gehören Medien- und Jugendprojekte, künstlerische Interventionen, wissenschaftliche Studien, Schulungen, Workshops und Consulting für Museen und Ausstellungen sowie Projekte im öffentlichen Raum. Unsere Schwerpunkte sind zeitgenössische Kunst, Wissenschaftsvermittlung und Zeitgeschichte.
Der Beitrag beschäftigt sich mit einer kritischen Kunstvermittlungspraxis und deren Herangehensweisen: Mit welchen Mitteln werden Räume geschaffen, wird Platz erobert und Handeln möglich gemacht? Anhand von drei Projektbeispielen aus der Praxis von trafo.K – „Sachen, die einen Unterschied machen“ (2011), „wo, wenn nicht hier …“ (2012) sowie „Flic Flac“ (seit 2009) möchte ich den Interventionsbegriff mit dem dekonstruktiven und transformativen Vermittlungsdiskurs in Verbindung setzen. Dabei geht es um Fragen nach Zwischenräumen, in denen Widersprüche und Brüche sichtbar werden. Es handelt sich um Projekte mit Schüler_innen, die inhaltlich und methodisch herrschaftskritisch ausgerichtet waren / sind und wo die Projektteilnehmenden im Vermittlungsprozess unterschiedliche Strategien der Aneignung und der Selbstermächtigung angewendet haben und anwenden.
In den Projekten von trafo.K verhandeln wir Inhalte kritischer Wissenschaften und setzen Strategien aus zeitgenössischer Kunst und emanzipatorischer Bildung als Mittel ein. So stellen wir Öffentlichkeiten für alternative Geschichten und Bilder, Raum für Nachdenkprozesse und Utopien her. Es interessiert uns, was geschehen kann, wenn unterschiedliche Wissensformen, künstlerische Strategien und gesellschaftsrelevante Themen zusammenkommen. Dabei lassen wir uns auf kollektive, emanzipatorische Prozesse ein, bei denen unterschiedliche Perspektiven aufeinander treffen und neue Handlungsräume entstehen.
Auch wir Vier von trafo.K tragen unterschiedliche Zugänge und Fragen in die Arbeit hinein. Nora Sternfelds Schwerpunkte liegen in der Bildungs- und Ausstellungstheorie sowie in der Verbindung von Theorie und Praxis. Ines Garnitschnig ist Sozialwissenschafterin und hat einen spezifischen Fokus auf Bildungsforschung, Leben in der Migrationsgesellschaft und qualitative sozialwissenschaftliche Methoden. Renate Höllwart ist Kunst- und Kulturvermittlerin mit den Schwerpunkten Zeitgeschichte, Kunstvermittlung in der Migrationsgesellschaft und öffentlicher Raum, während ich, Elke Smodics, als Kunst- und Kulturvermittlerin Projekte im öffentlichen Raum kuratiere und mich schwerpunktmäßig mit Vermittlungsfragen von feministischen Inhalten und zeitgenössischer Kunst in der Lehrlingskulturarbeit beschäftige.
In unseren Projekten geht es darum, Räume für Prozesse zu öffnen, die sich der „zu kleinen Box“ – eine Umschreibung des Künstler_innenkollektivs Guerilla Girls für Stereotypen (*1) – entgegenstellen. Und um bei dem Box-Bild, das das Sichern und Bewahren von hegemonialen Diskursen widerspiegelt, zu bleiben, geht es in der Vermittlungsarbeit nicht nur darum, Verhältnisse sichtbar und verhandelbar zu machen, sondern verändernd in diese einzugreifen und Gegenbilder zur Box zu entwerfen. Dies bedeutet aber auch, dass nicht nur Ermächtigung geschieht, wenn wir über Machtverhältnisse sprechen und diese aufbrechen, sondern auch Verunsicherung.
Im Folgenden stelle ich Ansätze, Strategien und Verhandlungen der Vermittlungspraxis vor und berichte sehr wohl von Sackgassen und Formen des Scheiterns, aber auch von Momenten der Neuverhandlung, in denen manches doch ein Stück auf die Seite gerückt werden kann …
Elke Smodics ( 2014): So kompliziert wie Situationen sind. Temporäre Eingriffe im Spannungsfeld zwischen Verunsicherung und Ermächtigung. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 05 , https://www.p-art-icipate.net/so-kompliziert-wie-situationen-sind/