Filmrezension: Everyday Rebellion
„It is time to change things and build a better society together!“
In dem Dokumentarfilm „Everyday Rebellion“, der von den beiden österreichischen Filmemachern iranischer Herkunft Arash T. Riahi und Arman T. Riahi realisiert wurde und seit Frühling diesen Jahres in österreichischen Kinos gezeigt wird, werden verschiedenste Graswurzelbewegungen und Formen des kreativen zivilen Ungehorsams bzw. des gewaltlosen Widerstands präsentiert.
All diesen Bewegungen und Protestformen ist gemein, dass sie von Menschen initiiert und getragen werden, die mit den sozialen, politischen und ökonomischen Bedingungen in einer zunehmend vom Kapitalismus geprägten Weltgesellschaft unzufrieden sind. Menschen, wie du und ich. Menschen, die erkannt haben, dass eine Änderung dieses kapitalistischen, hierarchischen, patriarchalen und ungerechten Systems nicht von sich aus geschehen wird, sondern dass es unser aller Aufgabe ist und dass es in unseren eigenen Händen liegt, eine bessere (Welt-)Gesellschaft zu schaffen. Sie haben erkannt, dass wir selbst die Gesellschaft beeinflussen und ändern können – mithilfe kreativer Formen des gewaltlosen Widerstands.
AktivistInnen verschiedenster Bewegungen und Gruppen, vom spanischen „Movimiento 15-M”, den “Yes Men”, “Femen”, den Protesten am Tahrir Square in Ägypten oder am Azadi Square im Iran bis hin zur “Occupy”-Bewegung in New York City, dem spanischen Protestchor “Solfonica” oder den AktivistInnen von “Love Police Everything is OK” in London, kommen im Film zu Wort, geben Einblicke in ihre Arbeitsweise und erläutern, wie man mithilfe kreativer Formen des gewaltlosen Widerstands Gegenöffentlichkeiten herstellen kann, in denen der Status Quo kritisiert wird und alternative Sichtweisen zum Ausdruck gebracht werden bzw. aufgezeigt wird, wie man selbst aktiv werden und die Gesellschaft mitgestalten kann. Man erkennt, dass es viele einfache Mittel und Wege gibt, wie man den öffentlichen Raum einnehmen kann und seine Botschaft in die Öffentlichkeit tragen kann. So wurden beim “Global Noise Day” einfache Pfannen und andere Haushaltsgeräte genutzt, um möglichst viel Lärm zu erzeugen, und gegen die zunehmende Sparpolitik und Verschuldung von Individuen weltweit zu demonstrieren. Bei der Initiative “Rolling Jubilee” der “Strike Debt”-Bewegung, die in den USA ins Leben gerufen wurde, um auf die weit verbreitete und vom kapitalistischen System intendierte Verschuldung vieler Menschen aufmerksam zu machen und ihnen einen Weg aus der Schuldenfalle aufzuzeigen, werden von einem Stiftungsfonds für beispielsweise 5000 $ 100.000 $ Schulden “erworben”, die wiederum dazu genutzt werden, die Schulden der GläubigerInnen zu tilgen. So wird das System auf effektive Art und Weise ausgetrickst und die Menschen werden von ihrer Schuldenlast erlöst.
Es wird aber auch verdeutlicht, dass oft jahrelange harte Arbeit von AktivistInnen im Verborgenen geleistet wird, bevor ein massenwirksamer Protest in der Öffentlichkeit stattfinden kann. Jede Protestbewegung muss im Kleinen anfangen, aber es gibt Tricks und Tipps, wie man die Botschaften der Bewegung einfach und schnell verbreiten kann. So wird in dem Film aufgezeigt, dass Graffitis eine simple und effektive Methode sind, um das Symbol einer Bewegung zu verbreiten und ihr zu mehr Bekanntheit und Unterstützung zu verhelfen. Von enormer Wichtigkeit für die Menschen in Ländern, in denen jegliche Form des Widerstands unterdrückt wird und eine Gefahr für das eigene Leben und das der Familienmitglieder darstellt wie im Film am Beispiel von AktivistInnen in Syrien oder dem Iran dargestellt wird, sind Methoden, die möglichst viele Menschen erreichen, aber zugleich die AktivistInnen nicht gefährden. In Syrien färbten AktivistInnen beispielsweise mehrere Brunnen rot, um auf die Massaker und das Blutvergießen in Syrien aufmerksam zu machen, oder versteckten Flyer in Ballons, die oben in der Luft zerplatzten und die Botschaften wieder nach unten zu den Menschen segeln ließen. Eine weitere “ungefährliche” Form des Protests ist es, die Botschaften der Bewegung auf Geldscheine zu schreiben, die dann von einer Hand zur anderen weitergereicht werden und folglich viele Menschen erreichen.
Veronika Aqra ( 2014): Filmrezension: Everyday Rebellion. „It is time to change things and build a better society together!“. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 05 , https://www.p-art-icipate.net/filmrezension-everyday-rebellion/