Wenn Städte befragt und Passanten vertont werden

Ein Streifzug durch die Welt der partizipativen Kunst

Aktiver Co-Produzent der Kunst oder passiver Zuschauer?

Nach dieser theoretischen Auseinandersetzung und zahlreichen Diskussionen besuchten wir am 17.10.2014 im Museum der Moderne Salzburg die Ausstellung Mit dem Körper denken: Eine Retrospektive in Bewegung, inklusive einer Führung. Dabei konnten wir in die Rolle von aktiven ZuschauerInnen schlüpfen und Performances bestaunen, welche von der Künstlerin Simone Forti entwickelt und von zwei professionellen Performerinnen durchgeführt wurden. Anschließend sollten wir unsere Eindrücke in Form einer Reflexion festhalten und verarbeiten.

Bei dieser etwa 15-minütigen Performance Accompaniment for La Monte Young’s 2 Soundsstar (*7) sahen wir zwei Performerinnen, die zu einem massiven und sehr langen Seil schritten, welches mitten von der Decke hing und über dem Boden eine Schlaufe bildete. Eine Performerin stieg in diese Schlaufe hinein und hielt sich fest, während sie sich von ihrer Partnerin in das Seil eindrehen ließ. Anschließend ließ die zweite Performerin das Seil los und es begann sich rhythmisch auszudrehen. Währenddessen lief ein Musikstück, welches zwar aus zwei unharmonischen Klängen bestand, aber trotzdem auszuhalten war. Denn das harmonische Ausschwingen des Seiles und die Ruhe der Performerinnen versetzten die ZuschauerInnen in eine Art meditativen Zustand, wodurch die Klänge im Hintergrund nebensächlich wurden. Oder blieben alle so ruhig, da jeder das Verhalten der anderen stillen BesucherInnen adaptierte? Muss denn jede Art von Kunst um ihretwillen ausgehalten werden? Schlussendlich verließen die StudentInnen die Ausstellung mit vielen neuen Fragen: Wann beginnt eine Performance? Was stellt sie dar? Für wen sind Performances? Ist der/die ZuschauerIn ein Teil von dieser?

Wir setzten uns des Weiteren mit einer anderen konkreten künstlerischen Arbeit auseinander, indem wir die Vernissage Frag‘ Salzburgstar (*6) der Künstlerinnengruppe mark besuchten. Wir waren aufgefordert, die partizipativen künstlerischen Methoden zu kontextualisieren und sie schlussendlich empirisch und analytisch zu erforschen. Dafür sammelten wir Daten mittels der ethnografischen Methode der teilnehmenden Beobachtung und erstellten im Zuge dessen „dichte Beschreibungen“ (Geertz 1973: 7),star (*4) die sehr kompakt und interpretierend sein sollten. Dabei sollten wir unsere Beschreibungen mehrmals überarbeiten und zu individuellen Forschungsdesigns erweiterten. Wie der Aufbau eines solchen Designs auszusehen hat oder aussehen kann, lernten wir kennen, indem wir den anderen Seminar-TeilnehmerInnen bereits publizierte Fallstudien vorstellten. Bei diesen war nicht nur der Inhalt relevant, sondern vor allem die Frage, wie die WissenschaftlerInnen ihre Forschungsfrage entwickelten, ihre Thesen aufstellten, diese belegten sowie die Ergebnisse präsentierten.

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Bishop, Claire (2006): Introduction. Viewers as Producers. In: Claire Bishop (Hg.): Participation (Documents of contemporary art), London 2006, S. 10-17.

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Bourriaud, Nicolas (1998): Relational Aesthetics, In: Claire Bishop (Hg.): Participation (Documents of contemporary art), London 2006, S. 160-171.

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Foster, Hal (2004): Chat Rooms. In: In: Claire Bishop (Hg.): Participation (Documents of contemporary art), London 2006, S. 190-195.

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Geertz, Clifford (1973): Dichte Beschreibung: Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme, In: Clifford Geertz, Brigitte Luchesi, Rolf Bindemann (Übers.), Frankfurt am Main 1994, 7-20.

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Mouffe, Chantal (2014): Agonistische Politik und künstlerische Praxis. In: Agonistik: Die Welt politisch denken, Berlin 2014. 11-160.

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Ohne Verfasser: https://askyourtown.wordpress.com/ (Zugriffsdatum: 24.02.15)

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Peters, Sibylle (2013): Das Forschen aller. Artistic Research als Wissensproduktion zwischen Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft, Bielefeld 2013.

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Wege, Astrid (2006): Partizipation. In: Butin, Hubertus (Hg.): DuMonts Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst, S. 236-240.

Lilia Ubert, Maria Köchler ( 2015): Wenn Städte befragt und Passanten vertont werden. Ein Streifzug durch die Welt der partizipativen Kunst. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 06 , https://www.p-art-icipate.net/wenn-stadte-befragt-und-passanten-vertont-werden/