So kompliziert wie Situationen sind

Temporäre Eingriffe im Spannungsfeld zwischen Verunsicherung und Ermächtigung

Zwischenräume und Handlungsfelder: Zwei Projekte im Brigittenauer Gymnasium

 

„WiderstandsWunschMaschine“, WIENWOCHE 2013, Foto: Fabian Koller

„WiderstandsWunschMaschine“, WIENWOCHE 2013, Foto: Fabian Koller

Unsere Projekte sind ergebnisoffen konzipiert, um einen Experimentier- und Handlungsraum für eine gemeinsame Wissensproduktion zu öffnen und unterschiedliche Herangehensweisen und Kompetenzen zusammenzuführen. Für den Vermittlungsprozess ist es wichtig, dass die Teilnehmer_innen Einfluss auf die Struktur der Projekte nehmen, die wir gemeinsam entwickeln und bearbeiten und dass sie diese bis zum Endergebnis mitbestimmen. Dazu eignet sich das Format des Workshops.

In der Realisierung unserer Projekte hatten wir schon mehrfach Gelegenheit, mit Schüler_innen des Brigittenauer Gymnasiums (im 20. Wiener Gemeindebezirk) zu kooperieren. Aber nur in den seltensten Fällen gibt es die Möglichkeit, die sich uns zuletzt eröffnete: mit derselben Klasse in zwei verschiedenen Projekten zusammenzuarbeiten.
Dies bot die Chance, im Verlauf von zwei Jahren den initiierten emanzipatorischen Vermittlungsprozess fortzuführen. In beiden Projekten mit dieser Klasse setzten wir uns mit dem Thema sozialer Raum, zum einem in seiner gestalterischen Dimension und zum anderen in seiner politischen Konstruktion, auseinander. Indem Zugangsbarrieren und Verbote in den Blick genommen wurden, entwickelten sich im Prozess Handlungsräume. Durch den Fokus auf die Zwischenräume entstand ein Experimentierfeld für das Agieren innerhalb der Verunmöglichungen durch institutionelle Logiken.

Die erste Begegnung mit der Schulklasse fand im Rahmen des Pilotprojekts „Sachen, die einen Unterschied machen“ statt. Im Rahmen der Workshopreihe*1 *(1) wurde eine Auseinandersetzung mit Social Design angestrebt, die im Sinne eines Erhebungsverfahrens auf Wünsche und Erfahrungen von Schüler_innen ebenso wie von Lehrenden reagierte. Da hier die Vermittlung insofern selbst Thema war, als es um die Entwicklung und das Ausloten verschiedener Vermittlungsmethoden ging, wurden die Schüler_innen des Brigittenauer Gymnasiums zu Expert_innen, die sich gemeinsam mit der Designerin Kathrina Dankl, der Architektin Gabu Heindl und den Vermittler_innen von trafo.K in einer kollaborativen Zusammenarbeit mit Vermittlungsfragen beschäftigten.

Dabei wurde Raum für einen transdisziplinären Wissenstransfer zwischen den Beteiligten initiiert und Strategien zur Aneignung des Themas wurden gemeinsam ausverhandelt.star (*2) Ausgangspunkt für die Erarbeitung des Themas war die Auseinandersetzung mit Fragen nach Gesellschaft, Gerechtigkeit, Demokratie, Partizipation, Solidarität und Fair Trade. Im Zentrum der Arbeit mit den Schüler_innen standen Fragen wie: Was ist Social Design? Wie verändert es den Alltag? Wie kann Schule für uns gestaltet werden? Wie kann/soll Design SchülerInnen vermittelt werden? Die Vienna Design Week 2011 wurde als Raum für Wissensproduktion eingebaut. Dabei wurden Verschränkungen zwischen dem Alltag der Schüler_innen, Praxen im Social Design und Gestaltungstheorien hergestellt.

„Sachen, die einen Unterschied machen“, Vienna Design Week 2012, Foto: Maria Hündler

„Sachen, die einen Unterschied machen“, Vienna Design Week 2012, Foto: Maria Hündler

 

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»A stereotype is a box usually too small, that a girl gets jammed into« („Ein Stereotyp ist eine gemeinhin zu kleine Box, in die ein Mädchen hineingequetscht wird.“) Guerrilla Girls (2003): Bitches, Bimbos and Ballbreakers: The Guerrilla Girls’ Guide to Female Stereotype. Penguin
Books, S. 7.

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Vgl. Büro trafo.K: Formate der Vermittlung. In: schnittpunkt (Hg.): Handbuch Ausstellungstheorie und -praxis, S. 103–110.

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Nora Sternfeld (2012): Um die Spielregeln spielen! Partizipation im post-repräsentativen Museum. In: Susanne Gesser et al. (Hg.): Das partizipative Museum: Zwischen Teilhabe und User Generated Content. Neue Anforderungen an kulturhistorische Ausstellungen. Bielefeld. http://www.academia.edu/4200578/Um_die_Spielregeln_spielen_Partizipation_im_post-reprasentativen_Museum

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Vgl. Nora Sternfeld (2011): Vortrag: Handlungsräume – Von der Kritik und der Tat, ÖGFA Impulsvorträge und Diskussion: Schule machen!

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Vgl. Marty Huber und Markus Griesser: Vorisse. In: Kulturrisse – Zeitschrift für radikaldemokratische Kulturpolitik (Schwerpunkt: Queere De-/Konstruktionen: Von Abtragungen und Baustellen), S. 1.

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Siehe hierzu auch: Büro trafo.K: Die komplizierte Tätigkeit der Selbstveränderung. Praxen und Fragen bei Vermittlungsprojekten in der Migrationsgesellschaft. Art Education Research, No. 8/2014, S. 1–3.

Wir entwickelten im Auftrag der Vienna Design Week 2011 Tools für Designvermittlung. Das jährlich stattfindende Festival präsentiert nationale wie internationale Designpositionen im Rahmen unterschiedlicher Veranstaltungen an verschiedenen Orten der Stadt.

O-Ton Bemerkung einer Schüler_in des Brigittenauer Gymnasiums, Radiobeitrag Wienwoche (10): Raum für Raum – Workshop mit trafo.K im BORG 20 http://cba.fro.at/64470 , Workshops zum Schwerpunkt Raum umverteilen, WIENWOCHE 2012, http://www.wienwoche.org/de/wienwoche/

Zitat eines KFZ-Lehrlings von Jugend am Werk, 2014.

Dieser kann auf der Website von trafo.K als pdf heruntergeladen werden: http://www.trafo-k.at/_media/download/FlicFlac_Glossar.pdf

Elke Smodics ( 2014): So kompliziert wie Situationen sind. Temporäre Eingriffe im Spannungsfeld zwischen Verunsicherung und Ermächtigung. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 05 , https://www.p-art-icipate.net/so-kompliziert-wie-situationen-sind/