Das Projekt SISI: Ein „Spekulatives Institut für Soziale Interventionen“
Auf der Suche nach neuen Räumen der Gemeinschaft im städtischen und digitalen Raum.
Jan Phillip Ley und Theresa Muhl im Gespräch mit Anita Thanhofer
TM: Als wir vor Ort, in unserer Institutszentrale waren, einem leerstehenden Ladenlokal mit einem großen Fenster, über das wir mit den Leuten kommunizieren wollten, war das schwierig. Wir waren ja nur für kurze Zeit dort – eher wie eine kleine Zecke, die sich zehn Tage lang im Leerstand einnistete und dann auch wieder weg war. Es existiert extrem viel Leerstand, aber ich glaube, die Menschen nehmen das gar nicht so wahr. Sie gingen an uns vorbei. Ich glaube, wir hätten einfach mehr Zeit gebraucht, um dort richtig anzukommen, sodass unser Ladenlokal tatsächlich mit den Bewohner:innen kommuniziert hätte. Wir versuchten natürlich, in einen Dialog zu treten und auf uns aufmerksam zu machen: über Mundpropaganda, über Zettelchen, die wir aufhängten oder über das Verteilen von Flyern. Als Teil der Vienna Design Week hatten wir zwar prinzipiell schon eine Plattform, es war für uns allerdings total schwierig, sie gut zu nutzen, weil wir nicht in der Festivalzentrale waren, sondern ganz emanzipiert gesagt haben: „Nein. Wir wollen das nicht. Wir wollen allein und eigenständig sein.“ Wir wollten im Stadtraum sein. Dort haben wir aber gemerkt, dass man Gemeinschaft nicht allein machen kann. Man braucht die Grundlage einer Community, um alles ins Laufen zu bringen.
JPL: Wenn man Community-Arbeit machen will, dann braucht man natürlich eine Community. Es gibt auch nicht nur eine Community in einem Grätzel. Es gibt dort immer viele Communitys und viele Interessen. Dazu kommt, dass ein Werkzeug wie unseres nicht alle bedienen können. Auch haben wir in der Umsetzung gemerkt, dass die Sprache, die wir verwendet haben, sehr auf Inszenierung abzielte und dadurch auch gewisse Schwellen aufgebaut hat. Wir haben also überlegt: „Wie schaffen wir es, in den zehn Tagen dennoch Kontakt zu den Communitys aufzubauen?“ Wir wollten sie quasi von unserer Idee überzeugen oder ihnen unser Tool in die Hand geben, sodass sie es sich eigenständig aneignen und für ihre Zwecke verwenden können.
TM: Es war ein ganz wichtiger Wendepunkt in der ganzen Umsetzung unseres Projektes, als wir wirklich vor Ort waren und mit der Frage konfrontiert waren: „Wir sind jetzt in diesem Stadtraum, aber wie kommen wir an die Leute heran?“ Wir haben uns dann wirklich lokal an einzelne Communitys gewandt, Leute angeschrieben und eingeladen. Auf diese Weise hat sich schließlich doch etwas entwickelt.
Mit wem und in welcher Weise habt ihr die konkrete Umsetzung des Projekts SISI im Rahmen der Vienna Design Week gestaltet?
TM: Es gab einmal das ‚Dahinter‘ und einmal das ‚Davor‘. Hinter den Kulissen gab es uns beide, Jan Phillip und mich, und eine Grafikdesignerin, die die digitale Kommunikation und auch viel Print gemacht hat. Dann war ein Politikwissenschaftler mit an Bord, der sich zum Beispiel mit dem Thema des ‚Nudging‘ beschäftigt hat. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, inwiefern mich der Stadtraum, oder die Gestaltung des Stadtraums in meinen Entscheidungen beeinflussen kann. Darüber hinaus haben wir mit Leuten aus dem Bereich der Szenografie und der Bühne gearbeitet, die – wie ich auch – eher in Richtung performativen Urbanismus arbeiten. Auch aus dem Feld der Psychologie hatten wir Mitarbeitende. Besonders wichtig waren für dieses Projekt aber auch jene Menschen, die – sozusagen in der Umsetzung – von außen kommen. Einige Menschen sind ganz interessiert in das Ladenlokal gekommen und haben dort Informationen eingeholt. Andere Personen aus dem internen Bereich haben wir direkt angeworben. Das waren Freund:innen oder Bekannte, die wir zu Spaziergängen eingeladen haben. Dann gab es die Communitys, die wir versucht haben, mit ins Boot zu holen, zum Beispiel die Grünen aus dem 9. Bezirk. Über sie konnten wir unser Ladenlokal kostenlos nutzen. Das Problem lag aber darin, dass wir uns ursprünglich keiner Partei zuwenden wollten. Dann war es aber so, dass wir mit Momo Kreutz zusammengekommen sind, der Bezirksvorsteherin der Grünen im 9. Bezirk. Das war letztlich schon sehr bereichernd, weil sie uns mit der Gruppe der Lokalen Agenda und anderen lokalen Schlüsselfiguren in Kontakt bringen konnte. Das war für uns und das Projekt enorm wichtig.
JPL: Im Idealfall sind Partizipationsprozesse für mich dann erfolgreich, wenn wirklich alle, die interessiert sind, gemeinsam Dinge entwickeln, erarbeiten und weitergeben können. Das braucht allerdings viel Arbeit und viel Zeit. Es muss einem auch bewusst sein, dass man scheinbar immer, wenn man etwas Digitales macht, bestimmte Menschengruppen von Anfang an ausschließt, weil bei bestimmten Personengruppen die Schwellen im Umgang mit digitalen Medien sehr hoch sind. Das ist auch der Grund, warum es immer Sinn macht, digitale Aktionen und Projekte auch mit einer analogen Komponente zu verbinden.
Jan Phillip Ley,
Theresa Muhl,
Anita Thanhofer
(
2021):
Das Projekt SISI: Ein „Spekulatives Institut für Soziale Interventionen“.
Auf der Suche nach neuen Räumen der Gemeinschaft im städtischen und digitalen Raum.
Jan Phillip Ley und Theresa Muhl im Gespräch mit Anita Thanhofer
. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten
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