Die Stiftung FUTURZWEI: „Wie wollen wir gelebt haben?“

Geschichten zum Gelingen eines sozial-ökologischen Wandels

Elke Zobl und Timna Pachner im Gespräch mit Dana Giesecke von FUTURZWEI

Interview am 08.06.2020

Die Stiftung für Zukunftsfähigkeit FUTURZWEI beschäftigt sich mit Zukunftsthemen und versucht, Zukunft aus einem ermutigenden und optimistischen Blickwinkel zu betrachten. Gründungsmitglied Dana Giesecke spricht im Interview mit Timna Pachner und Elke Zobl unter anderem über Geschichten des Gelingens, über den Rat für digitale Ökologie oder darüber, wie schwer es eigentlich ist, über Zukunft nachzudenken und diese Gedanken zu verbalisieren.


Könnten Sie uns kurz erzählen, worum es sich bei FUTURZWEI Stiftung Zukunftsfähigkeit handelt?

Die Stiftung FUTURZWEI wird bald zehn Jahre alt, ist sozusagen schon ein alter Hase auf dem Gebiet der Nachhaltigkeitskommunikation. FUTURZWEI ist ursprünglich entstanden, weil Harald Welzer und ich festgestellt haben, dass über bestimmte ökologische und ökologisch-gesellschaftliche Krisen oder soziale Missstände meist negativ gesprochen wird. Entweder wird mit wissenschaftlichen Daten und Grafiken oder mit Horrorszenarien argumentiert, die einfach nur Angst hervorrufen. Deshalb beschlossen wir, uns auf die Suche nach einem neuen Narrativ zu machen; nach einer positiven Erzählung darüber, wie man Gesellschaft ökologisch und sozial nachhaltig gestalten kann. Wir hatten vorher schon beobachtet, dass es in unterschiedlichen gesellschaftlichen Teilbereichen durchaus Handlungspraxen gab, die ganz anders als das wachstums- und profitorientierte, umwelt- und menschenzerstörende ‚Business as usual‘ funktionierten und erfolgreich waren. Doch leider gelangen diese Praxen nur in kulturellen Nischen und in kleinen und experimentellen Räumen. Wir suchten daher die gesellschaftlichen Akteur*innen auf, die solche Handlungspraxen verfolgten, und befragten sie. Basierend darauf fingen wir an, kleine, ‚handliche‘ Geschichten darüber zu erzählen, die wir Geschichten des Gelingens nannten. Sie kamen aus ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen – es geht um Landwirtschaft, Mobilität, Konsum, um das Reisen, um ein anderes Wirtschaften, um minimalistische Lebensweisen oder Lebensstile, alles Mögliche eben. Diese kleinen Geschichten streuten wir dann in Kooperation mit etablierten Medien in die Zivilgesellschaft, in der Hoffnung, dass sie weitererzählt werden würden. Das war der Trick dabei. Storytelling und konstruktiver Journalismus sind mittlerweile zwar nicht mehr neu, aber damals war das durchaus noch ungewöhnlich. Deshalb war FUTURZWEI, obwohl wir so klein sind, Pionierin in dieser Sparte der Kommunikation.

 

Sie haben gerade erzählt, wie die Arbeit an FUTURZWEI begonnen hat. Wie hat es sich weiterentwickelt? Sehen Sie eine Entwicklung in eine andere Richtung, oder sind die Geschichten des Gelingens die Basis geblieben, mit der gearbeitet wird?

 

Thematisch begannen wir mit dem Klimawandel; also mit Geschichten, die ein alternatives Handeln innerhalb des Kontextes Klimawandel erzählen. Uns wurde aber ziemlich schnell klar, dass sich auch positive Geschichten über eine andere, bessere und coolere Gesellschaft erzählen lassen, selbst unter der Annahme, es gäbe gar keine ökologische Krise. Nach drei Jahren hatten wir dann ungefähr 300 Geschichten im deutschsprachigen Raum gesammelt. Durch eine Kooperation mit dem Goethe-Institut expandierten wir daraufhin ins Ausland. Wir machten uns auf die Suche nach Geschichten des Gelingens aus Ländern, die weniger frühindustrialisiert als Deutschland oder Europa im Allgemeinen sind. Nach drei Jahren erlebten wir eine institutionelle Veränderung in der Stiftung. Bis dahin waren wir komplett privat gefördert. Dann versuchten wir, selbstständig zu werden. Wir stellten Förderanträge und fanden schließlich eine Finanzierungsmöglichkeit, die sowohl öffentliche Förderprojekte als auch private Spender*innen und Zustiftungen zulässt. Durch die Beantragung von Fördermitteln erweiterte sich unser Portfolio etwas. Wir kamen von den Geschichten des Gelingens, die sehr eindimensional waren, ein bisschen weg. Die Geschichten waren in ihrem Format immer gleich: Es waren typische Erfolgsstorys. Jemand ist auf eine gute Idee gekommen, hat den ersten Schritt gemacht, hat den zweiten Schritt gemacht, ist dadurch erfolgreich geworden und hat Selbstwirksamkeit erfahren. Die Geschichten endeten meist mit einem Blick in die Zukunft. Infolge unserer institutionellen Veränderung versuchten wir, diese Geschichten in anderen, weniger eindimensionalen Formaten zu erzählen. Es wurden zum Beispiel Comics, Filme oder Lieder produziert. Die Erweiterung unseres Repertoires geschah zusammen mit jungen Medienschaffenden und Journalist*innen – in der Hoffnung, dass diese Art des Erzählens und des Narrativs in alteingesessene und etablierte Medienhäuser und Verlage transportiert werden würde.