Kunst- und Kulturvermittlung im Brennpunkt
Ambivalenzen einer (vermeintlich) unprätentiösen Zielsetzung
Forschungsfragen, Rahmenbedingungen und Forschungsmethoden
Forschungsfragen und Rahmenbedingungen
Abgeleitet von den drei dargestellten Ambivalenzen hinsichtlich der hinter dem Gesamtvorhaben „Kunst- und Kulturvermittlung im Brennpunkt“ stehenden Intention wurden folgende Forschungsfragen formuliert:
- Welche Arbeitsweisen sowie Inhalte der zeitgenössischen Kunst- und Kulturproduktion interessieren SchülerInnen aus benachteiligten Milieus in Hinblick auf die Durchführung eigener Projekte am meisten und inspirieren sie am ehesten dazu, eigene Arbeitsweisen sowie Inhalte einzubringen?
- Welche Lehr- und Lernformen bzw. methodischen Zugänge erweisen sich als zielführend, um sie zu einer intensiven Mitwirkung an der Gestaltung solcher Projekte zu motivieren und um ihr Engagement im (längeren) Arbeitsverlauf zu fördern?
- Wie können die Rahmenbedingungen der Institution Schule optimal genutzt werden, um derartige Projekte durchzuführen bzw. welche Möglichkeiten gibt es, entsprechende Handlungsspielräume zu erweitern?
Zur Beantwortung erfolgt innerhalb von drei Jahren die wissenschaftliche Begleitung von insgesamt mindestens zehn sich jeweils über ein bis drei Monate erstreckenden Vermittlungsprojekten. Diese werden von verschiedenen, zumeist von den Jugendlichen in Folge von „Schnupperstunden“ ausgewählten (Medien-)Kunst- und Kulturschaffenden im regulären Schulunterricht (Wahlpflichtfach ‚Kreative Mediengestaltung‘) zwei Stunden in der Woche durchgeführt, wobei teilweise Blockungen stattfinden. Die – nach Möglichkeit jedes Semester wechselnden – Gruppen, die sich an solchen Workshops beteiligen, bestehen aus zwölf bis achtzehn SchülerInnen der dritten und vierten Klassen einer Neuen Mittelschule (= siebte sowie achte Schulstufe / Alter zwölf bis vierzehn). Die Honorare der Kunst- und Kulturschaffenden sowie finanzielle Aufwandsentschädigungen für die MitarbeiterInnen von subnet werden im Zuge des p[ART]-Programms (Förderung von Partnerschaften zwischen Schulen und Kultureinrichtungen) von KulturKontakt Austria (Österreichisches Bundesministerium für Bildung und Frauen) getragen und die Workshops auch von der Stadt Salzburg finanziell unterstützt.*3 *(3)
Forschungsmethodischer Rahmen
Als forschungsmethodischer Rahmen wird (Educational) Design Based Resarch (DBR) eingesetzt – ein Zugang, der in den letzten zwanzig Jahren international an Bedeutung gewonnen hat und auf die Lösung von Problemen in der (Bildungs-) Praxis sowie auf die Entwicklung nachhaltiger Innovationen für den (Unterrichts-) Alltag abzielt (vgl. Reinmann 2005: 52, 60, 62). (*29) Den Ausgangspunkt stellt nicht (wie es in der Bildungsforschung ansonsten zumeist der Fall ist) die Frage dar, ob eine bestehende Intervention wirksam ist, sondern, „wie ein erstrebenswertes Ziel in einem gegebenen Kontext am besten durch eine im Forschungsprozess noch zu entwickelnde Intervention erreicht werden könnte“ (Euler/Sloane 2014: 7). (*13) Dabei steht der Begriff „Design“ im Sinne von „Gestaltung“ für „einen aktiven schöpferischen Eingriff in eine vorab nicht festgelegte Situation, bei dem sich theoretisches und praktisches Wissen verbindet“ (Reinmann 2014: 7), (*29) weswegen sich eine solche Herangehensweise besonders gut zur Erforschung künstlerisch-pädagogischer Prozesse zu eignen verspricht. Im hier beschriebenen Vorhaben ist angestrebt, mit Hilfe des DBR-Kreislaufs mehrerer Zyklen von Design, (formativer) Evaluation und Re-Design (Reinmann, 2005: 60) (*29) die ständige gegenseitige Annäherung der inhaltlichen, technischen sowie v.a. didaktischen Unterrichtszugänge auf der einen Seite und der Bedürfnisse sowie Interessen der an den Projekten teilnehmenden Jugendlichen auf der anderen Seite zu ermöglichen.
Die beiden Forschungsansätze, aus denen dieser „Methodenmix“ (Kohnen 2012: 154, 156) (*19) hauptsächlich besteht, werden folgenderweise eingesetzt:
- Handlungsforschung: Den Ausgangspunkt jedes Workshops bilden in den vorangehenden Projekten gewonnene Erkenntnisse (beim ersten Projekt Erfahrungen und Kenntnisse der Gesamtprojektleitung Seitens der Schule und subnet) sowie die von den am jeweiligen Projekt beteiligten SchülerInnen kommunizierten Interessen und Erwartungshaltungen. Darauf basierend formuliert die Gesamtprojektleitung gemeinsam mit den jeweils involvierten Kunst- und Kulturschaffenden konkrete Hypothesen zu den Forschungsfragen bzw. passt bestehende an und arbeitet einen Handlungsplan aus. Dieser wird im Projektverlauf umgesetzt, wobei die ständige Überprüfung der Stichhaltigkeit dahinter stehender Hypothesen stattfindet und bei Bedarf seine Modifikationen erfolgen.
- Evaluationsforschung: Inwiefern die Zielsetzung des gesamten Forschungsvorhabens innerhalb des jeweiligen Projektes erreicht wurde, wird aus drei Perspektiven („Perspektiventriangulation“) evaluiert: [1] teilnehmende SchülerInnen, [2] beteiligte Kunst- und Kulturschaffende sowie [3] Gesamtprojektleitung seitens der Schule und der Kultureinrichtung. Zum Abschluss jedes Einzelprojektes werden diese Perspektiven zusammengeführt, um von den Ergebnissen Erkenntnisse abzuleiten, aus denen Anpassungen der Arbeitshypothesen sowie des Handlungsplanes für das nächste Projekt resultieren.
Iwan Pasuchin ( 2015): Kunst- und Kulturvermittlung im Brennpunkt. Ambivalenzen einer (vermeintlich) unprätentiösen Zielsetzung. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 06 , https://www.p-art-icipate.net/kunst-und-kulturvermittlung-im-brennpunkt/