Im Gespräch mit Oliver Parodi vom Quartier Zukunft

Sie haben jetzt lokale Themen angesprochen, die vor Ort entstehen. Wir diskutieren im Rahmen unseres Projektes die Verbindung von lokal und global. Wie verbinden Sie diese beiden Ebenen in Ihren Realexperimenten bzw. in Ihrer Arbeit im Allgemeinen?

 

Das ist eine gute Frage. Eine Besonderheit unseres Reallabors ist, dass es auf einem ausgearbeiteten Konzept nachhaltiger Entwicklung fußt. Das Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS), dem ich angehöre, betreibt seit mehr als 25 Jahren Nachhaltigkeitsforschung. Dort entstand auch ein wissenschaftlich-ethisch fundiertes Nachhaltigkeitskonzept, das sehr empfehlenswert ist: das Integrative Konzept Nachhaltiger Entwicklung. Das haben wir als Basis und auch als Pfund dabei. Wir operieren vor dem Hintergrund dieses Konzepts. Das heißt, wir haben mit unseren Fragestellungen oder mit unserer normativen Ausrichtung die globale Perspektive per se schon an Bord. Es geht letztlich um globale Themen. Die Frage ist, wie sich diese Themen lokal manifestieren oder widerspiegeln. Wir machen keine Projekte, die nicht zumindest das Potenzial haben, einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Es geht uns also nicht um bloße Innovation. Nicht alles, was im Stadtraum Karlsruhe neu ist, wird von uns aufgegriffen. Wir schauen schon sehr genau, dass das, was passiert, zumindest potenziell Beiträge zu einer nachhaltigen Entwicklung leisten kann. Um in unserem Reallabor realisiert zu werden, muss es aber auch einen lokalen Bezug geben. Es ist wichtig für unsere Reallaborarbeit, dass sich globale Anliegen auch an konkreten, lokalen Dingen umsetzen lassen.

Könnten Sie ein Beispiel dazu geben, wie man eine globale Frage mit einem lokalen Anliegen verbindet?

Das müsste man hoffentlich an jedem Beispiel durchexerzieren können. Aber bleiben wir doch bei dem Beispiel Reparaturcafé. Das ist eine ganz konkrete lokale Initiative. Im Hintergrund stehen aber globale Fragestellungen von Konsum, Überkonsum, Ressourcenverbrauch oder Umweltverschmutzung, die damit einhergehen, wenn wir Dinge produzieren und vorzeitig wieder wegschmeißen. Es ist auch eine weitere Komponente dabei, nämlich die Hilfe zur Selbsthilfe. Also der Erwerb von Kompetenzen, um Dinge selbst zu reparieren. Diese werden bei Reparaturcafés auch weitergegeben. Ich würde sagen, dass es sich hierbei um global bedeutsame Aspekte handelt. Sie spiegeln sich in konkreten Aktionen vor Ort – in dem Falle einem Reparaturcafé – wider.

Dieses Reparaturcafé haben wir 2013 in Karlsruhe initiiert und regelmäßig durchgeführt. Inzwischen ist es in einen eigenständigen Verein übergegangen und existiert unabhängig von uns. Gleichzeitig sind wir mit Fragebögen und Interviews an die Menschen herangetreten, die es genutzt haben und haben gefragt: „Warum kommen Sie zum Reparaturcafé?“ Oder: „Was ist Ihnen dabei wichtig?“ Wir haben also auch versucht zu ermitteln, warum die lokale Bevölkerung dort hingeht. Energietransformation im Dialog ist ein weiteres Unterprojekt, das man dahingehend in den Blick nehmen könnte. Da geht es z.B. um eine Aktivität mit dem Ziel, doppelt so viele Solarzellen in Karlsruhe auf die Dächer zu bringen, wie momentan vorhanden sind. Das ist wieder ein lokales Anliegen. Man muss Vermieter*innen, Mieter*innen, Stadtverwaltung und Unternehmen davon überzeugen, Photovoltaik-Anlagen anzubringen. Gleichzeitig stecken dahinter die global bedeutsamen Themen Klimawandel, Ressourcenschonung und nachhaltige Nutzung von Energien. Ich hoffe, dass sich das für alle unsere Projekte durchhalten lässt. Ich denke aber schon.