„Wir sind offen für alle.“

Das Futurium in Berlin als Erlebnisraum der Zukünfte.
Dr. Christian Engelbrecht im Gespräch mit Katharina Anzengruber und Elke Zobl

Ja, wichtig ist sicher der Aspekt, den du am Anfang gesagt hast, dass man die physische Vermittlung nicht eins zu eins ins Digitale übersetzen könne. Das Digitale braucht natürlich auch neue Formate, neue Methoden, und das Kollaborative ist anders.

Ja, ich sehe da jetzt die Chance – wenn wir an den Schulbereich denken – mit Schüler:innen und Lehrenden auszuprobieren: „Was funktioniert, was funktioniert nicht?“, „Was bedeutet hybrides Lernen wirklich?“ Unsere Zukunftsboxen beispielsweise sind zwar als Downloadmaterial verfügbar, aber doch noch ein Print-Produkt. Was bedeutet das jetzt, diese Zukunftsboxen als digitalen Prototypen weiterzuentwickeln? Da stößt man schnell auf Hürden: Wir haben etwa festgestellt, dass plötzlich viel zu viel Text auf einer Trendkarte ist, oder dass Boards, mit denen man kollaborativ zusammenarbeitet, PDFs nicht gut genug darstellen. Das sind einfach Dinge, da kann man nur ausprobieren und dazulernen. Da sind wir noch längst nicht am Ende.

Ja, da tut sich sicher noch viel in den nächsten Jahren. Abschließend habe ich jetzt noch eine Frage, die auch ein bisschen aus unseren Auseinandersetzungen im Rahmen des Räume-Projektes herauskommt: Welche Rolle spielen Kunst und Kultur deiner Ansicht nach für den Bereich der Vermittlung von Themen im Kontext Klimawandel und Nachhaltigkeit? Und: Gibt es auch am Futurium selbst beispielsweise Kooperationen mit Künstler:innen oder etwas, das in diese Richtung geht bzw. Pläne dafür?

Wir werden prinzipiell ein Ort der Wissenschaftskommunikation bleiben und kein Ort der Kunstvermittlung. Das ist einfach Teil unserer Identität oder unseres Profils. Nichtsdestotrotz integrieren wir im Veranstaltungs- oder ebenso im Ausstellungsbereich immer wieder auch künstlerische Arbeiten oder Formate. Das kann eine Performance sein, das kann ein Projekt sein, das wir in Zusammenarbeit mit Theatern entwerfen, das können bestimmte partizipative Spiele sein. Wir hatten beispielsweise ein großes Projekt, das stand auf unserem Vorplatz. Es hieß TRANSIT. Das war ein Narrative Space der Künstlerin Mona el Gammal und ihres Teams, eine geschichtenerzählende Rauminstallation. Etwas verkürzt gesagt: Fiktive Zukunftsforscher:innen landeten auf dem Vorplatz des Futuriums. Dann mussten sie aber ihr Raumschiff verlassen und die Besucher:innen gehen nun rein und finden in diesem verlassenen Raumschiff die hinterlassenen Forschungsergebnisse vor. In der Ausstellung selbst haben wir so etwas, das nennen wir ‚voids‘, also Leerstellen, die wir mit künstlerischen Arbeiten bespielen. Hunger, Kriege, Gefährdung der Natur – trotz vieler Bemühungen fehlen auf einige große Herausforderungen unserer Zeit die Antworten. Komplizierte Zusammenhänge und unterschiedliche Interessen machen es oft schwer, umfassende und langfristige Lösungen zu finden. Wir haben Künstler:innen eingeladen, im Futurium ihren Blick auf fünf große Herausforderungen zu zeigen. Form und Wesen ihrer Werke sind vielfältig und komplex. Wie die vor uns liegenden Aufgaben. Da haben wir dann beispielsweise den Künstler Gonçalo Mabunda aus Mosambik, der aus den leeren Patronen und den Waffen aus dem Bürgerkrieg einen Einrichtungsgegenstand, einen Stuhl, erstellt hat, den  wir in der Ausstellung als Kunstexponat zeigen, um auf eine Leerstelle aufmerksam zu machen, im Sinne von: „Wir haben auf vieles eine Antwort, aber auf diese große Zukunftsherausforderung, wie man Kriege verhindern könnte, zeigen wir hier noch keine Antwort. Und die wird es höchstwahrscheinlich in den nächsten fünf, sechs Jahren auch nicht geben.“

Interview am 22.6.2021

In den Denkräumen Mensch, Technik, Natur, steht das zukünftige Verhältnis von Menschen zu diesen drei Bereichen im Mittelpunkt. In je einem Denkraum werden Themen rund um die Schwerpunkte Mensch, Technik oder Natur behandelt. Unter anderem werden dort Fragen zum Wohnen, Arbeiten, Leben in der Zukunft aufgeworfen und ausgehandelt.
Mehr dazu unter: https://futurium.de/de/ausstellung

Christian Engelbrecht, Katharina Anzengruber, Elke Zobl ( 2021): „Wir sind offen für alle.“. Das Futurium in Berlin als Erlebnisraum der Zukünfte.
Dr. Christian Engelbrecht im Gespräch mit Katharina Anzengruber und Elke Zobl. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 12 , https://www.p-art-icipate.net/wir-sind-offen-fuer-alle/