Sie haben wesentliche Aspekte im Laufe unseres Gesprächs bereits angesprochen, vielleicht können Sie sie an dieser Stelle aber noch einmal zusammenfassen, sozusagen als eine Art Fazit: Was braucht es an Informationen, Wissen, Erfahrungen, Zugängen zu Ressourcen, an lokalen Möglichkeiten, an verschiedensten Skills, so dass Menschen aktiv an einer demokratischen Gesellschaft teilhaben und diese mitgestalten können?
Ich glaube, es braucht einen relativ klaren Rahmen, in den die zivilgesellschaftlichen Akteur*innen einsteigen können, an dem sie sich orientieren können und in dem auch Verantwortung klar definiert ist. Gleichzeitig müssen Möglichkeiten bestehen, sich auch zu bewegen. Für die Akteur*innen sollte deutlich sein: „Der Rahmen ist äußerlich so gesetzt, im Sinne einer Stütze und innerhalb kann ich mich aber einbringen und entfalten.“ Das funktioniert für mich, indem man erstmal über die Metaebene einsteigt, also über konkrete Themen und sich dazu informiert. Über regelmäßige Veranstaltungen, generell über Regelmäßigkeit und Zuverlässigkeit, über die bereits angesprochene Kommunikation nach außen – im besten Fall aber über eine Art Büro vor Ort – muss der Rahmen geschaffen werden, um in den Austausch zu treten und ihn zu pflegen. Dann ist es auch wichtig, dass es in den Realexperimenten immer klare Verantwortlichkeiten gibt: „Welche Versicherung haftet wo? Wer klärt welche Themen ab?“ Das muss klar definiert sein. Daneben muss aber auch die Möglichkeit gegeben sein, frei einzusteigen und sich künstlerisch und kreativ einzubringen. Besonders wichtig ist auch der regelmäßige Dialog mit der Stadtverwaltung und der Politik. Es ist wichtig, mit diesen Einrichtungen gleich von Beginn an auch über Möglichkeiten der Verstetigung von Experimenten zu sprechen, denn es kann zu großer Enttäuschung führen, wenn die Akteur*innen viel Engagement und Energie in die Umsetzung eines Projektes investieren und dann verschwindet es einfach wieder, weil es die entsprechenden Entscheider*innen gar nicht erreicht hat.
Ziel der zweiten Förderphase war beispielsweise die Entwicklung eines Mobilitätsforums in Stuttgart, das in Richtung eines politischen Gremiums gegangen wäre. Da war das Problem, dass von Seiten der Stadtverwaltung gar nicht so schnell, wie die Anschlussförderung kam, eine Stelle geschaffen werden konnte, die aus der Stadt heraus mit uns zusammenarbeitet und über diese Themen nachdenkt. Gleichzeitig hätte nur ein Gemeinderat entscheiden können: „Ja, wir möchten dieses Gremium.“ Für uns stellte sich infolgedessen die Frage, inwieweit wir uns aus der Wissenschaft heraus dafür einsetzen können und sollen, dass sich aus der Zivilgesellschaft heraus ein politischer Wille bildet. Man kann so etwas anstoßen – und dann noch eine Demo organisieren und noch einen Brief schreiben – aber für uns stellten sich letztendlich immer wieder die Fragen „Kann das unsere Aufgabe sein, aus unserer Position heraus einen Wandel anzuführen? Wo sind hier die Grenzen? Wie weit kann und soll unsere Arbeit eigentlich gehen?“ In dem Sinne würde ich rückblickend sagen, es gibt eben Projekte, die weiterlaufen, die sich entwickeln können, und solche, bei denen das nicht funktioniert. Das ist auch eine Erkenntnis, die wir aus der Wissenschaft heraus als Ergebnis produzieren können.
Haben Sie abschließend das Gefühl, dass ich etwas außer Acht gelassen habe, was erwähnenswert gewesen wäre oder das Sie noch gerne sagen möchten?
Ich möchte vor allem klarstellen, dass ich mittlerweile nicht mehr an der Uni Stuttgart arbeite, weil das Projekt ja auch beendet ist. Dementsprechend liegen klar alle Rechte bei der Uni. Aus einem Institut heraus gibt es nun das Bedürfnis der Verstetigung. Das unterstütze ich einerseits grundsätzlich, andererseits stellt sich hier für manche Seiten – und auch das ist für mich nachvollziehbar – die Frage „Wem gehört das gemeinsam Entwickelte dann am Ende?“ Ich glaube, es ist für so ein Projekt unglaublich wichtig, dass alle Beteiligten auf Augenhöhe miteinander sprechen können. Das möchte ich noch einmal unterstreichen. Auch die Fragen am Ende „Wer hat jetzt eigentlich die Rechte in der Hand? Und wie gehen wir damit um?“ müssen frühzeitig besprochen werden, und es sollte darauf geachtet werden, dass Menschen mit mehr Macht sich auf Augenhöhe der zivilgesellschaftlichen Akteur*innen begeben und offen sind. Das hat im Reallabor für nachhaltige Mobilitätskultur manchmal sehr gut und manchmal auch weniger gut funktioniert.