Nicht erst seit Corona, sondern seit der Entstehung des Web 2.0 verschmelzen das physische und das virtuelle Dasein und Handeln immer mehr – doch gerade seit März 2020 wird diese Verzahnung auch im Kunst- und Kulturbereich deutlich forciert. Mit hybriden Räumen bzw. ganz allgemein dem Web 2.0 wird oftmals die Hoffnung verbunden, dass diese Zugänge zur Demokratisierung und Einbindung verschiedenster Anspruchsgruppen führen. Auch hinsichtlich der Eindämmung der Klimawandelfolgen und des CO2-Ausstoßes werden mit Beteiligungsverfahren große Hoffnungen verbunden.
Der vorliegende Beitrag geht anhand konkreter Beispiele folgenden Fragen nach: Inwiefern können Räume an der Schnittstelle von physischer und virtueller Teilhabe – also hybride Räume – in der Kunstvermittlung interessant sein, vor allem, wenn es darum geht, für Themen im Kontext von Umwelt und Klima zu sensibilisieren? Wie können derartige Räume aussehen und was kennzeichnet sie? Welche Chancen ergeben sich, was ist kritisch zu sehen? Inwiefern ist es gerechtfertigt, von hybriden partizipatorischen Räumen zu sprechen? Dies geschieht im Bewusstsein, dass sowohl der Begriff der Hybridität als auch der der Partizipation in diesem Rahmen nur in aller Kürze und nicht ausdifferenziert verhandelt werden.
Demokratisierung durch Mixed Reality?
In der Tat hat sich in den letzten 20 Jahren der Schwerpunkt vom Publishing zur Partizipation verschoben und das Web wurde von einer starren Informationsquelle zu einem interaktiven Mitmachmedium (vgl. O’Reilly 2005). (*12) Der Begriff der „Partizipation“ ist jedoch in diesem Zusammenhang durchaus kritisch zu beleuchten. Denn sowohl im Bereich der Kunst (vgl. Cornwall 2008; (*3) Feldhoff 2011; (*4) Scheurle 2017; (*14) Mataresso 2019 (*10)) wie auch im Bereich der Umweltbildung (vgl. Walk 2013; (*16) Baasch 2015 (*1)) wird der Begriff geradezu inflationär verwendet und meint Beteiligungsverfahren, die von symbolischer bis transformativer Teilhabe reichen. Insbesondere dann, wenn den Beteiligten wenig oder keinerlei Einfluss auf die Prozessgestaltung, Fragestellungen oder auf die Analyse und Ergebnisproduktion eingeräumt wird, stellt sich jedoch die Frage, inwiefern Ziele wie Demokratisierung oder Aktivierung tatsächlich erreicht werden können.
Das Hybride von Räumen ergibt sich – in Anlehnung an Javanshirs Hybrid Game Model (vgl. Javanshir et al. 2019) (*7) – durch die Kombination verschiedener Kanäle und Zugangsmöglichkeiten, über die Teilnahme stattfinden kann, je nach aktuellen Bedürfnissen und je nach Situation. Sowohl die Teilnahme über die physische als auch über die virtuelle Welt sind realitätskonstruierend. „[B]ig and small screens blend virtual environments into everyday life, and old binaries dissolve as the virtual and the actual take on a ‘strange equality.’” (Welsh 2016: 171) (*17) So entsteht in hybriden Räumen eine Realität, welche als „mixed reality“ (MR) bezeichnet wird. Oder mit Donna Haraway (vgl. 1995) (*6) gedacht: eine cyborgische Welt, bestehend aus Natur-Techno-Kultur-Netzwerken.
Liegt in dieser Verflechtung von digitalen und physischen Räumen und der gleichzeitigen Verzahnung von Kunst und Natur ein möglicher Weg, um das Wissen um den Klimawandel und seine Folgen zu vermitteln? Der Philosoph Roman Krznaric schreibt angesichts der drohenden, gravierenden Folgen der Klimakrise, dass es nicht an Wissen oder Argumenten fehle, stattdessen brauche es „practical measures to help those who are distant through time or distant across space. If we fail to become empathetic revolutionaries, the gap between climate knowledge and action will never be closed.” (Krznaric 2008: 12) (*9)
Martina Fladerer ( 2021): Hybride Vermittlungsräume, Partizipation und Umweltbewusstsein: Ein Match?. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 12 , https://www.p-art-icipate.net/hybride-vermittlungsraeume-partizipation-und-umweltbewusstsein-ein-match/