Im Gespräch mit Hanna Noller vom Reallabor Stuttgart

Auch mit Blick auf unser Projekt Räume kultureller Demokratie würde ich gerne bei der wissenschaftlichen Begleitung bleiben: Worin bestanden die Forschungsfragen in Ihrem Reallabor? Was waren die besonderen Forschungsinteressen im Projekt?

 

Naja, unsere Studierenden, die alle aus der Architektur und Stadtplanung kommen und ich als Architektin und Stadtplanerin haben uns natürlich stark für räumliche Veränderungen interessiert. Wie könnte der städtische Raum anders gestaltet sein? Dieser Frage in der Praxis auf den Grund zu gehen, sozusagen die Veränderung des Stadtraums im Eins-zu-Eins-Maßstab auszutesten, wenn auch beispielsweise nur für sechs Wochen oder auch nur punktuell, das war für uns sehr spannend. Eine weitere Frage, die wir uns beispielsweise im StadtRegal-Projekt gestellt haben, war die nach sozialer Gerechtigkeit und danach, ob es sie überhaupt gibt. Im Rahmen dieses Projektes haben sich an einem Punkt eine offene Küche, aber auch ein Schlafplatz und ein Lastenrad-Verleih gebildet. Das hatte die Begegnung unterschiedlichster Menschen zur Folge. In diesem Stadtraum entwickelte sich dadurch eine sehr bunte, teilweise auch explosive, aber sehr dynamische Stimmung. Das war sehr interessant zu beobachten. Diese Prozesse wurden wiederum von den Studierenden, aber mit der Betreuung aus der Sozialwissenschaft, evaluiert, beobachtet und ausgewertet. Konkret wurde gefragt: Welche Begegnungen haben dort wann und wie stattgefunden? Wie hat dieses Projekt den Raum beeinflusst, in der Zeit, in der es umgesetzt wurde?

 

Welche Rolle haben künstlerische Zugänge im Zuge des Projektes bzw. für einzelne Realexperimente gespielt? Haben Sie auch mit Künstler*innen zusammengearbeitet?

 

Da würde ich sagen, wir als Architekt*innen sehen uns ja ein Stück weit selbst als Künstler*innen. Deshalb waren auf jeden Fall der Einfluss und auch die Kontakte da. Es haben auch einige zivilgesellschaftliche Akteur*innen, die als Künstler*innen arbeiten, an Realexperimenten mitgewirkt. Auch die Studierenden hatten in ihrer Rolle als angehende Architekt*innen in ihren Experimenten künstlerische Ansprüche. Es war ihnen wichtig, dass sie nicht nur funktionieren, sondern auch die Ästhetik stimmt. Die ansprechende Aufbereitung der Experimente war auch ein wichtiger Punkt in der Kommunikation nach außen. Wir arbeiteten von Anfang an mit einem Studio für visuelle Kommunikation zusammen, das Grafik und Website usw. gestaltete. Darauf zu achten, ist aus meiner Sicht auch besonders wichtig für die Kommunikation mit den Akteur*innen, da es Wertschätzung ihrer Arbeit gegenüber vermittelt. Dabei ist die Herausforderung, trotzdem die Offenheit dafür zu bewahren, sich selbst einzubringen und nicht mit fertig designten Projekten in die Öffentlichkeit zu gehen. Ein wichtiger Aspekt ist, die Balance zu finden, zwischen „Wie viel gibt man vor?“ „Wie viel gestalten wir schon selbst?“ und „Wie viel kann dann aber auch noch eingebracht werden?“ Die Kunst spielt auf jeden Fall eine unglaublich wichtige Rolle, damit Inhalten das Trockene, Wissenschaftliche, Technologische genommen wird. Auch bietet die Kunst eine Chance, auf einer anderen Ebene Diskussionsräume zu öffnen.